Ausstellung

Ausstellung: 150 Jahre Zugverkehr in Oldenburg

Eisenbahner vor einem entgleisten Zug, um 1900.

Eisenbahner vor einem entgleisten Zug, um 1900.
Foto: Stadtmuseum Oldenburg

Oldenburg (zb) „Höchste Eisenbahn – 150 Jahre Zugverkehr in Oldenburg“ lautet der Titel der Ausstellung, die im Jubiläumsjahr 2017 an zwei Standorten, im Stadtmuseum Oldenburg und im Museumsdorf Cloppenburg gezeigt wird. Während das Stadtmuseum das Zusammenspiel von Eisenbahn und Stadt in den Mittelpunkt seiner Darstellung rückt, erfährt der Besucher im Museumsdorf Cloppenburg, wie sich das Leben der Landbevölkerung durch die Eisenbahn veränderte. Im Zentrum der Ausstellungen stehen die damaligen Bahnnutzer. Mit ihren Augen wird die Oldenburger Eisenbahngeschichte betrachtet.

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„In der Mitte des 19. Jahrhunderts, als über die Gründung einer Eisenbahn im Herzogtum Oldenburg diskutiert wurde, stand die Frage im Vordergrund, ob sich eine Eisenbahn überhaupt lohnt, wenn sie vorwiegend ländliche Gebiete bedient“, berichtet Dr. Lioba Meyer, Kuratorin der Oldenburger Ausstellung. Mancher Fachmann hatte damals seine Zweifel, ob sich die hohen Investitionen in eine Eisenbahn jemals wieder auszahlen.

„Das Herzogtum Oldenburg gehörte zu den letzten deutschen Bundesstaaten, die einen Eisenbahnanschluss bekamen“, berichtet Lioba Meyer. „1867, als ganz Europa schon von einem Schienennetz überzogen wurde, wurde hier die erste Verbindung zwischen Bremen und der Landeshauptstadt Oldenburg eröffnet. Neben finanziellen Gründen war es vor allem die Missgunst seiner Nachbarn, die Oldenburg nicht zum Zug kommen ließen“, weiß Lioba Meyer.

Die Ausstellung im Museumsdorf untersucht die Wirkung der Eisenbahn auf die ländlichen Regionen. Es werden die Menschen vorgestellt, die durch und mit der Eisenbahn lebten. Gezeigt wird zum Beispiel ein Landwirt, der sein Schlachtvieh mit der Eisenbahn ins Ruhrgebiet transportieren ließ, ein Unternehmer, der durch die Eisenbahn seinen Betrieb aufbauen konnte, ein Schüler, der zur weiterführenden Schule in die Stadt fuhr und ein Tagesausflügler, den die Bahn aufs Land brachte.

Die Ausstellung im Stadtmuseum stellt die Entwicklungsgeschichte der Eisenbahn und deren Folgen für die Wirtschaft und das Mobilitätsverhalten der Menschen in den Mittelpunkt. In fünf Stationen wird gezeigt, wie die Eisenbahn Transport und Verkehr der Region befördert, Städte, Dörfer und Landschaften geprägt und nicht zuletzt den Aufbruch aus den regionalen und lokalen Lebenswelten ermöglicht hat. Außerdem widmet sich die Ausstellung den verschiedenen Arbeitsbereichen bei der Bahn, den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und den umfassenden sozialen und wohltätigen Einrichtungen.

Das Museumsdorf zeigt die Auswirkungen der Eisenbahn auf das Leben der Menschen. „Nicht nur die Landwirtschaft nutzte die Gunst der Stunde. Es war die Zeit der Industrialisierung, und im Ruhrgebiet konnte der ideale Absatzmarkt für oldenburgische Agrarprodukte gefunden werden“, klärt Kurator Florian Reiß auf. Oldenburgische Produzenten exportierten Torf, Ziegel, Fisch, Möbel und vieles mehr.

Das Oldenburger Land entwickelte sich zum wichtigsten Lebensmittellieferanten für das Ruhrgebiet. Delmenhorst und Varel wurde Industriestandorte und Brake avancierte zu einer international angesehenen Hafenstadt. So war die Großherzogliche Oldenburgische Eisenbahn (G.O.E.) um die Jahrhundertwende nicht nur der größte Arbeitgeber Oldenburgs sondern auch einer der größten Auftraggeber und sorgte somit für ungeahnten Aufschwung.

