Geschichte

Stallmeister lüftet Privates über Oldenburger Herzog

Verleger Florian Isensee, Direktor des Oldenburger Stadtmuseums Dr. Friedrich Scheele, Autor Udo Elerd, Landschaftspräsident Thomas Kossendey und Dr. Michael Brandt, Geschäftsführer der Oldenburgischen Landschaft, während der Buchvorstellung Aus einem Reiterleben vor dem Bild von Emil Volkers. Es zeigt den Stallmeister Friedrich Rumpf.

Verleger Florian Isensee, Direktor des Oldenburger Stadtmuseums Dr. Friedrich Scheele, Autor Udo Elerd (hintere Reihe, von links), Landschaftspräsident Thomas Kossendey (links) und Dr. Michael Brandt, Geschäftsführer der Oldenburgischen Landschaft, vor dem Bild von Emil Volkers. Es zeigt den Stallmeister Friedrich Rumpf.
Foto: Katrin Zempel-Bley

Anzeige

Oldenburg (zb) – Geschichtsschreibung über die Oldenburger Großherzoge gibt es durchaus. Doch der Blick hinter die Kulissen ist oftmals viel spannender. Das von Udo Elerd, dem ehemaligen stellvertretenden Direktor des Stadtmuseums Oldenburg, vorgelegte Buch „Aus einem Reiterleben“ gehört dazu.

Es wirft einen Blick auf die Freizeitgestaltung des Großherzogs Paul Friedrich August von Oldenburg. Kaum ein anderer als Friedrich Rumpf, langjähriger Reitbegleiter, Oberbereiter und Stallmeister des Oldenburger Marstalls, hatte derart tiefe Einblicke. Er führte Tagebuch über seine zum Teil sehr persönlichen Begegnungen mit dem Großherzog und übergab sie nach dessen Tod seinem Sohn und Nachfolger Großherzog Nikolaus Friedrich Peter als Erinnerung an die gemeinsamen Ausritte mit dem Vater.

Dabei handelt es sich um einen sehenswerten und aufwendig gestalteten Prachteinband, der 158 handgeschriebene Seiten in gestochen scharfer Schrift beinhaltet. Rumpf schildert in chronologischer Reihenfolge Ausritte mit dem Herzog, die er in 15 Jahren erlebt hat. Zusammen wohnten sie Paraden, Großmanöver und Militärübungen bei, waren gemeinsam in Eutin und ritten vor allem durch Oldenburg und Umgebung. Besonders amüsant sind die Hochgeschwindigkeitsritte, deren Zeit gestoppt wurde.

Das ist aber nicht alles. Rumpf fügte seinen Tagebuchaufzeichnungen eine Aufstellung all jener Pferde hinzu, die vom Großherzog geritten wurden und beschrieb die Pferde. So entdeckt der Leser Name, Alter, Aussehen, Zucht, Erwerb, Eigenschaften und Verbleib sowie eine Aufstellung über alle 93 Hochgeschwindigkeitsritte, die die beiden zwischen 1838 und 1849 unternahmen. Ihre Strecke war die von Schloss zu Schloss, also von Oldenburg nach Rastede. Spannend ist nicht nur die gestoppte Zeit der 15 Kilometer langen Strecke, die die beiden Reiter einmal in 32 Minuten zurück legten, sondern die Streckenbeschreibung. Schließlich gab es keine fein hergerichteten Wege und Straßen. Sie ritten über Stock und Stein, durch unwegsames Gelände, Wald und weiche Wege.

„Bis nach dem Ersten Weltkrieg lag die Prachthandschrift in der großherzoglichen Privatbibliothek“, berichtet Elerd. „Als Teilbestände in den 1920er Jahren veräußert wurden, konnte die Stadt mit eigens dafür zur Verfügung gestellten Mitteln einiges davon für ihr Museum erwerben. Dazu gehörte Rumpf Prachthandschrift.“ 1986 hatte Elerd sie erstmals in der Hand.

Als einige Zeit später dem Stadtmuseum ein Bild eines Reiters angeboten wurde, erinnerte sich Elerd an Rumpfs Prachthandschrift. Er konnte Pferd und Reiter – in diesem Fall den 15-jährigen Elimar, jüngerer Sohn von Herzog Paul Friedrich August, auf dem Hofreitpferd „Perle“ gemalt von dem Pferdemaler Emil Volkers auch mit Hilfe von Rumpfs Listen identifizieren. Das Stadtmuseum erwarb das Bild. Später erhielt Elerd durch Zufall einen Hinweis auf ein weiteres zum Verkauf stehendes Bild, das ebenfalls erworben wurde und den Buchtitel schmückt. Es handelt sich um die Darstellung des Stallmeisters Friedrich Rumpf auf einem nicht identifizierten Hofreitpferd aus dem Jahr 1857.

Weil der Alltag und persönliche Erinnerungen in der Geschichtsschreibung ohnehin dauernd zu kurz geraten, entschied sich das Stadtmuseum gemeinsam mit der Oldenburgischen Landschaft, die Prachthandschrift zu editieren. Der inzwischen pensionierte Udo Elerd, der ohnehin schon tief in der Materie steckte, übernahm die ehrenamtliche Aufgabe und erfüllte sie mit Herzblut. „Er hat uns die Prachthandschrift zugänglich gemacht“, sagt Landschaftspräsident Thomas Kossendey, der von einem wichtigen Blick in vergangene Zeiten spricht.

So erfährt der Leser u.a., dass der Herzog hart gegen seinen Körper war, stets ohne Mantel ritt – auch bei Unwetter – und ein Sturz selten vorkam. Es ist eine kleine subjektive Innenansicht des Großherzogs, die selbstverständlich von großer Ergebenheit und Dankbarkeit durchdrungen ist. Dennoch macht die geschichtliche Lektüre Spaß und versetzt den Leser in andere Zeiten.

Das 132 Seiten umfassende und bebilderte Buch „Aus einem Reiterleben“ von Udo Elerd ist im Isensee Verlag erschienen und kostet 14,80 Euro.

Vorheriger Artikel

Bund der Steuerzahler verurteilt „Altpapier-Politik“

Nächster Artikel

Lehrkräfte können Rüstzeug auffrischen

Keine Kommentare bisher

Einen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.