Kultur

Staatstheater: Oper „Flight“ ein visuelles Meisterwerk

Die Oper „Flight“ ist derzeit im Großen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters zu sehen.

Die Oper „Flight“ ist derzeit im Großen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters zu sehen.
Foto: Stephan Walzl

Oldenburg (vs) Mit der Oper „Flight“ von Jonathan Dove (Libretto: April de Angelis), die jetzt am Oldenburgischen Staatstheater zu sehen ist, zeigt das Haus wieder einmal auf sehr beeindruckende Art und Weise, welch kreative Köpfe in Oldenburg am Werk sind. Die englischsprachige Opernkomödie mit realem Hintergrund ist ein visuelles Meisterwerk, das mit Video, Projektion, Licht und Sound sicherlich Maßstäbe setzt was zeitgemäße Operninszenierungen betrifft. Musikalisch weiß Dirigent Vito Cristafero das Oldenburgische Staatsorchester gemeinsam mit dem perfekt eingespielten Ensemble perfekt und auf den Punkt durch die schwierige und komplizierte Partitur zu führen. Das Oldenburger Publikum würdigte diese Leistung verdientermaßen mit stehenden Ovationen und Bravo-Rufen.

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Die Oper „Flight“ hat den Fall von Mehran Karimi Nasseri, der zwischen 1988 und 2006 im Terminalgebäude des Flughafens „Charles de Gaulle“, lebte und dort im November 2022 an einem Herzinfarkt verstarb, zur Grundlage. Auch Hollywood entdeckte den Stoff des Mannes auf der Flucht für sich im Film „Terminal“ mit Tom Hanks. Jonathan Dove erhielt 1998 den Auftrag eine Oper zu diesem Thema zu schreiben. Parallelen zu britischen Komponisten wie zum Beispiel Benjamin Britten lassen sich nicht von der Hand weisen. In der zeitgenössischen Oper spielt die Figur des Refugee in Oldenburg bis zum dritten Akt eine eher untergeordnete Rolle. Erst im letzten Teil erfährt das Publikum mehr über das Schicksal des Mannes ohne Papiere und ohne Zukunft.

Aufgrund von wetterbedingten Flugausfällen treffen im Abflugterminal des Flughafens unterschiedlichste Menschen aufeinander an deren individuellen Wünschen und Sehnsüchten das Publikum teilhaben darf. Zu den Gestrandeten gehören ein junges Paar, dass seine Ehe in der Sonne des Südens retten will, eine schwangere Frau, ein Business-Ehepaaar, das getrennte Wege gehen muss, eine ältere Frau, die vermeintlich auf ihren Verlobten wartet, sowie (sehr skurril und überzogen) eine Stewardess und ein Steward, die sich sichtlich und auch hörbar sexuell angezogen fühlen. In der oberen Loge wacht der Controller über das Geschehen und mischt sich mit strengen Blicken durch das Fernglas und gesanglich in das Geschehen ein.

Die britische Openkomödie von Jonathan Dove überzeugt dank der hervorragenden musikalischen und gesanglichen Leistung des Ensembles und Orchesters.

Die britische Openkomödie von Jonathan Dove überzeugt dank der hervorragenden musikalischen und gesanglichen Leistung des Ensembles und Orchesters.
Foto: Stephan Walzl

Technische und musikalische Höchstleistungen im „Großen Haus“

Die gefeierte Inszenierung von Kobie van Rensburg, der in Personalunion auch für Bühne, Kostüme, Video und Übertitel verantwortlich zeichnet, ist ein Hochgenuss für die Augen und gleicht einem mulitmedialen Spektakel. Auf verschiedenen Opera-Folien hintereinander wechseln mithilfe von stehenden und fließenden Projektionen die Räume des Terminals. Da laufen Passagiere auf verschiedenen Ebenen durchs Bild, zu Anfang starten und landen Flugzeuge und das herannahende Gewitter wird perfekt zur Anschau gebracht. Zum realen Bühnenbild gehören lediglich ein paar Stuhlreihen und Mobiliar bei der Abflugkontrolle. Das visuell Beeindruckendste ist sicherlich die Szene als der Controller von der Bühnendecke herabschwebend mit den Armen wild gestikulierend Blitze auftauchen lässt. Diese sekundengenaue Synchronisation von Bewegung und Installation ist schlicht atemberaubend. Die visuell technischen Höchstleistungen sind bei dem Regisseur nie langweilige Mittel zum Zweck, sondern essenstielle Bestandteile der gesamten Inszenierung. Hinzu kommen die projezierten, deutschen Übertitel, entsprechend des jeweils gesungenen Textes zugeordnet, so dass das Publikum auch bei überlagerten Gesangspartien genau verfolgen kann, wer welche Passage singt. Gesanglich bewegt sich das Ensemble während der gesamten Vorstellung geschlossen auf höchstem Niveau. Hervorzuheben sind allerdings Nicholas Tamagna als Refugee, der als Countertenor mit seiner außergewöhnlich hohen Kopfstimme sich auch stimmlich in der Rolle des Fremden abhebt und Martha Eson als Controller, die immer wieder zu den höchsten Tönen bis zum „F“ ihr Können zum Ausdruck bringt. In jeder Stimmlage und in ihren entsprechenden Rollen weiß das Gesangsensemble zu überzeugen. Szenisch enthält die Oper allerdings stellenweise Längen und droht auch sehr vom britischen Humor des Librettos zu sehr in die Komödie und in den Klamauk abzustürzen, was diesem Stück leider keinen Gewinn bringt.

Regisseur Kobie van Rensburg hat „Flight“ in Oldenburg als mulitmediales Spektakel inszeniert, das visuell und akustisch überzeugt.

Regisseur Kobie van Rensburg hat „Flight“ in Oldenburg als mulitmediales Spektakel inszeniert, das visuell und akustisch überzeugt.
Foto: Stephan Walzl

Sechs Vorstellungen von „Flight“ in Oldenburg

Die Oper „Flight“ sollte bereits 2020 in Oldenburg zur Aufführung kommen, wurde aber aus den bekannten Gründen auf die aktuelle Spielzeit verschoben. Aufgrund des technischen Aufwandes ist das Werk nur noch sechs Mal in kurzen Zeitabständen zu sehen. Die Vorstellungen sind am 3., 13., und 21. Oktober sowie am 7., 11., und letztmalig am 26. November zu sehen.

Mehr Informationen und Karten gibt es unter www.staatstheater.de und unter Telefon 0441 2251111.

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