Kultur

Filmfest Oldenburg: Mehr als 40 Filme bis zur Closing Night

Die Schauspielerin Eva Hassmann (3. von links) kam am Mittwoch mit dem Team ihres Eröffnungs-Films „Willie and me“ zur Eröffnung des 30. Internationalen Filmfest Oldenburg ins Oldenburgische Staatstheater.

Die Schauspielerin Eva Hassmann (3. von links) kam am Mittwoch mit dem Team ihres Eröffnungs-Films „Willie and me“ zur Eröffnung des 30. Internationalen Filmfest Oldenburg ins Oldenburgische Staatstheater.
Foto: Volker Schulze

Oldenburg (cb/vs) Mit dem Blitzlichtgewitter auf dem roten Teppich vor dem Oldenburgischen Staatstheater wurde am Mittwoch das 30. Internationale Filmfest Oldenburg eröffnet. Zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland kamen und sahen die Weltpremiere von „Wille and me“ von und mit Eva Hassmann. Bis zur Closing Night am Sonntag im Großen Haus des Staatstheaters laufen mehr als 40 nationale und internationale Filme. Die Redaktion der Oldenburger Onlinezeitung erweitert diesen Artikel während des Filmfestes laufend und berichtet über ausgewählte Filme, die Ehrengäste und die Preisverleihungen.

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Eröffnung mit rotem Teppich und Blitzlichtgewitter – Eva Hassmann gerührt im Staatstheater

Oldenburg (vs) Das 30. Internationale Filmfest Oldenburg startete am Mittwoch wie gewohnt mit rotem Teppich, Blitzlichtgewitter, vielen mehr oder weniger prominenten Gästen aus dem In- und Ausland in feiner und auch gewagter Abendgarderobe und schicken Autos. Auch die Autogrammjäger kamen in den Genuss vieler Unterschriften wie zum Beispiel von Eva Hassmann, Isild Le Beso und Jon Jacobs. Erstmals wurde das Filmfest im Großen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters eröffnet, dem „schönsten Kino Oldenburgs“, wie Filmfest-Chef Torsten Neumann immer gern sagt. Generalintendant Christian Firmbach ließ es sich nicht nehmen, vor seinem Abschied im nächsten Sommer zum letzten Mal die Filmfest-Gäste persönlich in seinem Haus zu begrüßen und seine große Freude zum Ausdruck zu bringen, wie angemessen es sei für die 30. Ausgabe, neben der gewohnten Abschluss-Gala nun auch die Eröffnung in seinem Haus zu feiern, inklusive Augenzwinkern auf die gewohnten Verspätungen. Musikalisch wurde der Abend durch Mitglieder vom Jugendorchester Siam Sinfonietta aus Thailand eröffnet, dessen Leiter Somtow Sucharitkul, davon sprach, dass sich für ihn „Oldenburg fast wie Heimat“ anfühle. Torsten Neumann nutze in seiner, wie gewohnt leicht chaotischen Ansprache, die Gelegenheit, sich besonders bei seinem Team zu bedanken und hob dabei Mirko Keller hervor, der bereits seit 20 Jahren in Sachen Werbung und Betreuung der Festivallounge zum Team gehört.

Bereits zum dritten Mal ist Dirigent und Orchesterleiter Somtow Sucharitkul (3. von rechts) mit Mitgliedern seines Jugendorchesters Siam Sinfonietta aus Thailand in Oldenburg zu Gast.

Bereits zum dritten Mal ist Dirigent und Orchesterleiter Somtow Sucharitkul (3. von rechts) mit Mitgliedern seines Jugendorchesters Siam Sinfonietta aus Thailand in Oldenburg zu Gast.
Foto: Volker Schulze

Große Freude herrschte bei Filmfest-Chef Torsten Neumann (links) über den dritten Besuch des englischen Schauspielers Jon Jacobs beim Filmfest Oldenburg.

Große Freude herrschte bei Filmfest-Chef Torsten Neumann (links) über den dritten Besuch des englischen Schauspielers Jon Jacobs beim Filmfest Oldenburg.
Foto: Volker Schulze

Thomas Schäffer, Geschäftsführer nordmedia, betonte zur Begrüßung, dass Torsten Neumann der Stadt Oldenburg und dem Land Niedersachsen mit seinem Filmfest einen „großen Dienst“ erwiesen habe und dass „kein Festival internationaler als dieses“ sei. Die nordmedia werde auch weiterhin alles tun, die Festivals „trotz ihrer großen Probleme und Herausforderungen zu unterstützen und zu erhalten“. „Festival ist immer Begegnung, das muss der Kern sein, Begegnung mit Kreativen und ihren Stoffen und letztendlich auch Begegnung mit sich selbst“, so Thomas Schäffer. Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann erwähnte die „besondere Bedeutung des Filmfests für Oldenburg“, das aus dem Eventkalender „nicht mehr wegzudenken“ sei und bezeichnete das Festival als „Werbeträger“. „Independent passt zu Oldenburg und da hat sich was gefunden, was zu Oldenburg gehört“, so der Oberbürgermeister. Jürgen Krogmann bedankte sich auch bei den Ratsmitgliedern der Stadt Oldenburg, die das Festival unterstützen.

