Kultur

BallettCompagnie Oldenburg: Ankunft im Tanz-Olymp

„Monger“ von Barak Marshall bildet den temporeichen, emotionalen und unterhaltsamen Abschluss des gefeierten Ballettabends im Großen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters.

„Monger“ von Barak Marshall bildet den temporeichen, emotionalen und unterhaltsamen Abschluss des gefeierten Ballettabends im Großen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters.
Foto: Stephan Walzl

Oldenburg (vs) Das Beste kommt zum Schluss, könnte man meinen, wenn man betrachtet, was die BallettCompagnie Oldenburg vom Oldenburgischen Staatstheater als letzte Sparte in der neuen Spielzeit 2023/2024 abgeliefert hat. Ohne die Leistungen der weiteren Sparten zu schmälern, muss man anerkennen, dass der vierteilige Tanzabend, der jetzt seine Premiere im Großen Haus feierte, wohl die beste Leistung ist, die das Ensemble unter der Leitung von Ballettdirektor Antoine Jully je gezeigt hat.

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Vier Tanzstücke von zwei Choreographinnen und drei Choreographen, zwei davon als Uraufführungen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten und die tänzerische sowie ästhetische Bandbreite des Tanzes und zugleich das Können und die Entwicklung der BallettCompagnie präsentieren. Oder wie es Generalintendant Christian Firmbach bei seiner Premierenansprache ausdrückte: „Das war wie bei den Tanztagen und für wen heute Abend nichts dabei, dem kann ich auch nicht mehr helfen“. Er betonte die Professionalität, künstlerische Diversität und internationale Besetzung der BallettCompagnie Oldenburg. Szenenapplaus, was beim Ballett eher unüblich ist, sowie langanhaltender Applaus und Bravo-Rufe nach jedem der einzelnen Teile für die Tänzerinnen und Tänzer und den Choreographen-Teams sowie Standing Ovations nach dem letzten Vorhang sprechen eine deutliche Sprache.

„From the night into the light“ betitelt Antoine Jully seinen Ballett-Abend, der vom klassischen Spitzentanz bis zum pulsierenden Elektro-Beat reicht. Mit seiner Uraufführung „Weight“ eröffnet der Franzose, der auch in der kommenden Spielzeit in Oldenburg bleibt, den Premierenabend. „Weight“, also zu Deutsch „Gewicht“, eigentlich ein Begriff, den man nicht zwangsläufig mit dem Tanz in Verbindung setzt, sondern eher Leichtigkeit und Schwerelosigkeit auf der Bühne erlebt, zeigt acht Tänzerinnen und Tänzer, die eben dies in Perfektion und Harmonie präsentieren. Fließende Bewegungen, Tempowechsel, Hebefiguren, Sprünge und der ständige Wechsel zwischen Körperanspannung und Loslassen prägen dieses energievolle Stück. Die vier Elemente sind dieser Uraufführung mit vier verschiedenen Musikstücken von Elektro bis Klassik zugeordnet. Entsprechend sorgt auch das perfekte Lichtdesign für die passende Atmosphäre. Eine stilisierte Welle im Hintergrund symbolisiert das Wasser als erstes Element und drückt sich auf der Bühne durch fließende und gleitende Bewegung des Ensembles in offenen und geschlossenen Figuren aus. Die Erde mit ihrer Anziehungskraft zum Boden ist Bestandteil des zweiten Teils, der entsprechend eher auf dem Bühnenboden zu sehen ist. Die Luft gibt leichte Bewegungsabläufe wie auch vom Starkwind getriebene Körper preis während es beim Feuer erneut energetisch und akrobatisch zugeht. Antoine Jully schreibt über „Weight“: „Weight ist eine Auseinandersetzung mit Gewicht, Gegengewicht, Schwerkraft und Leichtigkeit auf mehreren Ebenen: symbolisch ideenhaft wie auch konkret physisch.“

„They them“ mit Gefühl und Harmonie

In perfekter Harmonie und gefühlvoller Nähe zueinander sind Tele Ude und Ryan Drobner in „They them“ zu sehen.

