Politik

Bundestagswahl: Fragen an Ingrid Brettschneider (ÖDP)

Die Teilnehmer der Kundgebung haben ihre Fragen an die Politiker gestellt.

Die Teilnehmer der Kundgebung haben ihre Fragen an die Politiker gestellt.
Foto: Anja Michaeli

Oldenburg (am/pm) Im Rahmen der letzten Kundgebung der Bürgerbewegung Pulse of Europe am 10. September in Oldenburg, konnten die Anwesenden Fragen an die acht Direktkandidaten zur Bundestagswahl formulieren. Davon machten zahlreiche Teilnehmer Gebrauch und stellten spezielle Fragen an die einzelnen Kandidaten oder allgemeine Fragen an alle. Ingrid Brettschneider von der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) hat geantwortet.

Anzeige

Persönliche Stärken

In welchen zwei Themen kennen Sie sich so gut aus, sodass Ihnen niemand etwas vormachen kann? Welche Ideen haben Sie für die Entwicklung Deutschlands und der EU auf diesen Gebieten?

In meinem aktiven Berufsleben habe ich als Diplom-Betriebswirtin in zwei international operierenden Konzernen gearbeitet. Die Verflechtungen und auch Interessen von Konzernen sind mir bekannt. Ich stehe für faire Handelsabkommen und nicht für Freihandelsabkommen, wie sie mit TTIP, CETA, TiSA und JEFTA eine große Benachteiligung darstellen. Die im geheimen verhandelten Freihandelsabkommen werden nicht – wie behauptet – neue Arbeitsplätze schaffen. Auch schaden sie der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und gefährden unsere hohen Umwelt- und Sozialstandards. Wir müssen verhindern, dass Staaten von Unternehmen vor privaten Sondergerichten verklagt werden können. Weiterhin gilt es, das Wettbewerbsrecht zu verschärfen, um Mega-Fusionen zu erschweren. Auf diesen Gebieten müssen Deutschland und die EU eine Kehrtwende ihrer bisherigen Politik vornehmen.

Ehrenamtlich engagiere ich mich im Wirtschaftsforum Bad Zwischenahn. Ziel ist es, regionale und inhabergeführte Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit und damit Existenzsicherung zu stärken. Ein gesunder Mittelstand in unserer Region ist von Vorteil für alle.

Europäische Gemeinschaft statt nationale Interessen

Wie kann es mit der EU weitergehen? Vor allem, wie kann man das nationale Interesse einschränken?

Die EU muss endlich einen Weg zur Gemeinsamkeit finden, ohne das nationale Interessen eingeschränkt werden. Verhandlungen sind ein Weg aber auch Ausschluss von Ländern, die nicht mitgehen wollen.

Wie wollen Sie Europaskepsis begegnen und die Akzeptanz der europäischen Integration erhöhen?

Der Europaskepsis kann man schlecht etwas dagegen setzen. Man kann Europa nicht schön reden – wo nichts schön zu reden ist. Die Akzeptanz für die europäische Integration wird sich nicht verändern – weil es keine gibt (bis auf einige Ausnahmen).

Was kann Deutschland noch mehr dafür tun, dass die Staaten der EU besser zusammenhalten?

Deutschland hat schon zu viel gemacht. Nichts kann man im Augenblick tun.

Was wird getan für ein gemeinsames Europa?

Nichts wird getan, außer große Reden gehalten.

Welche Möglichkeit sehen Sie, die älteren Generationen von den Vorteilen von Europa zu überzeugen?

Die ältere Generation kann man ganz schlecht überzeugen – weil es sie nicht interessiert.

Was will ihre Partei unternehmen, um rechtspopulistische Bewegungen in Deutschland und anderen Ländern Einhalt zu gebieten?

Nach vielen Kriegen zwischen den Völkern Europas hat sich die Europäische Union aufgemacht, Freiheit, Demokratie und Frieden zu sichern. Uns in der ÖDP sind die Grundhaltungen sowohl rechts- als auch linksradikaler Gruppierungen fremd und mit unserem Grundsatzprogramm nicht vereinbar. Wir wenden uns entschieden gegen jegliche faschistische Tendenzen und verurteilen jede Gewalt gegen ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger oder deren Einrichtungen sowie gegen Minderheiten aufs Schärfste.

Ingrid Brettschneider.

Ingrid Brettschneider.
Foto: privat

Die ÖDP geht nicht den Weg bequemer Kompromisse oder gar einfacher, platter Antworten. Wir treten konsequent für die streitbare Demokratie und die Erhaltung der ökologischen und sozialen Lebensgrundlagen ein und für Abwehrbereitschaft und -fähigkeit gegenüber den Zerstörern des freiheitlichen Rechtsstaats. Das ist eine immerwährende Aufgabe, die Wachsamkeit, Entschlossenheit und Mut erfordert. Und es ist eine vordringliche Aufgabe von Erziehung und Bildung auf allen Ebenen!

Politikverdrossenheit, Bürgernähe

Was wollen Sie unternehmen, damit die Politikverdrossenheit in unserer Gesellschaft verringert wird? Könnte es eventuell an der bisherigen Politik „für alle“ gelegen haben?

Die Politikverdrossenheit ist schwer zu ändern – es gibt mehr Wutbürger als man denkt.

Was bedeutet für Sie „Bürgernähe“ auf europäischer Ebene?

Bürgernähe auf europäischer Ebene wären – Volksentscheide.

Was wollen Sie unternehmen, um wieder mehr junge Menschen für die Politik / den europäischen Gedanken zu begeistern?

Die jungen Menschen in Europa sind sehr aktiv und die muss man nicht mehr begeistern –denn das sind sie schon.

