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Breitbandausbau: Stau auf der Datenautobahn

Gert Stuke, IHK-Präsident, Johann Wimberg, Landrat des Landkreises Cloppenburg, Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Sven Ambrosy, Landrat des Landkreises Friesland, und Moderator Uwe Haring sprachen über den Breitbandausbau in Niedersachsen.

Gert Stuke, IHK-Präsident, Johann Wimberg, Landrat des Landkreises Cloppenburg, Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Sven Ambrosy, Landrat des Landkreises Friesland, und Moderator Uwe Haring (von links) sprachen über den Breitbandausbau in Niedersachsen.
Foto: Anja Michaeli

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Oldenburg (am/zb) – „Im Schneckentempo über die Datenautobahn – wird der ländliche Raum beim Breitbandausbau abgehängt?“, so überschrieb die Oldenburgische Industrie- und Handelskammer (IHK) ihre „Regionale Breitbandkonferenz“ in Oldenburg, für die sich rund 80 Unternehmer aus dem Kammerbezirk interessierten.

„Ohne Digitalisierung geht es nicht. Wenn nichts passiert, sitzen wir bald alle vor schwarzen Bildschirmen“, erklärte IHK-Präsident Gert Stuke. „Deshalb muss das Internet so schnell wie möglich ausgebaut werden.“ Er riet dazu, die Umsetzung selbst in die Hand zu nehmen zum Beispiel in Form genossenschaftlicher Modelle. „So machen wir aus Betroffenen Beteiligte.“

Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies drückt ebenfalls aufs Tempo, weil er befürchtet, dass irgendwann die ersten Unternehmen abziehen, weil sie ihre Geschäftsmodelle nicht mehr verwirklichen können aufgrund der nicht vorhandenen Breitbandanbindung. Das betrifft vor allem die Flächen, wo sich zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen angesiedelt haben.

Tatsächlich läuft es in den Zentren besser, weil Telekommunikationsbetreiber dort Geld verdienen können. Je ländlicher es wird, desto miserabler das Geschäft und desto größer die Probleme. „Leistungsfähige Netze sind unverzichtbare Voraussetzung für die Nutzung der Digitalisierung. Und sie sind die Chance für die ländliche Region im Wettbewerb um Arbeitsplätze“, sagt Lies und hofft, dass das Bundeskabinett in dieser Woche entsprechende Beschlüsse fasst, an denen das Land Niedersachsen maßgeblich mitgewirkt hat, um derartige Notstände zu beseitigen. „Dabei ist die Frage ob es morgen 30 oder 50 Mbit/s sind zweitrangig. Am Ende der Entwicklung wird in wenigen Jahren das Ziel stehen, dass der Glasfaserausbau bis ins Haus realisiert wird. Das können wir nicht zentral aus Hannover umsetzen, darum haben wir den Breitbandausbau in Niedersachsen ‚regionalisiert‘. Es werden derzeit verschiedene Modelle verfolgt: das Betreiber- und das Wirtschaftlichkeitslückenmodell, aber auch eine Umsetzung als genossenschaftliche Lösung wäre denkbar“, so Lies. Das Land stellt für den Ausbau des schnellen Internets in den kommenden Jahren 120 Millionen Euro Fördermittel bereit. Durch den Bund werden zusätzliche Fördermittel in Höhe von mehr als 200 Millionen Euro für Niedersachsen zur Verfügung stehen.

Das hört sich nach viel Geld an, doch fragt man die Landkreise, die sich jetzt des Themas notgedrungen annehmen, reichen die Fördermittel nicht aus. Dennoch haben von 38 Landkreisen in Niedersachsen bereits 27 eine Planung zum Breitbandausbau. In den Landkreisen Cloppenburg und Friesland ist man schon weiter.

Wirtschaftlichkeitslückenmodell

Cloppenburgs Landrat Johann Wimberg berichtete gestern vom Wirtschaftlichkeitslückenmodell, für das sich der Landkreis entschieden hat. Ein Hauptargument sind die immensen Kosten, mit denen sich der Landkreis nicht belasten will.

Hierbei wird ein Vertrag zwischen einem Telekommunikationsunternehmen und dem Landkreis geschlossen. Der beteiligt sich mit einem Zuschuss, um die Wirtschaftlichkeitslücke des Telekommunikationsunternehmens zu schließen. Am Ende gehört dem Unternehmen das Netz.

Betreibermodell

Der Landkreis Friesland zieht das Betreibermodell vor und Landrat Sven Ambrosy spricht von einer riesigen Chance für den ländlichen Raum, weil ein schnelles Internet die Geografie aufhebt und der Landkreis mehr Möglichkeiten hat, raumordnerisch zu lenken, weil ihm am Ende das Netz gehört.

„Wir entfernen uns etwas vom Schneckentempo“, meint Lies, der mit der Schwerfälligkeit des Bundes seine Probleme hat. „Breitbandausbau hat schließlich eine Menge mit Standortattraktivität zu tun und wenn es so weitergeht wie jetzt, ist der ländliche Raum klar benachteiligt. Genau das will Niedersachsen als Flächenland verhindern.“

IHK-Umfrage zur Breitbandanbindung

Regionale Breitbandkonferenz in Oldenburg

Im Vorfeld der Konferenz hatte die Oldenburgische IHK rund 5000 Unternehmen aus dem Oldenburger Land zum Thema Breitbandversorgung befragt. Es beteiligten sich 440 überwiegend Kleinunternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern (61 Prozent) und kaum Großunternehmen (4 Prozent) an der nicht repräsentativen aber tendenzaussagenden Umfrage. Daraus wird geschlossen, dass kleine und mittlere Unternehmen die größten Probleme mit ihrer Anbindung haben. Insgesamt hat die Breitbandanbindung für 66 Prozent der Befragten eine große Bedeutung und 62 Prozent sind zurzeit nicht zufrieden. 80 Prozent der Unternehmen benötigen einen Internetzugang von mehr als 50 Mbit/s, 41 Prozent davon mehr als 100 Mbit/s.

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2 Kommentare

  1. Dirk
    22. Oktober 2015 um 10.14 — Antworten

    Wieso nur der ländliche Bereich?

    Es gibt immer noch ganze Straßenzüge mitten in Oldenburg welche als Maximum eine DSL2000er Leitung haben. Da kann man nicht wirklich von „Breitband“ reden.

    • Redaktion
      22. Oktober 2015 um 10.52 — Antworten

      Das sehen wir auch so. Für unser Büro in der Bremer Straße 9 mussten wir Kabel Deutschland bemühen. Diese Konferenz ist als Auftakt zu verstehen, wir bleiben gespannt.

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