Tag der Archive: Unterwegs auf spannenden Spuren

Romy Meyer und Dr. Gerd Steinwascher zeigen den Brief von Katharina der Großen und das Bildnis von Amalia, das seinerzeit in vielen guten Stuben hing.
Foto: Katrin Zempel-Bley
Oldenburg (zb) Seit 2001 ruft der Verein deutscher Archivare alle zwei Jahre zum „Tag der Archive“ auf. Am Samstag, 8. März, ist auch das Niedersächsisches Landesarchiv am Standort Oldenburg mit dabei.
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Ziel dieses Tages ist es, die archivischen Anliegen stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Denn Archive sind Stätten der Kultur und Wissenschaft und sichern das archivalische Erbe als Kulturgut für die Erforschung der Vergangenheit und für das Verständnis der Gegenwart. „Wir wollen der Bevölkerung unsere Schätze näher bringen“, sagt Dr. Gerd Steinwascher, Direktor des Landesarchivs in Oldenburg.
Primär sollen am kommenden Samstag Schwellenängste abgebaut werden. Deshalb werden Führungen durch die Magazine angeboten und so manch ein Schatz gehoben. Außerdem sollen die Besucher den Beruf des Archivars besser kennenlernen. Denn Archivare sind Detektive der Geschichte, ständig unterwegs auf spannenden Spuren.
Wie spannend sie sind, zeigt auch eine kleine Ausstellung im Foyer des Landesarchivs am Damm 43, die eigens für diesen Tag zusammengestellt worden ist. Sie orientiert sich am Thema des Tags des Archivs „Frauen Männer Macht“ passend zum Internationalen Frauentag, der ebenfalls am 8. März stattfindet. „Wir präsentieren zwei richtige Kracher“, kündigt Steinwascher an und meint Amalia von Oldenburg und Katharina die Große von Russland, die 1792 als Prinzessin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst zur Welt kam.
Ihre Mutter stammte aus dem Hause Holstein-Gottorp, das wiederum von den Oldenburgern abstammte. Amalia, die Otto von Bayern geheiratet hat, der dann griechischer König und später vertrieben wurde. Beide Frauen ließen sich in Oldenburg zwar nicht wieder blicken, aber als der Oldenburger Herzog Peter Friedrich Ludwig heiraten wollte, musste er Katharina die Große um ihre Erlaubnis bitten. Ihre positive Antwort in perfektem Französisch und gestochen scharfer Schrift liegt im Staatsarchiv und wird am Samstag zu sehen sein. Auch die Briefe Amalias an ihren „lieben Engelspapa“ zeigt das Landesarchiv.
Es gibt aber auch viele Frauen, die nicht im Licht der Öffentlichkeit standen und über die es dennoch offizielle Vorgänge gibt. Dazu gehörte die Frau eines Scharfrichters aus Wildeshausen, die im 17. Jahrhundert lebte. Als ihr Mann verstarb wurde beschlossen, dass sie seine Arbeit fortführt. „Das hatte vor allem pragmatische Gründe“, erzählt Steinwascher. Die Frau musste versorgt werden. Weil sie ohnehin über die Aufgaben genau Bescheid wusste, konnte sie sie auch gleich übernehmen.“
Ähnlich verhielt es sich mit einer Küster-Gattin aus der Wesermarsch. Auch sie übernahm die Aufgaben, nachdem ihr Mann verstarb, wie aus Aufsichtsakten hervorgeht. Und das alles geschah, obwohl es keine Gleichstellung gab. Die Menschen vor Ort hatten damit kein Problem.
Die Besucher lernen auch zwei Zwangsarbeiterinnen von 1942 kennen, die in Oldenburg bei einem Bäcker bzw. Fleischer arbeiten mussten. Sie litten Hunger und wurden erwischt als sie Lebensmittelreste gestohlen hatten. Ein Gericht in Oldenburg verurteilte sie zu vier Monaten Straflager, das sich in Vechta befand.
Tatsächlich schlummern im Landesarchiv viele spannende Geschichten über unsere Vorfahren. „Immer mehr Menschen interessieren sich für sie“, berichtet Steinwascher, der beobachtet, dass an manchen Tagen im Archiv von den 20 Arbeitsplätzen kaum noch einer frei ist. Übrigens rund 90 Prozent der Findmittel sind bereits ins Internet gestellt. „Demnächst wollen wir auch Originale hinterlegen“, kündigt Steinwascher an. Trotz dieser Arbeitshilfen kommen die Forscher nach wie vor gern ins Landesarchiv und werden vor Ort fündig.
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