„Willie and me“ feiert Weltpremiere in Oldenburg

Eröfnnet wurde das 30. Internationale Filmfest Oldenburg mit der Weltpremiere von „Willie and me“ von und mit der Schauspielerin und jetzt auch Regisseurin und Produzentin, Eva Hassmann. In Oldenburg aufgewachsen, zur Schule gegangen und auch die erste Bühnenerfahrung im Oldenburgischen Staatstheater gesammelt, war sichtlich gerührt, wieder auf den Bühnenbrettern in ihrer alten Heimat zu stehen. Bereits auf dem roten Teppich vor dem Großen Haus, konnte Eva Hassmann zahlreiche Autogramme geben und sich mit ehemaligen Bekannten unterhalten. In Begleitung einiger Mitglieder ihres Teams freute sie sich besonders, die Premiere ihres Films in Oldenburg feiern zu dürfen. Zum Abschluss sprach sie gerührt über die intensive Zusammenarbeit mit dem viel zu früh verstorbenen Schauspielers Peter Bogdanovich in seiner letzten Rolle und die Zusammenarbeit mit der Countrymusik-Legende Willie Nelson.

German Independence Award im Staatstheater

Das 30. Internationale Filmfest Oldenburg läuft noch bis Sonntag, 17. September mit mehr als 40 Kurz- und Langfilmen und feiert Sonntagabend seinen Abschluss ebenfalls im Großen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters mit der Verleihung des German Independence Award in den verschiedenen Kategorien und der Weltpremiere des Films „Uppercut“ von Torsten Ruether.

Informationen zum Festival, zu den Filmen und Eintrittskarten gibt es unter www.filmfest-oldenburg.de.

Eröffnungsfilm: Willie and me (D/USA, 2023) Weltpremiere

Regie: Eva Hassmann

Eva Hassmann (Mitte) brachte zur Weltpremiere ihres Films „Willie and me“ auch Cast-Mitglieder zur Eröffnung des 30. Internationalen Filmfests mit nach Oldenburg.

Eva Hassmann (Mitte) brachte zur Weltpremiere ihres Films „Willie and me“ auch Cast-Mitglieder zur Eröffnung des 30. Internationalen Filmfests mit nach Oldenburg.
Foto: Volker Schulze

Die Story: Greta ist die folgsame Hausfrau in einer lieblosen Ehe, in der der Mann sprichwörtlich die Hosen anhat und die Richtung ihres Lebens vorgibt. Schon als Kind liebte sie die Musik von Willie Nelson mit der Sehnsucht nach Abenteuer und Gefühlen. Als sie eines Tages zufällig einen Song der Country-Legende hört, beschließt sie sein letztes Konzert im fernen Las Vegas zu besuchen. Ein abenteuerliches Unterfangen beginnt auf dessen Weg Greta allerhand unliebsame und mitunter skurrile Hürden in Kauf nehmen muss. Aber nichts und niemand kann sie von ihrem Weg abhalten.

Schauspielerin Eva Hassmann, in Oldenburg aufgewachsen und Schauspieldebüt am Oldenburgischen Staatstheater gegeben, spielt in ihrem Regiedebüt in der Hauptrolle die brave, naive deutsche Hausfrau Greta, die allen Mut zusammennimmt, aus ihrem Leben ausbrechen und sich ihren Traum vom Konzertbesuch von Willie Nelson erfüllen will. Zugleich ist es auch ein Ausbruch aus ihrer unglücklichen Ehe. Von Oldenburg nach Hollywood und wieder zurück mit Regiedebüt und Weltpremiere: Ein Stoff aus dem die Träume sind. Zu schön, um wahr zu sein. Eva Hassmann wählt für ihren Film eine wirre Mischung verschiedener Genre von Roadmovie, Komödie, Familiendrama über Love-Story bis zum Slapstick. Eva Hassmann packt viel in diesen Film, zu viel, denn alles wird zusammengewürfelt, aneinandergereiht, angerissen und nicht zu Ende gespielt. Fast jede Szene bedient sich wahllos eines anderen Genres, wie es grad zur Szene passt. Sie nutzt dabei viele Green-Screen-Szenen, bei denen man unsicher ist, ob absichtlich so schlecht gewollt oder nicht besser gekonnt. Auch der unübersehbare, billige Kulissenbau macht diesen Eindruck nicht besser. Amüsant sind einige Szenen schon, aber dafür reicht es nicht. Für die Eröffnung des 30. Filmfests im Staatstheater sicherlich eine gute Idee, auf die Rückkehr einer Oldenburgerin mit Regiedebüt und Weltpremiere zu setzen, denn das Oldenburger Publikum liebt solche Geschichten, was die Zahl der Autogrammjäger bewies und sogar eine ehemalige Lehrerin an den roten Teppich lockte und sich erfeut mit ihrer ehemaligen Schülerin unterhielt.. Leider ist der Plan zumindest in Sachen gelungener Eröffnungsfilm nicht aufgegangen. (vs)

2. Screening
Freitag, 15. September, 16.30 Uhr
theater Hof/19

The form of love (IRN, 2023)

Regie: Siavash Asadi
Weltpremiere

„The form of love“ von Siavash Asadi ist als Weltpremiere beim Oldenburger Filmfest zu sehen. Saina Rohaine (links) und Mahdiar Shamohammadi überzeugen darin besonders als Teenager, die nicht zueinander finden dürfen.

