CDU zieht gemeinsam mit Grünen in OB-Wahl

Niklas Howard, Kreisvorsitzender der CDU, und Jascha Rohr, Oberbürgermeisterkandidat, bei der Aufstellungsversammlung.
Foto: Ole Wehrmeyer
Oldenburg (Michael Exner) Oldenburgs Christdemokraten sind dem Vorschlag ihres Parteivorstandes gefolgt und ziehen ohne eigenen Kandidaten und gemeinsam mit den Grünen in die Oberbürgermeisterwahl im nächsten Jahr. Bei der Aufstellungsversammlung am Mittwochabend votierten sie für den Parteilosen Jascha Rohr, der vor einigen Wochen bereits von den Grünen nominiert worden war. Bei der Wahl im September trifft er auf den SPD-Landtagsabgeordneten und –Ratsfraktionsvorsitzenden Ulf Prange. Der amtierende Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) tritt nach dann zwölf Amtsjahren nicht mehr an.
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Der 49 Jahre alte Unternehmer Rohr erhielt 37 von 50 Stimmen bei zehn Nein und drei Enthaltungen – macht (je nachdem ob mit oder ohne Enthaltungen gerechnet) 74 bzw. 78,7 Prozent. Das ist für einen Solo-Bewerber ein auf den ersten Blick und absolut gesehen eher mittelmäßiges, bei genauerer Betrachtung und vor dem Hintergrund des zuvor in Teilen der Partei hörbaren Gegrummels über den Verzicht auf einen eigenen Kandiaten aber mehr als ordentliches Ergebnis. Die Zustimmung überstieg jedenfalls deutlich die Teilnahmequote, die (bei 50 von rund 400 Mitgliedern) mit 12,5 Prozent doch bescheiden ausfiel.
Jascha Rohr ist gebürtiger Oldenburger, hat am GAG Abitur gemacht und in London, Trier und Oldenburg u.a. Philosophie, Soziologie und Psychologie studiert. Aktuell fungiert er als Geschäftsführer eines auf die Organisation von Beteiligungsprozessen spezialisierten Beratungsunternehmens mit Standorten in Oldenburg und Berlin.
Bei seinem Auftritt auf der Versammlung präsentierte sich der Doppel-Kandidat als Mann, dem zu jeder Zeit klar war, vor welchem Publikum er gerade sprach. Das reichte vom dezent gedeckten Outfit bis zur geschickt gebauten Argumentation, in der er potenzielle Kritik an eigenen Defiziten offensiv vorwegnahm. Offenbar hatte er bei seiner Reise durch Stadtbezirksverbände und Vereinigungen der Partei (bei der er nach eigenen Worten bisweilen „gegrillt“ worden war) genau zugehört. So sei es zwar richtig, dass er keiner Partei angehöre und noch nie in einer Verwaltung gearbeitet habe. Er habe aber durch seine Beratungsfirma über 20 Jahre mit Politik und Verwaltungen gearbeitet und so ausreichend Erfahrung gesammelt – und das fehlende Parteibuch verschaffe ihm die notwendige Distanz. Dass er mit der Union nicht in allen Punkten einer Meinung sei und dass sich die Positionen der Fraktionen von CDU und Grünen unterschieden, sei im sehr wohl bewusst. Aber, und diesen Satz wiederholte er später nachdrücklich: „Als Oberbürgermeister treffe ich keine politischen Entscheidungen; das macht der Rat.“ Seine Aufgabe sehe er darin, diese umzusetzen und im Vorfeld möglichst Brücken zu bauen. Dieses Brücken bauen sei er aus seiner Unternehmertätigkeit gewohnt. Er glaube generell an Pragmatismus.
Die Frage nach seiner Haltung zur aktuell umkämpften Baumschutzsatzung nutzte Rohr, um seinen Ansatz zu konkretisieren. Er persönlich sei für den Baumschutz und wisse, dass er sich zumindest in Sachen Satzung von der CDU-Position unterscheide. Bei einer derart umstrittenen Frage sei ein Bürgerbegehren ein gutes Instrument. Allerdings könne man schon darüber nachdenken, ob diese Satzung der Weisheit letzter Schluss sei. Offenbar gehe es beim Streit um nicht mehr als zwei Punkte. Und die hätte man aus seiner Sicht im Vorfeld lösen können. Die Versammlung war damit zufrieden.
