Kultur

Staatstheater: „Schwarze Schwäne“ begeistern

Franziska Werner (links) und Julia Friede sind in „Schwarze Schwäne“ im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters mit Künstlicher Intelligenz in Form eines Pflegeroboters konfrontiert.

Franziska Werner (links) und Julia Friede sind in „Schwarze Schwäne“ im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters mit Künstlicher Intelligenz in Form eines Pflegeroboters konfrontiert.
Foto: Stephan Walzl

Oldenburg (vs) Mit dem Schauspiel „Schwarze Schwäne“ liefert das Oldenburgische Staatstheater in dieser Spielzeit wieder einmal aktuelles Theater am Puls der Zeit. Das erst Anfang des Jahres uraufgeführte Stück von Christina Kettering setzt sich mit dem Umstand auseinander, dass zwei Schwestern mit völlig unterschiedlichen Lebenskonzepten plötzlich vor der Entscheidung stehen, ihre zunehmend pflegebedürftige Mutter in ein Heim zu geben oder zuhause bei der jüngeren Schwester aufzunehmen.
Die ältere der beiden namenlosen Schwestern lebt ein freies und unbeschwertes Leben mit Party, Männern, Drogen. Die jüngere Schwester hat sich für Haus, Hausfrau und Mutter entschieden. Ihre kontroverse Auseinandersetzung über die Zukunft der Mutter wirbelt beide Modelle durcheinander und lässt sie über ihr bisheriges Leben und das damit verbundene (Un-)Glück nachdenken, philosophieren und streiten. Dieses eindrucksvolle Szenarium in der Regie von Jana Milena Polasek mit zwei großartigen Schauspielerinnen gleicht einem Kammerspiel ohne Raum und Zeit, das bei der Premiere im Kleinen Haus mit langanhaltendem Applaus für das gesamte Ensemble auf und hinter der Bühne zurecht gewürdigt wird.

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Die Bühne (Bühne und Kostüme: Nina Aufderheide) ist schwarz und schlicht und lediglich mit kleinen Podesten und großen futuristisch anmutenden Gebilden mit weißer Plastikfolie umkleidet, ausgestattet. Auch die strahlend weißen Kostüme wirken futuristisch anmutend. Diese abstrakte Gestaltung lässt Franziska Werner als ältere und Julia Friede als jüngere Schwester ausgiebig Raum, ihr schauspielerisches Potenzial in Wort, Mimik und Gestik voll auszuschöpfen. Beim Betrachten des Ganzen bekommt man den Eindruck eines fremden Planeten in ferner Galaxie. Das brisante und tagesaktuelle Thema des Stückes allerdings holt das Publikum unwiderruflich in die Gegenwart und vielleicht die eigene persönliche Situation zurück und lässt nachdenklich werden und ganz in das spanndende Spiel eintauchen.

Künstliche Intelligenz als Lösung

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Haushalt und auch in der Pflege ist ein brisantes Thema, das nicht mehr in der Zukunft liegt sondern bereits zu Realität geworden ist. Um die jüngere Schwester bei der zunehmend anstrengender werdende Pflege der Mutter zu unterstützen, hält ihre ältere Schwester, wohl nicht ganz uneigennützig, eine Überraschung parat: Pflegeroboter Rosi soll bei der Versorgung der Mutter helfen. Das sorgt für kontroverse Diskussionen, denn die Jüngere ist strikt dagegen, diesen nicht sichtbaren Roboter in Gestalt einer Frau als Männertraum an die Mutter heranzulassen. Mit allen Fähigkeiten ausgestattet, nimmt Rosi zunehmend Einfluss auf das Geschehen um die Mutter und entwickelt ihre eigene Künstliche Intelligenz nur nach Logik und ohne Moral immer weiter. Mit Verstand und Abgeklärtheit versucht die ältere Schwester dieses sogenannte „deep learning“, das Sammeln von Informationen und Lernen von Handlungen aber nicht zu wissen wie es geschieht, ihrer verängstigten Schwester erklären. Spannend aber natürlich auch gruselig findet sie das. Rosi optimiert ihr Können zum scheinbaren Wohl der Mutter und mit wachsender Besorgnis bei der jüngeren Schwester immer weiter. Das Unheil ist vorprogrammiert.

Mit „Schwarze Schwäne“ ist dem Oldenburgischen Staatstheater ein weiterer Glücksgriff gelungen, zeitgemäße und kontrovers diskutierte Themen unserer Gesellschaft in packenden Inszenierungen mit einem bestens aufgelegten Schauspielensemble auf die Bühne zu bringen. Allesamt Inhalte und Stücke, die ein volles Haus mit anschließenden Gesprächen verdient haben.

Vorstellungstermine und Karten sind unter www.staatstheater.de und Telefon 0441 / 2225-111 erhältlich.

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