Vom Landwirt zum Mode-Geschäftsführer
Oldenburg (zb) Er hat den Zweiten Weltkrieg erlebt und die Zeit danach, in der es an allem fehlte, und doch fällt Kurt Müller-Meinhards Lebensrückblick positiv aus.
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„Aus meinem Leben“ lautet sein jetzt vorgelegtes Buch, das vor allem ein sehr persönliches Geschichtsbuch ist. Er schildert seine Kriegserlebnisse als Kind, erinnert sich daran, dass er auf den Äckern Granatsplitter gesammelt und verkauft hat, wie die Menschen zusammengehalten haben und das Leben trotz der Not durchaus schön war.
1933 wurde Müller-Meinhard in Neustrelitz geboren. Sein Vater arbeitete als Rechtsanwalt in der Bank, wurde 1945 auf offener Straße verhaftet, seine Mutter und die Geschwister mussten das Haus räumen und machten sich zur Großmutter nach Tossens auf.
Einschneidend war die Nachricht vom Tod seines älteren Bruders, der mit 19 Jahren an der Westfront starb. Der 80-Jährige erinnert sich vor allem an seine Mutter, die plötzlich ganz still war. „Wir Kinder wollten sie trösten, aber es gab kein Mittel gegen ihre Trauer“, erzählt er bei seiner Buchvorstellung. Wechselbäder der Gefühle hat Müller-Meinhard in der Nachkriegszeit häufiger erlebt. Auch als seine Familie 1950 in Tossens die Nachricht erhält, dass der Vater lebt und in Kürze kommen würde. „Es war eine Zeit noch nie erlebter seelischer Bewegung“, beschreibt er seinen damaligen Zustand.
Sein Vater erreichte Tossens und war von der russischen KZ-Haft gezeichnet. „Der Nordenhamer Rechtsanwalt und Notar Rodiek verhalf ihm ins Berufsleben zurück. Er suchte eine Urlaubsvertretung“, erinnert sich Müller-Meinhard. Er selbst begann 1948 eine landwirtschaftliche Lehre bei Gustav Francksen an der Butjadinger Straße 45 in Klein-Tossens. Danach ging er auf den 50 Hektar großen Hof Potenburg von Dietrich Bruns am Tossener Altendeich. Von dort wechselte er zu Gustav Herbers in Seeverns in Butjadingen. „Den Hof gibt es heute noch“, berichtet Müller-Meinhard. „Er wir in der vierten Generation bewirtschaftet und hat heute über 300 Hektar.“
Kurt Müller-Meinhard, der 1951 seine Ausbildung vor der Landwirtschaftskammer Weser-Ems abschloss, schrieb Anfang der 1950er Jahre nebenbei für die Kreiszeitung Wesermarsch. Eine kleine Auswahl seiner Artikel ist im Buch abgebildet. Noch heute schwärmt er von seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit und vor allem von Butjadingen und der großen Nähe zur Natur, wo er bis heute seine Freunde hat.
1952 wechselte er als zweiter Verwalter auf das Gut Wahnbek bei Oldenburg. 1953 lernte er seine Frau Marianne kennen, deren Eltern das heutige Modehaus Bruns in Oldenburg betrieben. Weil bald klar war, dass er Marianne heiraten würde, begann er 1953 eine Lehre als Textilkaufmann in Kassel, die er wie seine landwirtschaftliche Lehre mit „Auszeichnung“ bestand, worüber die KZW 1955 berichtete. Er brachte es bis zum Geschäftsführer von Männermoden Bruns und ist dem Unternehmen, das mittlerweile seine Töchter leiten, bis heute eng verbunden.
„Mein Leben ist eine Geschichte mit Höhen und Tiefen, die mir allerhand abverlangt hat, aber ich erinnere mich gerne, vor allem an Tossens“, sagt er. Sein Buch zeigt, wie sich in nur wenigen Jahrzehnten die Welt rasant verändert hat. „In der Landwirtschaft wurde damals fast alles mit der Hand gemacht“, erinnert er sich. „Heute wäre das undenkbar.“ Auch im Modehaus hat sich unter seiner Leitung allerhand getan. Bis heute engagiert sich der 80-Jährige ehrenamtlich und fährt regelmäßig nach Tossens zum Grab seiner Eltern und Großeltern.
Das mit zahlreichen Fotos bebilderte Buch „Aus meinem Leben“ ist im Isensee Verlag, ISBN978-3-7308-1041-5, erschienen.
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