Kultur

Existenzbedrohende Situation für Kulturschaffende

Das Bündnis Creative Mass fordert schnelle Hilfen für Kultur- und Kreativschaffende.

Das Bündnis Creative Mass fordert schnelle Hilfen für Kultur- und Kreativschaffende.
Foto: Creative Mass Oldenburg

Oldenburg (pm) Die Creative Mass, das offene Bündnis der Oldenburger Kultur- und Kreativschaffenden, schlägt Alarm. Schon jetzt sei der Effekt der Corona-Pandemie schmerzhaft für die lokale Kultur- und Kreativszene spürbar. Viele Veranstaltungen müssten abgesagt werden, die meisten Kulturorte werden mindestens vorübergehend geschlossen und die Auftragslage für viele Kreative werde in gefährlichem Ausmaß einbrechen oder sei es schon. „Kaum eine_r hatte in der Vergangenheit die Möglichkeit, finanzielle Rücklagen zu bilden. Kultur ist in weiten Teilen prekär. An dieser lange bekannten, traurigen Realität wird jetzt niemand mehr vorbeisehen können“, sagt Thorsten Duhn von der Creative Mass.

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„Wir als Creative Mass wollten eigentlich in diesem Jahr einen Beteiligungsprozess für den Erhalt und die Weiterentwicklung der lokalen Kultur starten. Bis gestern noch hatten wir den Fokus vor allem darauf, die nötige Finanzierung zu stemmen“, erzählt Chantal Bürger, „mit dabei sollten alle Beteiligten sein: Kultur- und Kreativschaffende, Politiker_innen, Verwaltung und Bürger_innen. Also alle, die es für die konstruktive Lösung der Herausforderungen in der lokalen Kultur und eine zukunftsfähige Weiterentwicklung derselben braucht.“ Mit Schrecken stelle man aber jetzt fest, dass die Situation sich innerhalb von Tagen dramatisch geändert und verschärft habe. Plötzlich ginge es nicht mehr um Weiterentwicklung. Es gehe schlicht um den Erhalt von Kultur. Irreparable Schäden, wenn jetzt nicht gehandelt wird.

Es sei abzusehen, dass durch die mindestens mehrwöchige Zwangspause in der lokalen Szene große, teils irreparable Schäden entstehen würden, warnt Amon Thein, „viele unserer Lieblingsorte werden hart getroffen werden. Großartige Kolleg_innen werden ihre berufliche Existenz verlieren. Was jetzt zerstört wird, wird sich möglicherweise nur schwer oder garnicht mehr wieder aufbauen lassen.“ Thein, der auch ehrenamtlich beratendes Mitglied im Kulturausschuss ist, sei erschreckt und frustriert darüber, dass die Verwaltung den Kulturausschuss trotz dieser dramatischen Lage kurzfristig und ersatzlos gestrichen habe. „Wir leben in Zeiten, in denen man digitale Lösungen finden kann”, sagt er, „Die Verwaltung verweist ohne weiteren Kommentar auf die nächste Sitzung im April, da könne es für viele Kultur- und Kreativschaffende schon zu spät sein.“

Die Creative Mass fordere alle Politiker_innen im Rat auf, sofort und unbürokratisch Hilfen auf allen Ebenen der Verwaltung möglich zu machen. Von finanzieller Unterstützung bis hin zu erleichterten Genehmigungen oder Aussetzen von Steuerzahlungen müssen alle Möglichkeiten der Unterstützung ausgeschöpft werden, um Oldenburgs Kultur- und Kreativszene am Leben zu halten. „Es gibt jetzt nur eine Chance“, sagt Katharina Semling, „wir müssen alle zusammenhalten und jede_r in seiner Rolle alles tun, was sie/er kann. Schluss mit dem Konkurrenzdenken. Wir rufen dazu auf, miteinander solidarisch zu sein und da zu helfen, wo es geht!“

Austausch

„Die Creative Mass bietet sich als Ansprechpartner_in und Vermittler_in an, wenn die gängigen Wege nicht funktionieren sollten“, sagt Andrea Sondag. Die Facebook-Gruppe der Creative Mass mit ihren knapp 1400 Mitgliedern könne als Ort des Krisen-Austauschs genutzt werden.

Forderungen

Creative Mass hat Vorschläge und Forderungen formuliert. Unbürokratische Hilfen sollten sofort bereitgestellt werden, Politiker_innen sollen sich parteiübergreifend dafür einsetzen und austausche. Die Stadtverwaltung solle alle Vorgänge aussetzen, die nicht unbedingt nötig sind und die Ressourcen von Kultur- und Kreativschaffenden zusätzlich belasten. Bürger_innen werden gebeten, ihre bereits gekauften Karten für Veranstaltungen nicht zurückzugeben und so die Veranstalter zu unterstützen. Auftraggeber sollen Ersatzaufträge oder Home-Office-Aufträge anbieten und Ausfallhonorare zahlen. Aber auch die Kultur- und Kreativschaffenden selber sind gefordert, sich gegenseitig zu unterstützen, sich bei der Kinderbetreuung zu helfen und Räume, Material und Personal zur Verfügung zu stellen.

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1 Kommentar

  1. W. Lorenzen-Pranger
    18. März 2020 um 10.35 — Antworten

    >Thein, der auch ehrenamtlich beratendes Mitglied im Kulturausschuss ist, sei erschreckt und frustriert darüber, dass die Verwaltung den Kulturausschuss trotz dieser dramatischen Lage kurzfristig und ersatzlos gestrichen habe.<

    …und das in eiten, in denen die Kommunalpolitik sich sehr ernsthaft mit der Situation der Knstschaffenden beschäftigen sollte.
    Mir fallen dazu zwei Punkte ein. Zum Einen, daß es von vorneherein ein Unding war, daß ein Oberbürgermeister, zumal ohne weiteren Bezug zur Kulturarbeit, auch als Kulturdezernent agieren will – und zum Zweiten, daß die Kunstszene von Politik, Verwaltung und regionaler Presse seit dem Ruhestand des Dr. Seeber in Oldenburg mehr als ignorant behandelt wurde. Künstler, Galeristen und Theater werden in der Presse zum Teil hinter Paywall versteckt – und die handelnden Personen können sich glücklich schätzen, wenn zumindest der Name noch richtig geschrieben wird. Promotion sieht anders aus – und Künstler brauchen nun mal die Öffentlichkeit, wie die Öffentlichkeit die Kunst braucht.
    Die Forderungen und Vorschläge im Artikel oben sind voll zu unterstützen – und etliche Gruppen und Privattheater verfügen über Spendenkonten, die auf eine Anfrage gern mitgesteilt werden.
    HIer können wir alle viel tun, wenn wir der Vielfalt und Kreativität helfen wollen.

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