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Kommentar: Ökologischer Wahnsinn

Selbst Verbraucher, die bereit sind, auf Produkte mit Mikroplastik zu verzichten, werden vor eine große Hürde gestellt.

Selbst Verbraucher, die bereit sind, auf Produkte mit Mikroplastik zu verzichten, werden vor eine große Hürde gestellt.
Foto: Stephan Glinka / BUND

„Mikroplastik umhüllt uns“, gibt Almut Kottwitz, Staatssekretärin im Niedersächsischen Umweltministerium, zu bedenken. Trotz dieses Wissens passiert rein gar nichts in Deutschland. Die Industrie reichert zahlreiche Produkte, vor allem im kosmetischen Bereich aber auch bei Textilien, mit Mikroplastik an, obwohl das laut Experten nicht erforderlich ist. So landen die unsichtbaren Gifttransporter täglich in unserem Ökosystem und eben auch in den Körpern von Menschen und Tieren.

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Weil wir die Meere als Mülldeponie betrachten, sind sie schon mit Plastik in allen Varianten angereichert. Das heißt, u.a. auch Fische und Muscheln sind längst belastet, und damit ist Mikroplastik auch in unserer Nahrungskette angekommen. Und weil wir massenhaft Duschgel, Shampoo oder Zahnpasta mit Mikroplastik benutzen und Kleidung aus Fleece tragen, gelangt das Gift ins Abwasser und muss mit teurer Technik in Kläranlagen, die der Verbraucher übrigens über seine Gebühren finanziert, gefiltert und gelagert werden. Denn Plastik ist nicht abbaubar, überlebt alle und alles. Dass es demnächst im Grundwasser auftaucht, scheint also nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Selbst Verbraucher, die bereit sind, auf Produkte mit Mikroplastik zu verzichten, werden vor eine große Hürde gestellt. Denn auf den Verpackungen steht keineswegs der Begriff Mikroplastik. Dann könnte der Verbraucher schnell reagieren und das Shampoo durch ein anderes ersetzen, das frei von Mikroplastik ist. Stattdessen müssen wir uns auf die Suche nach Begriffen wie Polyethylene, Polypropylene, Polyethylenterephthalate oder Polymethylmethacrylate machen, die man kaum lesen, geschweige denn aussprechen kann.

Was soll das, fragt man sich, und warum guckt die Politik tatenlos zu? Da ist von Verbraucherschutz die Rede und es gibt auf Landes- und Bundesebene sogar ein Verbraucherschutzministerium, doch niemand unternimmt etwas gegen dieses ökologische Desaster, obwohl der OOWV und andere schon längst Alarm geschlagen haben. Der BUND beispielsweise informiert auf seiner Homepage umfassend über diesen Skandal und gibt den Verbrauchern wertvolle Tipps an die Hand.

Doch irgendwann resigniert der Verbraucher, weil er nicht mehr durchblickt oder ausgestattet mit Listen und Lupen seinen Supermarkt betreten und bei vielen Produkten minutenlang kontrollieren muss, welche Gifte sich in welchen Produkten verstecken. Wer hat dafür Zeit? Genau darauf setzt die Industrie und amüsiert sich vermutlich über das politische Schneckentempo. Zu verstehen ist diese Tatenlosigkeit nicht.

Ein Kommentar von Katrin Zempel-Bley.