„The form of love“ von Siavash Asadi ist als Weltpremiere beim Oldenburger Filmfest zu sehen. Saina Rohaine (links) und Mahdiar Shamohammadi überzeugen darin besonders als Teenager, die nicht zueinander finden dürfen.
Foto: Filmfest Oldenburg

Die Story: „Der Iran in den frühen 1960ern: Die Welt ist noch ein großer Traum von Freiheit, Übermut und Technicolor, zumindest in den Augen der sechzehnjährigen Atieh. Zusammen mit ihrer Mutter besucht sie Rassoul, einen langjährigen Freund ihres verstorbenen Vaters, in seinem kleinen Dorf und lernt bei Ankunft dessen vierzehnjährigen Sohn kennen. Kamran ist sofort hingerissen von Atiehs Ausstrahlung, und es dauert nicht lange, bis sich die beiden Teenager einander annähern. Kamran entführt Atieh in die bisher unbekannte Welt des Kinos, dessen Helden, Schurken und Abenteuern er bereits mit ganzer Leidenschaft verfallen ist. Am Ende steht eine einschneidende Entscheidung zweier Familien“. (Filmfest)

In langen, ruhigen, wunderschönen Bildern ist es dem Regisseur Siavash Asadi gelungen, eine feine, sensible Geschichte zu erzählen, die als nostalgisch verklärte Hommage an das Kino á la „Cinema Paradiso“ beginnt, sich als rührendes Coming-of-Age Melodrama zweier Teenager weiterentwickelt und in einem Drama mit Familiengeheimnis und dem Versprechen zweier bester Freunde endet. Der Regisseur gibt dem Kinopublikum in seinem Film ausgiebig Zeit und Gelegenheit, in die moralischen Zwänge innerhalb der iranischen Familie mit ihren Normen und Werten und den sich daraus ergebenen Nöten zwischen Tradition und Aufbruch einer neuen Generation einzutauchen und einen intensiven Blick auf die iranische Gesellschaft mit ihrem Patriachart zu gewähren. So pendelt der Film gekonnt zwischen der Liebeserklärung an den Film und der gleichzeitigen Darstellung zweier Familien, die gefangen sind in einem Versprechen und ihrem Geheimnis. Langsam nehmen der Film und die Geschichte Fahrt auf und entwickelt sich zunehmend zu einem Familiendrama, das berührt und mitleiden lässt, mit zwei Teenagern, die nicht zueinander kommen können. Neben dem in allen Rollen stark besetzten und überzeugenden Cast sind die beiden jungen Hauptdarsteller Saina Rohanie (Atieh) in einem beeindruckenden Debüt und Neuentdeckung Mahdiar Shahmohammadi (Kamran) besonders hervorzuheben. (vs)

2. Screening
Sonntag, 17. September, 16.30 Uhr
Casablanca

Charcoal (BRA, 2023)

Regie: Carolina Markowics
Deutschlandpremiere

Der brasilianische Film „Charcoal“ feiert beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg seine Deutschlandpremiere.

Der brasilianische Film „Charcoal“ feiert beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg seine Deutschlandpremiere.
Foto: Filmfest Oldenburg

Die Story: „In einem kleinen Dorf in Brasilien, weit entfernt vom quirligen Leben der Metropole Sao Paulo, versucht die resolute Irene, ihre kleine Familie so gut es geht zusammenzuhalten. Ihr Ehemann tagelöhnert als Köhler, wenn er seinen Lohn nicht gerade in Alkohol umsetzt, während ihr kleiner Sohn Jean sich ein Zimmer mit dem bettlägerigen Großvater teilen muss, der nach einem Schlaganfall durchgehend auf Hilfe angewiesen ist. Und dann taucht eines Tages statt der üblichen Pflegekraft eine Krankenschwester auf, die der Familie ein unmoralisches Angebot für eine endgültige Lösung ihrer Probleme unterbreitet: Weg mit Großvater! Stattdessen soll Miguel in dem kleinen Häuschen einziehen, ein argentinischer Drogenboss, der sich vor der Polizei verstecken muss – aber dafür jede Menge Geld mitbringt. Und einen großen Sack voll Ärger“. (Filmfest)

Carolina Markowics hält den Film in einem Ton, der sich zwischen schwarzer Komödie und aufreibender Spannung bewegt. Sie zeigt ein komplexes Bild der Gemeinschaft – von neugierigen Nachbarn bis zu Priestern, die lieber nicht wissen wollen, was die Menschen in ihrer Gemeinde beschäftigt. Der Film verändert sich langsam und wird zu einem aufgeladenen Drama. Jeder der Protagonisten hat geheime Wünsche, die problematisch werden könnten, wenn sie ans Licht kommen. Neben ihrer unglücklichen Ehe versucht Irene eine Lüge aufrechtzuerhalten, die nach und nach Konsequenzen mit sich bringt und dabei ahnt sie nicht, dass ihr Ehemann selbst etwas vor ihr verheimlicht. Währenddessen nähern sich ausgerechnet der argentinische Drogenboss und ihr Sohn an. Aber immer im Zentrum: Irene, verkörpert von Maeve Jinkings, die mit ihrer starken schauspielerischen Leistung in den meist langen und intensiven Sequenzen beeindruckt. (cb)

2. Screening
Sonntag, 17. September, 19 Uhr
Cine k / Muvi

Frames of Alicia (DNK, 2023)

Regie: Adam Benjamin Mikkelsen
Weltpremiere

„Frames of Alicia“ von Regisseur Adam Benjamin Mikkelsen (Rechts) feiert beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg seine gelungene Weltpremiere. Hauptdarstellerin Tuva Alfredsson überzeugt darin ebenso berührend, wie es auch Kameramann Danijel Bogdanic gelingt, Alicia hautnah und ungeschminkt in Szene zu setzen.

