Theater

Theaterkritik: Zeitgenössische „Medea“ im Kleinen Haus

Nientje C. Schwabe (2. von rechts) überzeugt als Medea im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters in einer ansonsten nicht perfekten Inszenierung.

Nientje C. Schwabe (2. von rechts) überzeugt als Medea im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters in einer ansonsten nicht perfekten Inszenierung.
Foto: Stephan Walzl

Oldenburg (vs) Medea, die Kindsmörderin der griechischen Mythologie, ist eine tragische Figur, die nach der Version des Euripides nur als gewissenlose Kindsmörderin gesehen wird. Das Oldenburgische Staatstheater zeigt jetzt im Kleinen Haus das Schauspiel „Medea“ in einer freien Version nach dem dramatischen Gedicht „Das goldene Vlies“ von Franz Grillparzer. Damit soll die „Mörderin“ und „Barbarin“ ein zweites Gesicht bekommen. Menschen sind nicht von Natur aus böse, sie werden dazu getrieben. Die Regisseurin Mirja Biel will in ihrer zeitgenössischen Inszenierung den Blick auf eine Frau werfen, die, von Außen getrieben, am Ende für sich keinen anderen Ausweg sieht. Der Blick einer Frau auf eine Frau.

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Die freie, mit flotten Sprüchen und reichlich direktem Kontakt zum Publikum versehene Inszenierung überzeugt nicht ganz. Vom Narren (Manuel Thielen), direkt am Bühnenrand sitzend, bekommt das Publikum zu Beginn des Abends die Geschichte der Medea und die handelnden Personen erklärt. Das geht ihm recht locker von der Zunge, was im Laufe des Abends auch durch König Kreon (Klaas Schramm) unterstrichen wird, dessen Rolle leger und humorvoll angelegt ist. Alle Akteure agieren im direkten Dialog mit dem Publikum und nehmen auch schon mal in der ersten Reihe Platz. Immer wieder wird erklärt, was anschließend zu sehen ist. Der Abend ist ein steter Wechsel zwischen klassischem Text und neuzeitlichem Theater. So beschreibt auch die Dramaturgie des Staatstheaters den Hintergrund dieser Inszenierung. „Auf Grundlage von klassischen und modernen Texten überprüfen wir den Medea-Stoff darauf, was er uns heute über das Ideal einer freien und diversen Gesellschaft erzählen kann.“ Das ist im Vorfeld gut gedacht und unterstreicht die Aktualität des Stoffes, kommt aber auf der Bühne leider nicht überzeugend zum Tragen.

Medea im Staatstheater: Viel Technik zum Selbstzweck

Soundcollagen, Gesang und Video untermalen das durchaus aktuelle (politische) Spiel um Macht, Verrat, Opportunismus, Flucht und Mord. Dieser Einsatz der Technik trägt allerdings nicht zum Fortschritt der Erzählung bei, sondern wirkt lediglich als überflüssiges Theatermittel. Zumal einige Passagen dadurch akustisch auf der Strecke bleiben. Die nach hinten und seitlich offene Bühne (Matthias Nebel) gleicht einem apokalyptischen Raum zwischen rauchender Müllhalde und Mondoberfläche. Eine große hängende schwarze Wand teilt den Bühnenraum, ist Texttafel und zugleich Projektionsfläche für Live-Videoprojektionen und Filmeinspielung. Szenen bleiben teilweise halb versteckt hinter dieser Wand und zeigen lediglich den Unterkörper der Darsteller. Was ebenfalls nicht immer zum akustischen Verständnis beiträgt.

Weniger wäre in dieser Inszenierung mehr gewesen. Eine Reduzierung auf Medea und Jason hätte gereicht, um die Dramatik dieser Geschichte einer getriebenen Frau in einer immer noch von Männern bestimmten Welt eindringlich zu zeigen.

Sehenswert ist aber das Spiel von Medea (Nientje C. Schwabe) und ihrem Mann Jason, der mit Katharina Shakina geschickt weiblich besetzt ist. Beide wissen gekonnt und eindrucksvoll mit ihrem Text und ihrer Rolle um Liebe und Leiden umzugehen und bekommen den verdient stärksten Applaus.

Vorstellungstermine und Karten gibt es unter www.staatstheater.de.

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