Nach diesem Beschluss geht die CDU zum vierten Mal in Folge mit einem Bewerber ohne ihr Parteibuch in den Kampf ums Rathaus; erstmals aber auch ohne eigenen Kandidaten. Der letzte CDU-Oberbürgermeister (und Kandidat) Jürgen Poeschel wurde 1996 gewählt und 2001 abgewählt – beides übrigens mit (unterschiedlich artikulierter) Unterstützung der Grünen. Die waren am Mittwoch auch auf der CDU-Versammlung präsent. Ihr Vorstand Hermann Neemann, seit vielen Jahren Kopf der Oldenburger Partei und wohl Spiritus rector hinter dem neuen Zweckbündnis, erinnerte daran, dass schon einmal ein Zusammengehen von Schwarz und Grün zum Erfolg geführt habe: bei der Stichwahl 2006, als die Grünen mit einer massiven Kampagne den parteilosen CDU-Kandidaten Gerd Schwandner ins Amt gehievt hatten – und der sei schließlich „der beste“, er korrigierte sich kurz „einer der besten“ Oberbürgermeister gewesen. Wobei Neemann geflissentlich unterschlug, dass seine Grünen nach dem ECE-Eklat (war ihm gerade einen Halbsatz wert) zweimal erfolglos versucht hatten, eben diesen Besten abzuwählen. Rückblicke verklären eben manchmal.
Ausblicke mitunter auch. So gab der Parteivorsitzende Niklas Howad im Schluss-Appell die Parole aus, die aktuell auf Platz drei rangierende CDU wieder zur stärksten Ratsfraktion zu machen. Das letzte Mal war das 1981 der Fall. Aber der Mensch muss ja Ziele haben.





6 Kommentare
Ob sich die Grünen mit diesem schwarzbraunen Klotz am Bein einen Gefallen tun wage ich zu bezweifeln.
Die Alternative wäre ein OB Prange und der hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er alle fragwürdigen Entscheidungen des jetzigen OB ( Flötenteich., Stadtmuseum, Heidkrug, Fliegerhorst, 2.Stadion und.u.u.) mit getragen hat. Was sollte sich da für Oldenburg zum positiven wenden?
Na immerhin werden Straßen instand gesetzt, das blieb ja vorher jahrelang liegen. Man wird bescheiden in seinen Ansprüchen – ansonsten bin ich letztlich Zwischenahner, der aber hauptsächlich in Ol konsumiert.
Das Agieren des bisherigen Oldenburger Oberbürgermeisters Jürgen Krogmann (SPD) – vor allem in seiner letzten Amtsperiode – wird auch in weiten Teilen der Oldenburger Sozialdemokratie sehr kritisch gesehen. Die Tatsache, dass nicht er, sondern der bisherige SPD-Fraktionsvorsitzende MdL Ulf Prange der OB-Kandidat der SPD ist, macht das mehr als deutlich. Das Ulf Prange als SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat nicht ständig gegen den OB aus der eigenen Partei opponiert hat, dürfte ihm wohl kaum vorzuwerfen sein. Natürlich hat Prange jetzt im Wahlkampf eine Bringschuld und muss sowohl programmatisch als auch vom Stil seiner Amtsführung deutlich machen, wo er sich von Krogmann unterscheidet. Die Wähler/innen werden der SPD und ihren Kandidaten keinen Blankocheck ausstellen. Darüber sind sich die Verantwortlichen in der SPD allerdings auch im Klaren.
Er opponiert überhaupt nicht gegen Krogmann und von anderen Ratsmitgliedern der SPD ist auch nur abnicken wahrzunehmen.
Ob Prange dieser angebliche „neue Kurs“ abgenommen wird, ist eine andere Frage. Mit Gesinnungswandel nach der Wahl bei Sozialdemokraten haben Wähler in der deutschen Geschichte leider zu viele negative Erfahungen gemacht.