„Frames of Alicia“ von Regisseur Adam Benjamin Mikkelsen (Rechts) feiert beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg seine gelungene Weltpremiere. Hauptdarstellerin Tuva Alfredsson überzeugt darin ebenso berührend, wie es auch Kameramann Danijel Bogdanic gelingt, Alicia hautnah und ungeschminkt in Szene zu setzen.
Foto: Volker Schulze

Die Story: „Die junge Sängerin Alicia ist in Kopenhagen angekommen, um in der dortigen Musikindustrie Fuß zu fassen. Anfangs ist sie ohne Bleibe, so dass sie Kontakte nur zufällig machen kann, was sie offen für Gefahren macht, die lauern bei vermeintlichen und falschen Freunden. Ihre tiefsitzende Traurigkeit deutet auf etwas hin, dem sie entkommen möchte – gefangen zwischen ihrer Gegenwart und Vergangenheit“. (Filmfest)

Adam Benjamin Mikkelsen hat mit seinem Langfilmdebüt einen Film geschaffen, der fast poetisch und zugleich brutal die ersten Tage und Gehversuche der jungen Alicia in der fremden Stadt zeigt. Die Kamera immer dicht an ihr dran, gibt es auch für das Kinopublikum kein Entkommen. Freude, Musik, Alkohol, Einsamkeit und Drama bestimmen ungeschminkt ihren Alltag. Sensibilität und Hoffnungslosigkeit stehen ihrem eisernen Willen entgegen, allein ihres Glückes Schmiedin zu sein mit allen Hoffnungsschimmern und Tiefschlägen. Wie in Kapiteln mit kurzen Blacks zwischen den Szenen, verfolgt das Publikum jeden Versuch Alicias anzukommen und gerät durch den unmittelbaren Blick auf die Protagonistin in direkten Kontakt mit der faszinierenden Hauptdarstellerin Tuva Alfredsson. Mit einem Budget von nur 3000 Euro, nach Auskunft des Regisseurs ohne Förderung mit eigener Kreditkarte gezahlt, ist ein wunderbar frischer und zugleich harter Film entstanden, der berührt und in einigen Szenen für bedrückende Gänsehaut sorgt. Zu verdanken ist diese Nähe und Klarheit auch den improvisierten Dialogen und vor allem dem Kameramann Danijel Bogdanic. „Frames of Alicia“ ist in Oldenburg auf jeden Fall preisverdächtig für den besten Erstlingsfilm und die beste Hauptdarstellerin. (vs)

2. Screening
Samstag, 16. September, 16.30 Uhr
Cine k / Muvi

Im toten Winkel (D, 2023)

Regie: Ayse Polat

Regisseurin Ayse Polat stellt beim Filmfest Oldenburg ihren mystischen Polit-Thriller „Im toten Winkel“ vor.

Regisseurin Ayse Polat stellt beim Filmfest Oldenburg ihren mystischen Polit-Thriller „Im toten Winkel“ vor.
Foto: Volker Schulze

Die Story: „Im Norden der Türkei, recherchiert ein deutsches Dokumentarteam das Verschwinden des Sohnes der kurdischen Mutter Hatice. Konfrontiert mit einer Kultur der Unterdrückung und dem Kampf gegen das Verblassen der Erinnerungen beobachten sie die Rituale kurdischen Lebens, dessen Existenz eine Geschichte von Gewalt und Widerstand ist. Doch als rätselhafte Ereignisse ihre Schatten werfen, verschwimmen die Grenzen der Wirklichkeit und enthüllen einen unheilvollen Tanz aus Paranoia, Verschwörung und geisterhaften Kräften, in dessen Mitte die siebenjährige Melek, Tochter von Zalek, Mitglied einer unheilvollen türkischen Untergrundbewegung, steht“. (Filmfest)

Als „politischen Thriller mit Mysterieelementen“ beschreibt Regisseurin Ayse Polat ihren Film „Im toten Winkel“, der anfangs mit einer Handkamera gefilmt, den Beginn der Dreharbeiten zu einem Dokumentarfilm zeigt und sich dabei schleichend zu einem Thriller entwickelt, in dem die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion verschwimmen, die Spannung zunehmend an Fahrt gewinnt und der Tragödie als brutalen Politthriller freien Lauf lässt. Schonungslos in einen Thriller verpackt, zeigt die Regisseurin den Konflikt der kurdischen Gemeinschaft, ihre Kultur unter der Herrschaft der türkischen Regierung leben zu können. In die Kapiteln erzählt Ayse Polat schonungslos die Geschichte der Dokumentarfilmer, des Vaters Zafer als Opfer eines totalitären Systems und seiner fünfjährigen Tochter Melek, die allesamt zunehmend in den wirren und verstörenden Strudel von Familie, Geheimdienst, Bespitzelung, Verrat, Geister, Gewalt und Mord geraten. Ein starker, bewegender Film ist dabei entstanden, der lange nachhallt. Besonders die Darstellerin der siebenährigen Melek, bei Drehbeginn fünfeinhalb Jahre alt, beeindruckt zutiefst. Nach Auskunft der Regisseurin dauerte das Casting ein Jahr, bis das passende Mädchen für diese schwierige Rolle gefunden wurde. Eine lange Suche, die dem Film eine besondere Hauptfigur schenkt, von der man in Zukunft noch mehr sehen sollte. (vs)

2. Screening
Samstag, 16. September, 21.30 Uhr
Cine k / Studio

Beautiful Friend (USA, 2023)

Regie: Truman Kewley
Weltpremiere

Der amerikanische Film „Beautiful Friend“ feiert beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg seine Weltpremiere.

