Oldenburg

Ausstellung: Polizei als Herrschaftsinstrument des NS-Regimes

Dr. Dirk Götting hat die Ausstellung kuratiert.
Foto: Katrin Zempel-Bley

Oldenburg (zb) „Ordnung und Vernichtung – Die Polizei im NS-Staat“ heißt eine Wanderausstellung, die bis zum 30. April im ehemaligen oldenburgischen Staatsministerium am Theodor-Tantzen-Platz 8 zu sehen ist. Ursprünglich wurde die Ausstellung von der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster in Kooperation mit dem Deutschen Historischen Museum in Berlin im Auftrag des Bundes und der Länder konzipiert.

Anzeige

Nachdem rund 50.000 Besucher sie 2011 in Berlin gesehen hatten, wurde sie den Bundesländern zur Verfügung gestellt. Lediglich das Land Niedersachsen hat sich der Ausstellung bislang erneut angenommen und sie mit für das Land wichtigen Inhalten und Exponaten ergänzt. „Denn die Polizei war eine bedeutsame Stütze des Nationalsozialismus“, sagt Dr. Dirk Götting vom Polizeimuseum Nienburg, der die Ausstellung kuratiert hat.

„Wir haben die Kernthesen der ursprünglichen Ausstellung aufgegriffen und darauf abgeklopft, ob sie auch auf Niedersachsen zutreffen“, sagt Götting. Das Land Niedersachsen gab es zurzeit des Nationalsozialismus zwar noch nicht, dafür aber die Länder Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg / Lippe und die preußische Provinz Hannover. Bereits 1932 errang die NSDAP im Land Oldenburg bei den Landtagswahlen die absolute Mehrheit. Somit war es das erste von 17 Ländern, in dem die Nazis die Alleinherrschaft übernahmen.

Die Ausstellung, die nicht nur durch Niedersachsen sondern schon in mehreren anderen Bundesländern gezeigt worden ist, schildert anhand von Dokumenten und Fotos aus Archiven, Gedenkstätten und Museen aber auch Exponaten aus dem Polizeimuseum Niedersachsen sowie privaten Leihgaben regionale Ereignisse, wie zum Beispiel die Deportation der jüdischen Bevölkerung aus Hildesheim mit Hilfe der Polizei oder die Beteiligung eines Braunschweiger Polizisten an der Ermordung von mehr als 33.000 jüdischen Bürgern in Kiew.

72 Jahre nach Kriegsende ist die Rolle der Polizei im NS-Staat noch nicht abschließend erforscht.

72 Jahre nach Kriegsende ist die Rolle der Polizei im NS-Staat noch nicht abschließend erforscht.
Foto: Katrin Zempel-Bley

Die Polizei rekrutierte seinerzeit ihr Personal aus der Armee sowie paramilitärischen Verbänden und somit war es nicht verwunderlich, dass sie bereits zu Beginn der Weimarer Republik rechtsradikal dachte. „Eine Erkenntnis, die keineswegs allgemein bekannt ist“, merkt Johann Kühme, Präsident der Polizeidirektion Oldenburg, an, der die Wanderausstellung nach Oldenburg geholt hat. „Die Öffentlichkeit kann sich über das Ausmaß der Verbrechen durch die Polizei im NS-Staat beziehunsgweise auch speziell in Niedersachsen in der Ausstellung ein Bild machen.“ Aufgabe der Polizei sei es, Recht und Gesetz zu hüten und nicht wie seinerzeit geschehen, williger Vollstrecker von Verbrechen bis hin zum Massenmord des NS-Regimes zu sein, macht er deutlich. Allerdings musste seit 1934 jeder Polizist einen Eid auf den Führer abgeben und sich an den NS-Ideologien orientieren und eben nicht an Recht und Gesetz.

„Wir wollen mit der Ausstellung an unsere Geschichte erinnern und deutlich machen, zu welchen Verbrechen Menschen im Stande sind, wollen an die Verantwortung appellieren, die jeder von uns trägt. Gleichzeitig soll die Frage aufgeworfen werden, wie sich jeder von uns wohl verhalten hätte. Denn wer offenen Widerstand geleistet hat, der musste mit schweren Konsequenzen rechnen. Dieses Thema steht heute endlich auf dem Stundenplan der angehenden Polizisten, weil sie sensibilisiert werden und ein Bewusstsein dafür bekommen sollen, was ihre Aufgabe ist und welche gesellschaftliche Verantwortung sie tragen“, sagt Kühme.

72 Jahre nach Kriegsende ist die Geschichte der Polizei in Niedersachsen während des NS-Regimes keineswegs abschließend erforscht. Es ist auch unklar, ob irgendwo noch wichtige umfangreichere Unterlagen darüber existieren. „Wir wissen auch nicht, ob es Polizisten gab, die Widerstand geleistet haben. Deshalb sind wir an Informationen sehr stark interessiert“, sagt Götting, der auf Hinweise hofft.

Die Ausstellung ist Montag bis Donnerstag von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Schulklassen können sich telefonisch unter 04 41 / 799 10 23 auch vormittags anmelden.

Vorheriger Artikel

Leitung der Herzchirurgie vorerst wieder besetzt

Nächster Artikel

Basketball-Dokumentation „Starting 5“

2 Kommentare

  1. W. Lorenzen-Pranger
    10. April 2017 um 20.34 — Antworten

    Die Polizei war nicht nur, sie ist immer noch Herrschaftsinstrument – besonders zugunsten ausgesprochen reaktionärer Kreise wie der immer wieder mehr als zwielichtigen CDU. Die Vorgänge um die Demos gegen Stuttgart 21, nur EIN Beispiel, zeigten es einmal mehr überdeutlich. Schadensersatzahlungen stellen keine Sehfähigkeit bei alten Menschen wieder her oder heilen keine Traumatisierungen bei Kindern. Es gibt, auch für die Polizei, das Recht der Befehlverweigerung, wenn Befehle letztlich kriminell sind. Wer das nicht sieht oder sehen will macht sich zum eben so kriminellen Mittäter in Uniform.

    • Karl
      11. April 2017 um 12.03 — Antworten

      > Es gibt, auch für die Polizei, das Recht der Befehlverweigerung, wenn Befehle letztlich kriminell sind.

      „Nach den Vorschriften des Beamtenrechts muss der Beamte seine dienstlichen Handlungen auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen. Hat er Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer Weisung, so muss er seinem unmittelbaren Vorgesetzten gegenüber remonstrieren, d. h. gegen die Ausführung der Weisung Einwände erheben.“

      Gefunden bei Google

Einen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.