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2 Kommentare

  1. Michael Reins
    5. Dezember 2014 um 17.20 — Antworten

    Um diese Dinge in den Griff zu bekommen, die man einst so fortschrittlich fand, sollten gerade die Dinge nochmals recht zügig überdacht werden, die z.B. von der Öko-Partei der Grünen hervorgebracht wurde.
    Hier denke ich ganz besonders an den ökologischen Unsinn der PET-Flaschen. Sie werden nur einmal verwendet und gehen dann automatisch bei der Abgabe in die Presse. Die Begründung dafür ist ebenso einfach wie auch unsinnig: Die PET-Flasche hat für den Verbraucher den Vorteil, das diese Flaschen leichter sind. Dumm nur ist dabei, das ganz besondere Aspekte überhaupt keine Berücksichtigung finden:
    a) es wird sehr viel Energie mehr benötigt um die PET-Flaschen herzustellen, die nach Vorbehandlung dem „Müll“ zuzuführen um dann unter extremen Energieaufwand z.B. Fleecejacken , Recycling-Möbel u.ä. daraus herzustellen.
    b) Flasche hingegen werden 10-15 Mal verwendet; also auch weniger Energieaufwand. D
    er größte Humbug ist dann das Pfandsystem, das vom Ober-Öko Trittin eingeführt wurde und an Sinnlosigkeit gar nicht zu übertreffen ist.
    c) dazu kommt noch der gesundheitliche Aspekt bei Getränken in PET-Flaschen; die nämlich lassen den Stoff Antimon in die Flüssigkeiten und sind hochtoxisch. Schädigungen des Magen-Darm-Traktes sowie die Symptome einer Arsenvergiftung sind keine Seltenheit.
    Nun haben wir also neben den PET-Flaschen auch noch die Produkte die in der Folge hergestellt werden, die ökologisch nicht vertretbar sind – wie eben auch alle möglichen Zusätze aus Mikrokörpern aus Kunststoffen. Wenn man einem Peeling gereinigten Sand zu gäbe, wäre das Ergebnis nicht anders; entscheidend ist da wohl die Größe der Sandkörner.
    Grundsätzlich müssen wir also davon ausgehen, das die Deklarationspflicht sehr viel mehr bringen muß als man heute darunter versteht. Viel tragischer ist, das man vorab schon bestehende Höchstgrenzen einfach nach oben verschiebt, um die Deklaration von dem einen oder anderen Stoff verhindert.
    So ist es bei Lebensmitteln in denen Dinge sind, die man besser nicht wissen will und dann natürlich in alledem, was sonst noch beigefügt wird und wir früher oder später selbst aufnehmen – Poliermittel in der Zahnpasta sind doch da schon ein gutes Beispiel.
    Ein Grund mehr warum mir das Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada schon Sorgen macht. Es wird also nichts besser werden, ganz im Gegenteil. Viel schlimmer ist aber nun einmal, das der Verbraucher – im Gegensatz zu einigen Aussagen – eben nicht entscheiden kann ob der kauf von diesem oder jenem Produkt wohl besser wäre.

  2. Peter Meiwald MdB
    9. Dezember 2014 um 12.02 — Antworten

    Danke für den guten Artikel über Mikroplastik. Es stimmt, dass die derzeitige Bundesregierung nicht auf diese neue Gefahr für die Umwelt reagiert. Wir Grüne sind aber bereits seit langem der Auffassung, dass hier gehandelt werden müsste. Es ist nicht hinnehmbar, dass wir die Umwelt gewollt mit Mikroplastik belasten, indem es Produkten wie Peelings oder Zahnpasta absichtlich beigemischt wird. Die Meere sind schon viel zu voll mit Plastikmüll, da braucht es wirklich nicht noch mehr.
    Mikroplastik gelangt ins Abwasser, wird von den Kläranlagen nicht komplett herausgefiltert, und gelangt so in die Flüsse und Meere. Ich habe hierzu im Mai unter dem Titel „Mikroplastik: Harmloser Zwerg oder unsichtbare Gefahr?“ (http://www.peter-meiwald.de/mikroplastik-in-kosmetika-harmloser-zwerg-oder-unsichtbare-gefahr/) eine Fachveranstaltung durchgeführt, und unbefriedigende Antworten der Bundesregierung erhalten, wie sie das Problem einschätzt und nun dagegen vorgehen wird (http://www.peter-meiwald.de/guten-appetit-plastik-statt-frischem-fisch-auf-den-tisch/). Dieses führte zu einem Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Bundestag mit dem Titel „Freisetzung von Mikroplastik beenden“, der sich derzeit in der Abstimmung befindet, aber bereits im Januar in die Beratung kommt.
    Ich gehe davon aus, dass die Große Koalition von SPD und CDU/CSU unseren Grünen Antrag ablehnen wird, der die Bundesregierung auffordert, mehr gegen Mikroplastik in Kosmetika und Reinigungsmitteln zu unternehmen. Es gibt aber bereits einige gute Zeichen. Aufgrund des Drucks der Grünen, der Umweltverbände und der Verbraucherorganisationen verzichten immer mehr Hersteller freiwillig auf das Zusetzen von Mikroplastik. Dennoch denken wir: Freiwilligkeit reicht nicht aus, die Regierung müsste endlich handeln.

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