Der amerikanische Film „Beautiful Friend“ feiert beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg seine Weltpremiere.
Foto: Filmfest Oldenburg

Die Story: Truman Kewley hat einen zutiefst beunruhigenden Schocker gedreht, der seine brütende Bedrohung aus einer an den jungen Gaspar Noe gemahnenden Inszenierung bezieht. Daniel ist ein Incel, der aus seinem unfreiwilligen Zölibat einen allgemeinen Hass auf Frauen kultiviert. Nachts fährt er mit seinem Van durch die Straßen, getrieben von der Sehnsucht nach einer wahren Lebensgefährtin, zerrissen von seiner Verachtung für all die, die sein wahres, gutes Wesen nicht erkennen wollen. Er ist eine tickende Zeitbombe. (Filmfest)

Der Zuschauer erlebt wie Daniel während der Corona-Isolation in seiner Einsamkeit Madison, eine junge Frau, entführt und versucht eine Liebesbeziehung mit ihr zu erwingen. Dabei lässt der Protagonist die Zuschauer mit einem Voice-Over Monolog an seiner Gefühlswelt teilhaben. Nach einer gewissen Zeit verändert sich die Beziehungsdynamik der beiden und in Daniel keimt Hoffnung auf …

Die subtilen Gewaltszenen sind zwar nicht für jedermann geeignet, zeigen aber die großartige schauspielerische Leistung der Protagonisten. Gepaart mit den künstlerischen und tollen Bildaufnahmen ist der Psychothriller definitiv sehenswert.

Allmen und das geheimnis des Koi (D, 2023)

Regie: Sinje Köhler
Weltpremiere

„Allmen und das Geheimnis des Koi“ mit Heiner Ferch (Mitte) in der Hauptrolle feiert beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg seine Weltpremiere.

„Allmen und das Geheimnis des Koi“ mit Heiner Ferch (Mitte) in der Hauptrolle feiert beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg seine Weltpremiere.
Foto: Filmfest

Die Story: „Früher war Allmen ein gelegentlicher Kunstdieb, mittlerweile ist er seriös geworden und beschafft gestohlene Kunstwerke im Dienste des Besitzers zurück. Eher leidlich gelingt ihm damit die Finanzierung seines verschwenderischen Lebensstils, zu dem eine unbändige Spielsucht, eine feine Garderobe und ein eigener Diener gehören, mit dem er die Welt bereist – weshalb er auch mit einer der reichsten Frauen der Schweiz ausgeht. Als er mit ihr auf Teneriffa Urlaub macht, wird er mit einer selbst für seine Verhältnisse ungewöhnlichen Aufgabe konfrontiert: Er soll einen gestohlenen Koi zurückholen, einen hochgezüchteten japanischen Karpfen, der mit einem Wert von 1,5 Millionen Euro durchaus Sammlerpotential aufweisen kann“. (Filmfest)

Diese Fernsehreihe kommt erfrischend unverbraucht und kurzweilig über die Leinwand. Heino Ferch in der Hauptrolle des von Allmen pendelt gekonnt zwischen geistigen, und durchaus amüsanten gedanklichen, Höhenflügen eines Hercules Poirot und den kühnen actionreichen Abenteuern eines James Bond inklusive rasanter Verfolgungsjagd, Drinks und verführerischen Frauen. Pleiten, Pech und Pannen werden mit Augenzwinkern hingenommen und mit flotten Sprüchen und Lebensweisheiten überspielt und sich ins nächste Abenteuer gestürzt. Die Story ist unterhaltsam erzählt und hält einige Wendungen und Überraschungen parat. Die bunte Darsteller/innenriege, mit teils herrlich überzeichneten Figuren, überzeugt auf allen Positionen, gängige Klischees der Reichen und Schönen inklusive. Die Protagonisten/innen spielen sich die Bälle geschickt zu und punkten mit Schlagfertigkeit und Witz in ihren Dialogen. Erwähnenswert ist auf jeden Fall auch die sehenswerte Kameraführung mit schönen Bildern und Blickwinkeln auf Teneriffa und die Szenerie. Diese komödiantische Krimiserie hebt sich für eine Fernsehproduktion durchaus sehr positiv von dem sonstigen Einerlei ab. (vs)

TATORT „Das Wunderkind“ (D, 2023)

Regie: Thomas Stiller
Weltpremiere

Der Tatort „Das Wunderkind“ vom Bayerischen Rundfunk mit Udo Wachtveitl (3. von links) als Kommissar Leitmayr und Regisseur Thomas Stiller (2.von links) feierte beim Filmfest Oldenburg im Casablanca Programmkino seine Weltpremiere.