Sonderrollen und Sonderreglungen innerhalb der EU

Warum darf Polen so eine unsolidarische Europa-Politik betreiben? Was wollen Sie dagegen unternehmen?

Polen muss die EU verlassen bis sie wieder zur Demokratie zurückgekehrt sind.

Das „Schengen Abkommen“ muss umgesetzt werden! Warum darf sich der Balkan „abgrenzen“ und somit Europa?

Und das Schengen Abkommen muss trotz Widerstand umgesetzt werden.

Europa-Politik

Welche Konzepte haben Sie, um auf europäischer Ebene ökologisch verantwortlich zu handeln?

Diese Frage betrifft die Kernkompetenz der ÖDP. Die europäische Politik muss sich im Bewusstsein der Verantwortung für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen einsetzen. Die ÖDP steht für eine Wirtschaftsordnung, die ökologisches, soziales und gemeinwohlorientiertes Handeln fördert.

Auch auf europäischer Ebene herrscht derzeit die weltweit wirksame neoliberale Ideologie vor, die auf Wirtschaftswachstum, hohe Kapitalrenditen und die Selbstregulierungsmechanismen der Märkte setzt. Wohin das führt, kann man an den Umweltzerstörungen ebenso ablesen wie an den wiederkehrenden Finanzmarktkrisen.

Daher fordert die ÖDP eine Wirtschaftsform ohne Zwang zu ständigem Wachstum. Sie bekennt sich in wesentlichen Teilen zur Idee der Postwachstumsökonomie, die vom Grundsatz „Weniger ist mehr!“ geleitet wird. Wir wollen mit weniger materiellem Aufwand mehr Lebensqualität erreichen.

Deutsche Politik

Was wollen sie gegen die soziale Ungerechtigkeit innerhalb unseres Landes real unternehmen?

Die Armen werden immer ärmer und die Reichen immer reicher. Der Mindestlohn muss weg und es darf keine Zeitarbeitsverträge mehr geben. Wer arbeitet und Leistung erbringt, muss vernünftig bezahlt werden. Die Agenda 2010 ist daran nicht unschuldig. Diese Agenda muss weg oder so verbessert werden, dass die arbeitende Bevölkerung wieder am Wirtschaftsboom mit partizipiert.

Wann wird endlich etwas gegen den hohen CO2- und Feinstaub-Ausstoß getan?

Dieselfahrzeuge müssen vermindert werden und aus den Städten verbannt werden, sofern die technischen Mängel nicht beseitigt werden. Hier steht die Automobilindustrie in der Verantwortung. Ausserdem kann man mehr Lastentransporte auf die Schiene verlagern. Keine Kohlekraftwerke.

Was wollen sie unternehmen, um preiswertere Wohnungen zu schaffen?

Der Bund muss verpflichtet bleiben, neben den Ländern den sozialen Wohnungsbau zu fördern. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten und Maßnahmen die hier ergriffen werden müssen. Zum Beispiel: Das Schließen von Baulücken, Nutzung von ehemaligen militärischen Liegenschaften, Sanierung von leer stehendem Wohnraum, Altbausanierung und Dachgeschossausbauten.

Wie sollen die Renten für die junge Generation bezahlt werden? Rente erst ab 70?

Rente ab 70 nein – es gibt Berufsgruppen die maximal bis 60 bis 65 Jahre arbeiten können. Wer einen Beruf hat, der das zulässt, kann es ja freiwillig machen. Wenn alle in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen würden, wäre das kein Problem.

Was halten sie davon, die Kleinunternehmerreglung nach §19, Abs. 3 Umsatzsteuergesetz zu reformieren? Denn bei einer Grenze von 17.500 Euro kann keine Ein-Mann-Firma langfristig hauptberuflich leben. Diese Gesetzeslage ist seit 20 Jahren unberührt.

Die Kleinunternehmerregelung ist längst überholt und müßte auf 25.000 bis 30.000 Euro hochgesetzt werden.

Was sind Sie bereit zu geben, um eine bessere Integration von geflüchteten Menschen zu gewährleisten?

Eine bessere Integration von geflüchteten Menschen kann ich nicht geben, sondern hier muss der Geflüchtete mit beitragen und wollen. Ich kann hier nur ehrenamtlich mitarbeiten.

Wie kann die Beherrschung der Politik durch Lobbyisten verhindert werden?

Alle Lobbyisten müssen aus Berlin verbannt werden, damit die Politik nicht abhängig wird.

Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender

Werden Sie sich dafür einsetzen, das Trans*menschen eine Namens- und Personenstandsänderung leichter durchführen können?

Ja.

Die „Ehe für alle“ schließt aktuell Menschen ohne Geschlechtseintrag aus. Werden Sie sich dafür einsetzen, dies zu ändern?

Ja.

Werden Sie sich für die Stärkung von Rechten für LGBT+-Personen einsetzten?

Vielleicht.

Sonstige

Wer ist schlimmer? Erdogan, Putin oder Trump?

Sind alle drei keine guten politischen Partner.

Was halten Sie von einer Vereinbarung unter allen Parteien, sich von verbalen Entgleisungen abzugrenzen?

Sehr viel.

Warum Rot-Rot-Grün? Nicht, weil sie sich alle so grün sind, sondern besser aufeinander aufpassen, denn sie haben alle schon Fehler gemacht, dass Dinge durchgingen, die so nicht okay sind.

Ich möchte keine rot-rot-grüne Regierung in Berlin.

Vorheriger Artikel

Creative Oldenburg: Erster Award für Modelabel Lotikova

Nächster Artikel

Bundestagswahl: Fragen an Peter Meiwald (Grüne)

Keine Kommentare bisher

Einen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.