Politik

Überraschung: CDU will mit Medienmanager Gathmann in den OB-Wahlkampf gehen

Ulrich Gathmann zieht für die Oldenburger CDU in den Oberbürgermeister-Wahlkampf.

Ulrich Gathmann zieht für die Oldenburger CDU in den Oberbürgermeister-Wahlkampf.
Foto: Anja Michaeli

Oldenburg (Michael Exner) Oldenburgs Christdemokraten ziehen im kommenden Jahr mit dem parteilosen Medienmanager Ulrich Gathmann in den Oberbürgermeister-Wahlkampf gegen Amtsinhaber Jürgen Krogmann (SPD). Der CDU-Vorstand hat am Mittwochabend auf Vorschlag von Parteichef Christoph Baak einstimmig beschlossen, den 61 Jahre alten ehemaligen Geschäftsführer der NWZ-Mediengruppe einem für das Frühjahr geplanten Wahlparteitag als OB-Kandidaten vorzuschlagen. Dessen Zustimmung dürfte als sicher gelten.

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Der Vorstoß kommt in mehrfacher Hinsicht überraschend. Bei seiner Wahl zum CDU-Vorsitzenden vor gut zwei Jahren hatte Baak angekündigt, für die OB-Wahl 2021 „eine Person mit klarem CDU-Profil“ zu suchen und halboffiziell keinen Zweifel daran gelassen, dass dies auf eine Frau hinauslaufen solle. Vor elf Monaten indes hatte die von ihm zu diesem Zweck umworbene Mareike Wulf – eine CDU-Landtagsabgeordnete aus Hannover mit Oldenburger Färbung – nach längerem Zögern wohl mit Blick auf eine Karriere in der Landeshauptstadt abgesagt. Baak selbst hatte 2014 noch als Parteiloser gegen Krogmann zwar deutlich, aber mit einem für damalige CDU-Verhältnisse respektablen Ergebnis verloren und eine erneute Kandidatur frühzeitig ausgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund waren beide Seiten bemüht, dem möglichen Eindruck einer Notlösung entgegenzuwirken. Baak betonte, sein Kandidat sei niemand, „den wir hintragen müssen“, und machte mit dem knappen Nachsatz „im Gegensatz zu anderen“ deutlich, dass er wohl einige Erfahrungen gemacht hatte. Und ein CDU-Profil müsse nicht unbedingt mit einem Parteibuch verknüpft sein. Der politisch bislang nicht hervorgetretene Gathmann sagte, er habe die Situation der Stadt und die Suche der CDU nach einem Kandidaten verfolgt und vor zwei Monaten von sich aus Baak angesprochen, den er schon länger kenne. Beide hätten eine Zeit lang überlegt und sich schließlich so entschieden.

Zur eigenen Motivation sagte Gathmann, er habe seit seinem Wechsel nach Oldenburg 2001 dynamische Oberbürgermeister erlebt und nannte dabei Dietmar Schütz (SPD/2001-2006) und Gerd Schwandner (parteilos auf CDU-Ticket/2006-2014). Beide hätten Gestaltungswillen gezeigt und (auch teils gegen Widerstände) Pflöcke eingeschlagen. Beispiele seien die Ikea-Ansiedlung, das Projekt Stadt der Wissenschaft und die Gründung der European Medical School. In den letzten Jahren sei der Schwung „ein wenig raus“. Er vermisse Initiativen und habe das Gefühl, „dass wir hier nur den Status quo verwaltet bekommen“. Aus diesem Grund habe er sich gesagt, man könne ja auch selbst etwas tun.

Als Kern seines politischen Programms skizzierte Gathmann einen „Stadtentwicklungsplan 2040“ als Fortentwicklung des „Step 2025“ mit drei Schwerpunkten: die Existenzsicherung der Innenstadt (die bei derzeit 150 Leerständen gefährdet sei), die damit zusammenhängende Verkehrsentwicklung („als ich 2001 nach Oldenburg kam, war Stau ein Fremdwort“) und die Digitalisierung. Die aktuellen Bemühungen auf diesen Feldern halte er nicht für ausreichend. Der (vor kurzem vorgestellte) Innenstadtmanager verfüge über kein Budget, zudem wisse man nicht, was der eigentlich machen solle. Und wenn der neue Bau- und Verkehrsdezernent tatsächlich einen Verkehrsentwicklungsplan ausarbeiten solle, hätte man nach einem Jahr zumindest ein Zwischenergebnis erwarten können.

Der gebürtige Hamburger Ulrich Gathmann ging nach einem Betriebswirtschaftsstudium als Diplom-Kaufmann in den Bertelsmann-Konzern. Später arbeitete er bei Fernseh- (RTL/Vox) und Radiosendern (94,3 rs2 Berlin). Von 2001 bis 2019 war er Geschäftsführer der NWZ-Mediengruppe, danach Geschäftsführer der Divicon Media Holding in Leipzig.

Nach der jüngsten Weichenstellung wird die Oldenburger CDU zum dritten Mal in Folge mit einem parteilosen Kandidaten in den Wahlkampf um die Ratshausspitze gehen. 2006 gelang mit dem wegen des Streits um die ECE-Schlosshöfe massiv von den Grünen unterstützten Gerd Schwandner ein überraschender Erfolg gegen Amtsinhaber Dietmar Schütz. Nach Schwandners Verzicht auf eine erneute Kandidatur unterlag Christoph Baak 2014 dem aktuellen OB Jürgen Krogmann, startete danach aber eine Blitzkarriere in der Politik: Stadtbezirksverbandsvorsitzender, Partei-Vize, Ratsmitglied, Landtagskandidat und Parteichef – alles in vier Jahren.

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2 Kommentare

  1. W. Lorenzen-Pranger
    28. Oktober 2020 um 22.45 — Antworten

    Ja passt. ein ehemaliger NWZ-ler für die CDU…

  2. Manfred Murdfield
    29. Oktober 2020 um 17.23 — Antworten

    Nun wird ja erst mal die Innenstadt verlegt, auf das EWE-Gelände und die Heiligengeiststrasse. Der Leerstand in der „Innenstadt“ wird verstärkt und bei der Gier nach Wachstum werden die Auto-Staus nicht weniger. Und Institutionen wie die „Öffentliche“ wollen an gleicher Stelle neu bauen. Das war schon damals als Fehler erkannt, dass Bürokomplexe nur morgens und abends Verkehr erzeugen und sonst kein Leben bringen. Vielleicht hat ja mal jemand den Mut zu sagen: „Die Stadt ist voll, kommen wir jetzt zum gemütlichen Teil.“ Nicht jammern, Heil dich oh Oldenburg.

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