Der Tatort „Das Wunderkind“ vom Bayerischen Rundfunk mit Udo Wachtveitl (3. von links) als Kommissar Leitmayr und Regisseur Thomas Stiller (2.von links) feierte beim Filmfest Oldenburg im Casablanca Programmkino seine Weltpremiere.
Foto: Volker Schulze

Hier geht es zur Kritik: www.oldenburger-onlinezeitung.de/wunderkind

Little Girl Blue (FRA, 2023)

Regie: Mona Achache

Die Story: „Nach dem Selbstmord ihrer Mutter findet die Filmemacherin Mona Achache Kisten gefüllt mit Erinnerungen, die ihr in dieser Reichhaltigkeit aus tausenden Briefen, Fotos, Ton- und Filmaufnahmen ein enigmatisches und überbordendes Bild von ihrer Mutter Carole im Schatten von Monas Großmutter, der Verlegerin und Schriftstellerin Monique Lange, zeichnen. Der Wunsch, das Leben ihrer Mutter zu entschlüsseln entsteht“. (Filmfest)

Familiengeheimnissen auf der Spur. Gleich zu Beginn des Filmes wird klar – es ist ein langer Weg. Im biografischen Dokumentarfilm „Little Girl Blue“ führt uns Mona Achache auf eine berührende Reise durch das Leben ihrer Mutter. Marion Cotillard brilliert in der Rolle von Mona Achaches Mutter und versteht es meisterhaft, die Emotionen und Erfahrungen dieser Frau von den ersten Begegnungen mit ihrem Ehemann über die turbulenten Zeiten in New York, geprägt von Drogen und Prostitution, bis hin zu ihrem Lebensende auf die Leinwand zu zaubern. (cb)

Heavier Is The Sky (BRA, 2023)

Regie: Petrus Cariry

Foto: Filmfest Oldenburg

Die Story: „Teresa und Antonio treffen sich an ihrem Ziel – einer brasilianischen Stadt, die inzwischen auf dem Grund eines Stausees liegt. Da Teresa gerade ein verlassenes Baby gefunden hat, formen sie eine temporäre Familie. Aber die Umgebung ist erbarmungslos, die Inflation hoch und die einzigen Jobs, die beide finden können, entwürdigend, so dass er letzten Endes seine Hand ausstrecken und sie ihre Beine spreizen muss. Bis die Momente der Frustration und Verzweiflung selbst ihre kleinen, gestohlenen Glücksmomente überschatten“. (Filmfest)

In dem brasilianischen Road Movie erfahren wir nicht genau woher Teresa und Antonio kommen und warum sie überhaupt in ihre Heimat zurückkehren – das ist aber nicht weiter schlimm. Mit den weitläufigen Straßenlandschaften entsteht ein Gefühl von Einsamkeit, Gefahr und Stille. Beide Protagonisten haben unterschiedliche Lebenspläne, können sich dennoch nicht voneinander verabschieden und so bauen sich immer mehr Gefühle der beiden auf. Immer im Fokus: die Versorgung des Babys. Die Wut, das Misstrauen und die Hoffnungslosigkeit der beiden Protagonisten baut sich über den gesamten Film langsam auf und entlädt sich schlussendlich in der letzten Szene …

Passenger C (USA, 2023)

Regie: Cassian Elwes
Internationale Premiere

Regisseur Cassian Elwis (2. von rechts), Produzentin Veronika Ferres (3. von links) sowie Jon Jacobs (3. von rechts) und Cheri Moon (rechts) vom Schauspielcast stellen mit ihrem Team ihren Film „Passenger C“ vor.

Regisseur Cassian Elwis (2. von rechts), Produzentin Veronika Ferres (3. von links) sowie Jon Jacobs (3. von rechts) und Cheri Moon (rechts) vom Schauspielcast stellen mit ihrem Team ihren Film „Passenger C“ vor.
Foto: Volker Schulze

Die Story: „Ein Passagier bringt mit zunehmend aggressiven Verhalten einem Nachtflug nach LA in eine bedrohliche Situation und das Leben von Hollywood-Agent und Produzent Cassian aus dem Tritt. Cassian erklärt sich bereit, den Platz neben Marco, einem Ex-Marine mit einer posttraumatischen Belastungsstörung, einzunehmen, um ihn zu beruhigen. Die beiden Männer kommen sich näher, Cassian definiert seinen inneren Kompass neu. Er beginnt für Dinge zu kämpfen, die bisher keinen Platz in seinem dichtgedrängten Terminkalender hatten. Für ein Projekt namens ‚Dallas Buyers Club‘, an das niemand in Hollywood glaubt und für Marco, dem eine 20jährige Haftstrafe droht“.

