BallettCompagnie: „Verklärte Nacht“ begeistert im Staatstheater
Oldenburg (vs) Mit zwei Uraufführungen und einem Stück der modernen Tanzgeschichte ist die BallettCompagnie Oldenburg jetzt wieder im Großen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters zu sehen. Drei Choreografen sorgen mit „Verklärte Nacht“ für einen abwechslungsreichen Ballettabend, bei dem die Compagnie erneut ihr vielfältiges Können präsentiert.
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Der Gastchoreograf Guillaume Hulot eröffnet den Dreiteiler mit seiner Kreation „Ogami“. Sein Titel kehrt den Begriff „Imago“ um und spiegelt damit choreografisch seine zwei verschiedenen Bedeutungen. Er interpretiert auf der einen Seite die Metamorphose von Insekten und zugleich den in der Psychologie benutzten Begriff für den ersten Eindruck eines Menschen. Getanzt wird zu „Rokoko-Variationen“ von Tschaikowsky.
Ballettdirektor Antoine Jully lässt seine Compagnie zur Musik „Verklärte Nacht“ von Arnold Schönberg tanzen, die live vom Oldenburgischen Staatsorchester gespielt wird. Seine Choreografie basiert auf dem Gedicht von Richard Dehmel zwischen Traum und Wirklichkeit.
Den Abschluss bildet das moderne Tanzstück „How to Pass, Kick, Fall and Run“ von Merce Cunningham aus dem Jahr 1965 auf der offenen Bühne, das ohne Musik auskommt. Die Partitur wird gelesen und beinhaltet Texte des Musikers John Cage. Für die Einstudierung zeichnet Robert Swinston verantwortlich.
„Ogami“ als choreografische Uraufführung
Guillaume Hulot lässt die sieben Tänzerinnen und Tänzer in seiner choreografischen Uraufführung „Ogami“ in violettfarbenen, hautengen Ganzkörperkostümen tanzen. Bei ihm finden Menschen und Paare zueinander, begegnen sich und gehen wieder auseinander. In ausladenden und geschmeidigen Bewegungen, die mit dem gesamten Körper ausgeführt werden, bespielt die Compagnie die komplette Bühne. Es kommt zu flüchtigen Berührungen ebenso wie zu innigen Umarmungen. Von zart und elegant bis zu dynamischen und kraftvollen Aktionen und Sprüngen reicht die Bandbreite. Gemäß der Spiegelung des Wortes „Imago“ zu seinem Werk „Ogami“ spiegeln und verdoppeln sich auch die Bewegungsabläufe der Akteure. Lichtwechsel und Nebel untermalen die vielfältige Choreografie.
Antoine Jully interpretiert „Verklärte Nacht“
Im Mittelpunkt des dreiteiligen Ballettabends im Oldenburgischen Staatstheater steht „Verklärte Nacht“ von Arnold Schönberg aus dem Jahr 1943 unter der Leitung vom Generalmusikdirektor Hendrik Vestmann und des gleichnamigen Gedichts von Richard Dehmel. Oldenburgs Ballettdirektor und Chefchoreograf Antoine Jully wählt aber keine choreografische Nacherzählung des Gedichts um eine schwangere Frau, die sich in einen anderen Mann neu verliebt und befürchtet von diesem verlassen zu werden.
Dem Paar der Hauptgeschichte stellt Antoine Jully zwei weitere Paare an die Seite, die jeweils unterschiedliche Emotionen verkörpern. Ein sich liebendes Paar trifft auf zwei Menschen mit Aggression und Angst. Bekannt vom Ballettdirektor kommt auch hier der fließende Wechsel zwischen klassischem Ballett und modernen Tanzelementen zum Vorschein. Soli, Duette und Gruppensequenzen gehen nahtlos ineinander über. Getragen wird die ausdrucksstarke Choreografie von der emotional geladenen Musik von Schönberg, die im steten Wechsel zwischen Romanze und Dramatik einer Filmmusik ähnelt. Lediglich die leicht überfrachteten bunten Kostüme mit Tüll und Glitzer stören den optischen Genuss.
BallettCompagnie Oldenburg tanzt zu John Cage
Nüchtern und schnörkellos endet der Ballettabend. Das moderne Tanzstück „How to Pass, Kick, Fall and Run“ wird auf der nach allen Seiten komplett offenen Bühne gezeigt. Kreiert hat das Stück Merce Cunningham, einer der wichtigsten Choreografen des 20. Jahrhunderts. Der US-Amerikaner Robert Swinston hat das Stück in Oldenburg als eine Art Exercise einstudiert.
Wie im Tanzsaal auf der Probe, tragen die acht Tänzerinnen und Tänzer Kostüme, die an einen legeren Trainingsdress erinnern. Schwarze Gymnastikhosen, farbige Shirts, weiße Stulpen und barfuß reichen für eine zeitlos moderne Choreografie.
Musik ist Fehlanzeige, denn die Partitur sind Kurzgeschichten von John Cage, die von einer Schauspielerin und einem Schauspieler auf der Bühne sitzend live vorgelesen werden. Clou dieser Partitur ist es, dass die von Rebecca Seidel und Manuel Thielen vorgetragenen Texte erst unmittelbar vor Vorstellungsbeginn ausgelost werden. Somit ist jede Vorstellung eine Uraufführung. Jede einzelne Textpassage dauert nur eine Minute, egal wie lang sie ist. Entsprechend schnell oder langsam wird gelesen und getanzt.
Die Tänzerinnen und Tänzer haben keine Möglichkeit sich nach der Musik zu orientieren und arbeiten auf Sicht und Position. Im Solo, als Duett oder in Gemeinschaft erfolgen die dynamischen Auftritte, die sich das Tanzensemble jeden Abend neu erarbeiten müssen. Somit ist die Konzentration und Aufmerksamkeit für die jeweils Anderen auf der Bühne ständig gefordert. Ohne wirklichen roten Faden wirkt das Stück aber eher beliebig und endlos.
Das Publikum feiert das Tanzensemble, die drei Choreografen und auch den Generalmusikdirektor Hendrik Vestmann dieses äußerst facettenreichen Ballettabends mit langem, herzlichem Applaus und Bravo-Rufen.
Termine und Karten gibt es unter www.staatstheater.de und telefonisch unter 0441 2225-111.
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