Oldenburg

Am Wallkino bröckelt der Putz

Bernd Poch, Heinz-Günther Hartwig, Michael Lürßen, Jendrik Punks und Farschid Ali Zahedi vom Verein Werkstattfilm möchten das denkmalgeschützte Wallkino in Oldenburg retten.

Bernd Poch, Heinz-Günther Hartwig, Michael Lürßen, Jendrik Punks und Farschid Ali Zahedi (von links) vom Verein Werkstattfilm möchten das denkmalgeschützte Lichtspielhaus retten.
Foto: Anja Michaeli

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Oldenburg (am/zb) – Morgen wird das Wallkino am Heiligengeistwall in Oldenburg 100 Jahre alt. Doch Grund zur Freude ist das nicht. Denn das alte unter Denkmalschutz stehende Lichtspielhaus verrottet seit ein paar Jahren. Die Mitglieder des Vereins Werkstattfilm machen deshalb mobil und fordern Politik, Verwaltung, Institutionen und alle Kreativen auf, aktiv zu werden und alle Kräfte zu bündeln, um das Gebäude nicht dem totalen Verfall preis zu geben.

Das Wallkino gehört zu den ältesten Kinos Deutschland. Als es 1914 eröffnet wurde, verfügte es über 750 Holzklappstühle und die Plätze kosteten zwischen 35 Pfennig und 1,50 Mark. Das Gebäude hat beide Weltkriege unbeschadet überstanden und manch einem Besucher schöne Abende beschert. In den 1960er Jahren erwarb Kinobetreiber Theo Marseille aus Bremerhaven das Wallkino, der es komplett umbaute. Seither verfügte es über zwei Säle. Nach seinem Tod führte seine Frau Ilse das Haus weiter und verpachtete es in den 1990er Jahren an Dr. Detlef Rossmann, der auch das Casablanca-Kino am Pferdemarkt betreibt. Seinerzeit wurde es erneut umgebaut.

Als der Adoptivsohn Ulrich Marseille das Kino nach dem Tod von Ilse Marseille 2006 erbte, begannen die Probleme. Zwischen ihm und Detlef Rossmann kam es zu keiner Einigung. Das Kino wurde 2007 geschlossen, Fenster und Türen vernagelt. Inzwischen ist es zu einem Schandfleck geworden. Ulrich Marseilles Absicht, das Gebäude bis auf die Fassade abzureißen, vereitelte die Stadt. Ali Zahedi von Werkstattfilm warnte jetzt noch einmal vor Bauspekulation. Es dürfe nicht länger geredet, es müsse endlich gehandelt werden, forderte er bei einem Ortstermin vor dem Kino.

Doch bereits nach Schließung des Kinos schaltete sich die Stadtverwaltung ebenso intensiv ein wie die Politik. Erst vor ein paar Monaten hat der Bauausschuss das Thema umfänglich beleuchtet und ist zu dem Schluss gekommen, rechtlich kaum Möglichkeiten zu haben, gegen den Verfall vorzugehen. Stadtsprecher Andreas van Hooven bestätigt das. „Wir prüfen das Gebäude regelmäßig und derzeit stellt es keine öffentliche Gefahr dar. Außerdem versuchen wir, Kaufinteressenten für das Wallkino ausfindig zu machen und informieren Ulrich Marseille darüber. Allerdings reagierte er bislang nicht darauf.“

Der Putz am Wallkino brökelt.

Der Putz am Wallkino brökelt.
Foto: Anja Michaeli

Wenn Ali Zahedi jetzt ein neues Nutzungskonzept fordert, kann das zwar entwickelt werden, doch solange Ulrich Marseille nicht mit im Boot sitzt, kann niemand in Oldenburg etwas bewegen. Die Stadt hat bereits ein solches Nutzungskonzept erstellt, doch es hilft in der Sache nicht weiter. Offenbar verfolgt er andere Interessen und die Stadt kann nur zusehen, wie das Gebäude zunehmend verfällt.

Werkstattfilm will dennoch auf die Lage aufmerksam machen und lädt zu Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Wallkino ein. So findet am 7. September um 12 und 15 Uhr ein Stadtrundgang zur „Kinogeschichte in Oldenburg“ statt. Am 12. September um 18 Uhr heißt es „100 Jahre Wallkino in Oldenburg“ mit unveröffentlichten Bildern bei freiem Eintritt. Schließlich zeigt Werkstattfilm am 24. September um 19 Uhr den Streifen „Cinema Paradiso“. Das war der letzte Film, der im Wallkino zu sehen war. Alle Veranstaltungen finden im Kinoladen an der Wallstraße 24 statt.

Weitere Informationen unter www.werkstattfilm.de.

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