Der erfolgreiche Hollywood-Produzent Cassian Elwes erzählt in „Passenger C“ zum ersten Mal seine selbst erlebte Geschichte, die sein bisher streng getaktetes Leben im knallharten Filmgeschäft veränderte. Sein Regiedebüt ist ein starkes Stück Independent-Kino, welches in dem großen Business mit seiner Intensität und Ehrlichkeit wohl sonst keinen Platz gefunden hätte. Mit geringem Budget, privaten Drehorten wie sein eigenes Haus, der Coffee-Shop bei ihm um die Ecke und Protagonisten aus dem Familien- und Freundeskreis, erzählt er feinfühlig eine wahre Geschichte, die spannend ist und berührt. Ihm ist ein intensives Drama gelungen, dass zugleich einen sehr persönlichen und schonungslosen Blick auf die Traumfabrik bietet. Vom Spielfilm mit seiner zunehmen Dramatik an Bord des Flugzeugs und den folgenden Erlebnissen wechselt der Film langsam zu einer Dokumentation über, die die psychische Verfassung über das Erlebte und das anschließende Verarbeiten bedrückend in den Vordergrund rückt. Jon Jacobs bekommt in „Passenger C“ die ehrenvolle Aufgabe, Cassian Elwis zu spielen, eine Rolle, die er bravorös meistert. Den Film in Schwarz-Weiß zu drehen, gibt dem ganzen eine zusätzliche Direktheit, Klarheit und Nähe, wie es auch die Kameraführung meistert, die schonungslos „drauf hält“. „Passenger C“ ist ein weiterer Kandidat für einen der beliebten Awards beim Filmfest Oldenburg. (vs)

Confines (F, 2023)

Regie: Isild Le Besco
Weltpremiere

„Confines“ von Isild Le Besco feierte auf dem 30. Internationalen Filmfest Oldenburg nach der Vergabe des German Independence Honory Award an die französische Schauspielerin und Regisseurin seine Weltpremiere.

„Confines“ von Isild Le Besco feierte auf dem 30. Internationalen Filmfest Oldenburg nach der Vergabe des German Independence Honory Award an die französische Schauspielerin und Regisseurin seine Weltpremiere.
Foto: Filmfest

Die Story: „Der Moment, in dem Emmanuel Macron in einer Videoansprache den Corona-Lockdown verkündet, trifft Zina und ihre Geschwister wie eine Links-Rechts-Kombination. Sie werden nicht nur aus ihrem gewohnten Alltag gerissen, sie sind nun auch Gefangene ihres zu Gewaltausbrüchen neigenden Vaters. Die lauten, oft handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen ihren Eltern sind nichts Neues für sie. Doch der Lockdown liefert sie der Tyrannei ihres Vaters ununterbrochen aus. Es gibt keine Stunden der Sicherheit mehr“. (Filmfest)

Isild Le Besco hat das Thema der häuslichen Gewalt während der Corona-Epidemie zum Thema für ihren neuesten Film gewählt. Wir sehen eine Familie, die gefangen ist in ihrem Haus und versucht, sich mit den gesetzlichen Vorschriften zu arrangieren. Dabei herausgekommen ist ein bedrückendes Familiendrama in klaustrophobischen Bildern, dass schonungslos zwischen fast poetischen Momenten der Unbeschwertheit innerhalb der Familienmitglieder und dem hilflosen Ausgeliefertsein dem brutalen Vater gegenüber pendelt. Herausragend sind in „Confines“ die Leistungen der sehr jungen Darsteller/innen der Kinder, die mit ihrem stetigen Wechsel zwischen kindlicher Unbeschwertheit und kompletter Verstörtheit Überragendes leisten. Die physische und psychische Gewalt des herrischen Vaters lauert permanent im Unterbewusstsein und erzeugt beim Betrachten eine Beklommenheit und Anspannung, die fast unerträglich ist. In den wenigen Momenten des fast paradiesischen Glücks, schlagen die unmittelbaren Wutausbrüche des unberechenbaren Vaters wie ein Orkan auf die Familie und das Kinopublikum nieder. Das Publikum zittert förmlich mit für die Mutter und die Kinder und hofft, dass gezeigte, glückliche Momente nicht unvermittelt zerstört werden.. Mehrmals versucht die Mutter, diesen Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen und alleine und auch gemeinsam mit ihren Kindern zu fliehen und bei Freunden auf dem Land einen Ort der Ruhe und Unbeschwertheit zu finden. Ob es ihr gelingt? „Confines“ ist ein besonderes, filmisches Dokument einer Zeit, die wohl bei allen Menschen mehr oder weniger nachhaltig psychische und physische Spuren hinterlassen hat und niemand noch einmal erleben möchte. (vs)

2. Screening
Sonntag, 17. September, 14.30 Uhr
Cine k / Studio

Geisterfahrt (D, 2023)

Regie: Christine Hartmann
Weltpremiere

Der Tatort „Geisterfahrt“ vom Norddeutschen Rundfunk mit Maria Furtwängler (rechts) und Florence Kasumba feierte beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg seine Weltpremiere.