In perfekter Harmonie und gefühlvoller Nähe zueinander sind Tele Ude und Ryan Drobner in „They them“ zu sehen.
Foto: Stephan Walzl

Zu kurz, weil derart ästhetisch und berührend, ist der zweite Teil „They them“ mit Teele Ude und Ryan Drobner zur Musik „Lumi“ von Vladislav Delay. Choreographin Regina van Berkel, zum wiederholten Mal in Oldenburg tätig, lässt das Duo auf der offenen Bühne tanzen, die nach oben lediglich von der heruntergelassenen Obermaschinerie begrenzt wird. Punktuell direkt von oben beleuchtet, rückt das Licht das Paar immer wieder in den Fokus. Ihre engen Bewegungen fließen ineinander über, lassen das Paar verschmelzen und Intimität aufkommen. Die klassische Rollenverteilung wird dabei aufgehoben; es zählt nur die Atmosphäre. Sichtlich gerührt nimmt das Tanzpaar den langanhaltenden Applaus entgegen. Solch pure Freude und gezeigte Dankbarkeit sieht man höchst selten beim Applaus bei Tänzerinnen und Tänzer.

BallettCompagnie Oldenburg besticht durch Ästhetik, Timing und Technik

Eine Tänzerin und zwei Tänzer bilden das Ensemble für „Source of inspiration“ von Sol Léon und Paul Lightfood, das Hans van Manen, dem Mitbegründer des weltberühmten Nederlands Dans Theater, gewidmet war. Das Choreographen-Paar hat in über 34 Jahren mehr als 60 Uraufführungen für die niederländische Compagnie geschaffen. Zur Musik von Philipp Glass bewegen sich die Tänzerin und ihre beiden Partner im exakten Timing und einer Bühnenpräsenz, die ihresgleichen sucht. Ästhetik, Körperbeherrschung und Technik begeistern bei dieser Nummer.

In „Source of inspiration“ besticht das Trio durch Ästhetik, Timing und Technik in dem vierteiligen Tanzabend

In „Source of inspiration“ besticht das Trio durch Ästhetik, Timing und Technik in dem vierteiligen Tanzabend „From the night to the light“.
Foto: Stephan Walzl

„Monger“ von Barak Marshall bildet zum Abschluss einen deutlichen Stilwechsel zu Musik, die vom revuehaftem Schlager, rumänischen Volkstanz über arabische und orientalische Klänge bis zum treibenden Balkan Beat reicht. Die Musik erzählt von seiner DNA, wie Barak Marshall selbst sagt, der in Los Angeles geboren wurde, in Tel Aviv lebt und Wurzeln in Berlin und Odessa sowie dem jeminitischen Aden hat. „Monger“ ist die vertanzte Geschichte vom „Kampf des Einzelnen und vom Kampf der Gesellschaft ums Überleben und um Freiheit“, so der Choreograph, der seine Arbeit aus dem Jahr 2008 persönlich in Oldenburg einstudiert hat. Zehn Hausangestellte der imaginären und bösartigen Mrs. Magret erzählen in rasanter Abfolge und in sehr schnellem Tempo, mit zum Teil skurrilen und surrealen Szenen, eine Geschichte von oben und unten, die sich auch durch ein gespieltes Machtgefälle zwischen den Männern und Frauen innerhalb des Ensembles ausdrückt. Am Ende steht der imposant inszenierte Aufstand der Bediensteten gegenüber ihrer Herrin auf dem Plan. Ausdrucksstark im Solo und Ensemble zeigt die BallettCompagnie Oldenburg am Ende dieses beeindruckenden Tanzabends noch einmal das komplette Repertoire ihres Könnens.

Vorstellungstermine und Karten sind unter www.staatstheater.de erhältlich.

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