Doch die Eisenbahn brachte im Ersten Weltkrieg auch Soldaten an die Front. Die Verfolgten des Nationalsozialismus wurden mit der Bahn in Vernichtungslager transportiert. Zudem wurden viele Zwangsarbeiter ins Oldenburger Land gebracht, von denen viele bei der Reichsbahn eingesetzt wurden. In Oldenburg waren es 515 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, die überwiegend aus den Niederlanden, Polen und der Sowjetunion stammten. Im und nach dem Zweiten Weltkrieg waren es Vertriebene, die in Waggons Oldenburg erreichten.

Dampflok Mecklenburg, Nr. 191, Bj. 1909 bei Hanomag, um 1917.

Dampflok Mecklenburg, Nr. 191, Bj. 1909 bei Hanomag, um 1917.
Foto: Stadtmuseum Oldenburg

Schlosserlehrlinge vor dem Ringlokschuppen in Oldenburg, Ausbildung 1921-1925.

Schlosserlehrlinge vor dem Ringlokschuppen, Ausbildung 1921-1925.
Foto: Stadtmuseum Oldenburg

Oldenburger Hauptbahnhof um 1920.

Bahnhof um 1920.
Foto: Stadtmuseum Oldenburg

Lokomotiven vor dem Rechtecklokschuppen in Oldenburg, Rangierlok, Diesellok, E-Lok, 12. Oktober 1980.

Lokomotiven vor dem Rechtecklokschuppen, Rangierlok, Diesellok, E-Lok, 12. Oktober 1980.
Foto: Stadtmuseum Oldenburg

In den vergangenen Jahrzehnten erlebte das Auto seinen Siegeszug. Dennoch gab und gibt es weiterhin Menschen, die bis heute für den Erhalt von Zugstrecken kämpfen. „Die Geschichte der Eisenbahn zeigt, dass die politische Geschichte und die Bahngeschichte aufs engste miteinander verwoben sind wie das Ende des Ersten Weltkriegs und die Gründung der Deutschen Reichsbahn, die zentrale Rolle der Reichsbahn bei der Ausplünderung der besetzten Gebiete und beim Einsatz von Zwangsarbeitern während des Zweiten Weltkriegs. Die Teilung Deutschlands bedeutete auch die Teilung der Bahn im Jahr 1949, schließlich leitete die Wiedervereinigung der Staatsbahnen eine neue Phase der Bahngeschichte ein“, macht Lioba Meyer deutlich.

Für die Ausstellung konnte auf einen einzigartigen Schatz überlieferter technischer Objekte, Modelle und Uniformen aus dem Eisenbahneralltag zurückgegriffen werden. Zudem gibt es einen umfassenden Fundus an Dokumenten, Fotografien, Filme, Literatur, Interviews, handschriftlichen Aufzeichnungen, Zeitungsartikeln und Lebenszeugnissen, die in den vergangenen rund 30 Jahren von Mitgliedern des Bundesbahnsozialwerks und Freunden der Eisenbahn mit großer Leidenschaft sukzessive zusammengetragen und dem Stadtmuseum Oldenburg zur Bewahrung und Erforschung zur Verfügung gestellt wurde.

Besucher können in einem Holzklasseabteil Platz nehmen und durch das Abteilfenster historische Dampflokomotiven beobachten. Aber es gibt auch den Blick in die Gegenwart. So können die Besucher ein Modell vom Transrapid bewundern und sich mit Hilfe eines Simulators für ein paar Minuten wie ein Zugführer in einem modernen Zug fühlen.

Das Stadtmuseum zeigt „Höchste Eisenbahn“ bis zum 3. September, das Museumsdorf bis zum 5. November.

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1 Kommentar

  1. Karl
    7. April 2017 um 10.57 — Antworten

    Vor dem Hbf in Emden haben Eisenbahnfreunde eine Schlepptenderlok der Baureihe 43 (oder 44) aufgestellt und jedes Mal, wenn ich nach Emden komme, steige ich in den Fahrstand, hänge mich aus dem Fenster und stelle mir vor, im Gespann mit einer Lok gleichen Typs einen Erzzug aus dem Hafen von Emden ins Ruhrgebiet zu schleppen. Das letzte Mal liegt allerdings schon einige Jahre zurück.
    Ich hoffe, dass mein Obolus, den ich jedes Mal in die Sammelbüchse gesteckt habe, zum Erhalt dieses Museumsstücks beiträgt und ich auch noch nächstes Mal mir vorstellen kann, wie es gewesen wäre, wenn…

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