Der Tatort „Geisterfahrt“ vom Norddeutschen Rundfunk mit Maria Furtwängler (rechts) und Florence Kasumba feierte beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg seine Weltpremiere.
Foto: Filmfest Oldenburg

Die Story: „Während der Feier zum 60. Geburtstag von Kriminaldirektor Liebig rast in der Altstadt von Göttingen ein Pakettransporter in die Menschenmenge und hinterlässt Blut und Chaos in den Straßen. Während die Ärzte im Krankenhaus um das Leben der Verletzten und des Fahrers kämpfen, ergeben sich immer stärkere Widersprüche, was die Motivation der schrecklichen Tat angeht. Unfall oder Amoklauf? Das Kommissarinnenduo Charlotte Lindholm und Anaïs Schmitz stößt bei den Ermittlungen plötzlich auf massiven Widerstand, und das nicht nur bei dem Paketdienst, der den Fahrer beschäftigte. Als sich dann eine weitere Tragödie ereignet, bekommt der Fall eine völlig neue Tragweite“. (Filmfest)

Ein leider aktuelles Thema hat der Norddeutsche Rundfunk (NDR) für den neuesten Fall aus Göttingen aus der Reihe Tatort gewählt, der beim Internationalen Filmfest Oldenburg seine Weltpremiere feierte. Die unmenschlichen Arbeitsbedingungen und der hohe Druck für die Angestellten bei einem Paketdienst, die wie in „Geisterfahrt“ wohl häufig als Subunternehmer vom Subunternehmer arbeiten, lassen das Publikum teilhaben an dem Schicksal des vermeintlichen Amokfahrers, der sein Leben riskiert, um Geld zu verdienen. Die Fäden für dieses schonungslose Geschäft reichen bis in die Geschäftsführung, die in diesem harten Fall alles dafür tut, ihre weiße Weste zu bewahren. Charlotte Lindholm und Anaïs Schmitz müssen bei ihren Ermittlungen erfahren, wie unbeliebt sie sich mit ihren Fragen fragen machen, bei denen es nicht nur um die Aufklärung des schrecklichen Vorfalls geht, sondern auch Licht ins Dunkle der Machenschaften der Paketbranche bringen. Eine neue Dimension erreicht ihr Fall, als sie hinter ein weiteres menschliches und zugleich persönliches Schicksal kommen, das zeigt, dass hinter hellen Fassaden auch viel Schatten ist. Dass die beiden charakterstarken Frauen dabei auch in den eigenen Reihen ihres Kommissariats reichlich Staub aufwirbeln und mehr erfahren müssen als ihnen lieb ist, lässt Lindholm und Schmitz erneut auch persönlich aneinandergeraten aber am Ende dieses bewegenden Falls doch wieder zueinanderfinden. (vs)

Maestra (USA, 2023)

Regie: Maggie Contreras
Deutschlandpremiere

Regisseurin Maggie Contreras (rechts) und Produzentin Melanie Miller begeisterten das Kinopublikem mit ihrem berührenden und spannenden Dokumentarfilm „Maestra“ beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg.

Regisseurin Maggie Contreras (rechts) und Produzentin Melanie Miller begeisterten das Kinopublikem mit ihrem berührenden und spannenden Dokumentarfilm „Maestra“ beim 30. Internationalen Filmfest Oldenburg.
Foto: Volker Schulze

Die Story: Weltweit gibt es bei großen Orchestern gerade einmal drei Prozent weibliche Dirigentinnen. Das ist erschreckend zu sehen, weil wir es gewohnt sind, weibliche Musiker zu sehen und dabei vergessen, dass das der Taktstock aber fast immer in den Händen eines Mannes ist. Dieser Dokumentarfilm begleitet fünf Dirigentinnen aus verschiedenen Ländern bei einem Wettbewerb in der Pariser Philharmonie, den es seit 2020 alle zwei Jahre gibt. Der Sieg kann die ganz große Karriere in einer Männerdomäne bedeuten. Die Regisseurin gewährt zugleich einen Blick hinter die Kulissen des Geschäfts und sehr private Einblicke in das Leben von fünf Teilnehmerinnen.

„Maestra“ ist mehr als nur ein beeindruckender und wichtiger Dokumentarfilm über den einzigen Wettbewerb für Dirigentinnen weltweit und ihre individuellen Vorbereitungen darauf. Dieser berührende Film zeigt auf sehr persönliche Weise fünf Frauen und ihre Gedanken und Gefühle, die mit ihrer völlig unterschiedlichen Sozialisation in ihren Heimatländern ihren ganz eigenen Stil entwickelt haben zu dirigieren. Wie wichtig neben dem Können auch die Persönlichkeit und damit das Zusammenspiel zwischen Dirigentin und Orchester nicht nur in dem Wettbewerb ist, zeigt die Regisseurin auf zutiefst persönlicher Art. Wie die fünf Frauen sich ihr abseits des Wettbewerbs mit dem fast intimen Blick in ihr Privatleben und damit auch dem Kinopublikum öffnen, ist sehr spannend und bewegend. Die Frauen wissen, dass sie nicht alle gewinnen können, aber zu sehen, wie sie statt als Konkurrentinnen als Gemeinschaft antreten und wachsen und auch in der Niederlage für eine gemeinsame Sache stehen, macht diesen Film so besonders und liebenswert. Alle 14 Teilnehmerinnen treten gemeinsam in einem Feld an, in dem Gleichberechtigung längst überflüssig ist. „Maestra“ schafft es durch die direkte Nähe zu ihnen, dass sich das Kinopublikum emotional mit ihnen in Freud und Leid identifiziert und während des Wettbewerb vor der strengen Jury mit jedem Weiterkommen bis zum Finale mitfiebert. Zugleich kommt das Kinopublikum in den Genuss, den Frauen ganz nah beim Zelebrieren ihres Könnens zuzuschauen und zu erleben, wie sie im Einklang mit dem Orchester großartige Musik entstehen lassen. (vs)

Hier geht es zum Abschlussartikel: www.oldenburger-onlinezeitung.de/filmfest-ende

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