Gutachter: Keine Gefährdung am ehemaligen Fliegerhorst-Schießstand

Sachverständiger sieht keinen Sanierungsbedarf am ehemaligen Schießstand auf dem Fliegerhorst.
Foto: Archiv
Oldenburg (am/pm) Für Georg Karfusehr, Inhaber von „Groundsolution“, einem Sachverständigenbüro für Altlasten, ist die Sache klar, schreibt die Stadt Oldenburg heute Nachmittag. Der Diplom-Geologe ist der Frage nachgegangen: Gibt es Hinweise darauf, dass im Bereich des ehemaligen Schießstandes auf dem Fliegerhorstgelände große Mengen von Ziegelschutt mit Teeranhaftungen sowie von mit Treibstoff verseuchter Erde und asbesthaltiges Material aus dem Gebäuderückbau „illegal“ abgelagert wurden?“
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Karfusehrs eindeutige Antwort lautet „Nein“, und das gleich doppelt: Weder nach Aktenlage noch in seiner Bewertung des im Auftrag der Staatsanwaltschaft erstellten Untersuchungsberichts zu Bodenschürfen hat er stichhaltige Belege für den Verdacht der Ermittlungsbehörde und für in Medienberichten kolportierte Vermutungen entdeckt. Die Ergebnisse seiner Prüfung und fachtechnischen Analyse stellt Karfusehr am Donnerstag, 12. Juni, im Ausschuss für Stadtgrün, Umwelt und Klima vor.
Bei Bodenschürfen „Verdachtsmaterialien nicht gefunden“
Karfusehr stellt fest: Die in Medienveröffentlichungen genannten Verdachtsmaterialien wurden in den im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchgeführten Untersuchungen „ganz überwiegend nicht gefunden“. Mal sollen Medienberichten zufolge angeblich „15.000 Kubikmeter Ziegelschutt mit Teeranhaftungen untergegraben“ worden sein, mal war von „15.000 Tonnen, vor allem Ziegelsteine mit Teeranhaftungen sowie asbesthaltiges Material aus abgerissenen Unterkunftsgebäuden und dem einstigen Truppenkino“, die Rede. Auch „fast 5.000 Kubikmeter Erdreich, das mit Treibstoff verseucht war“, soll eingebracht worden sein. Das Vorhandensein solcher Materialien lässt sich indes in der Dokumentation des Aushubs nicht belegen. Es sei bei den Bodenschürfen kein Material mit Verdacht auf Verunreinigungen durch Treibstoff, Schwermetallen oder Arsen gefunden worden. „Die tonnenweise illegale Ablagerung von Sondermüll oder Giftstoffen wurde mit den im Gutachten beschriebenen Untersuchungen nach meiner Auffassung nicht bestätigt“, betont Karfusehr.
19 von 33 Verdachtsproben unauffällig
Zum Untersuchungskonzept und zur Durchführung führt Karfusehr aus, dass aus den insgesamt sechs per Bagger vorgenommenen Bodenschürfen 33 Verdachtsproben gezogen worden sind. 14 davon hatten einen auffälligen Laborbefund, 19 Verdachtsproben erwiesen sich nach Durchführung der Schadstoffanalytik als unauffällig, so der Sachverständige. In sechs der 33 Verdachtsproben konnten Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in einer Konzentration oberhalb des in Niedersachsen geltenden Zuordnungswertes für zur Beseitigung bestimmten Abfall nachgewiesen werden. Neun der 33 untersuchten Proben enthielten Asbest. Dabei handelte es sich um Zementprodukte und Schwarzdecken, die als Einzelproben entnommen wurden.
Sanierungsmaßnahme war schlüssig
Karfusehr widerspricht dem von der Staatsanwaltschaft beauftragten Sachverständigen, der in seinem Gutachten von Materialien und Abbruchstoffen aus einem „ungeordneten Rückbau von baulichen Anlagen“ ausgehe. Auch die Schlussfolgerung, dass von einem „flächendeckenden Eintrag von Abfällen im Bereich der ehemaligen Schießbahn“ auszugehen sei, hält Karfusehr für falsch. Vielmehr handele es sich um eine planmäßige Verfüllung als Sanierungsmaßnahme, die von der Unteren Bodenschutzbehörde angeordnet und im April 2021 abgeschlossen worden sei. „Das ist ein schlüssiges Vorgehen nach dem Bodenschutzgesetz“, sagt Karfusehr.
Abfallrecht gilt nicht
Die Sanierungsmaßnahme ist in den Leistungsverzeichnissen, in denen Auftragnehmern die zu erledigende Aufgabe beschrieben wird, dargestellt. Eingebaut auf dem Schießstand wurde in einer Siebanlage aufbereitetes Bodenmaterial aus dem Siebüberlauf. Dabei handelt es sich um grobe Materialien, die über 40 Millimeter groß sind und bei denen die Möglichkeit besteht, dass nicht abtrennbare Munitionsreste anhaften. Dazu zählen Beton- und Ziegelbruchstücke, Bruchstücke von Schwarzdecken, Kabel, Rohre und Holzreste. Alle planmäßig innerhalb des Schießstandes wiedereingebauten Materialien unterliegen bodenrechtlichen Bestimmungen, betont Karfusehr. Abfallrecht gelte hier nicht. Der Bereich des ehemaligen Schießstandes gilt aufgrund verstreuter Munitionsreste als vorbelastet – er war, ist und bleibt nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.
Mengen sind stimmig
Die Menge der planmäßig eingebrachten Massen (rund 27.000 Kubikmeter) entspricht nach Einschätzung von „Groundsolution“ dem Gesamtvolumen der Auffüllung. Hinweise auf die unbefugte Verfüllung zusätzlicher Materialien in einer in Rede stehenden Größenordnung von 15.000 Kubikmetern habe die Prüfung nicht ergeben. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass teerhaltiger Straßenaufbruch nicht ordnungsgemäß entsorgt worden sei. So seien den Abrechnungen zufolge im Zeitraum zwischen September 2019 und Dezember 2020 rund 10.000 Quadratmeter Straßen mit Asphaltdecke auf dem Fliegerhorstgelände zurückgebaut worden. Rechnerisch ergibt sich daraus eine Gesamtmasse von 3.800 Tonnen Asphaltaufbruch. Nachweislich beseitigt wurden im selben Zeitraum rund 4.000 Tonnen teerhaltiger Asphaltausbruch auf der Mineralstoffdeponie Haschenbrok.
Fazit: Keine Gefahren, kein Sanierungsbedarf
Karfusehrs Fazit lautet: „Von den im Bereich des ehemaligen Schießstands abgelagerten Materialien gehen keine Gefahren für das neue Wohnquartier oder das Grundwasser aus. Ein Sanierungsbedarf ist nicht erkennbar. Ob Materialien und, wenn ja, in welcher Größenordnung unbefugt abgelagert wurden, konnte mittels der durchgeführten Untersuchungen nicht ermittelt werden.“ Die von dem unabhängigen Sachverständigen vorgenommene Bewertung bestätigt aus Sicht der Stadtverwaltung die bisherigen Einschätzungen der Unteren Bodenschutzbehörde.
Die Präsentation der fachtechnischen Bewertung zu den durchgeführten Bodenschürfen, die am 12. Juni im Ausschuss für Stadtgrün, Umwelt und Klima vorgestellt wurde, ist unter www.oldenburg.de/fliegerhorst-schiessstand zu finden.
1 Kommentar
Verstehe ich das richtig? Der vom OB beauftragte und bezahlte Gutachter widerspricht dem unabhängigen Gutachter(also nicht vom OB bezahlten) der Staatsanwaltschaft?