Filmfest

Filmfest: Aller „Lass“-ter Anfang

Oldenburg/am/ck – Das 20. Internationale Filmfest Oldenburg ist vorbei. Großartige Filme wurden in vollen Häusern gezeigt. Wir sprachen darüber mit Filmfestchef Torsten Neumann.

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Im Rahmen der Closing Night im Oldenburgischen Staatstheater wurden gestern die Preise vergeben. „Kaptn Oskar“ von Tom Lass erhielt den „German Intendepence Award“.

Love Steaks

Bevor das Festival endete, sahen wir noch den Film „Love Steaks“, einem Beitrag von Jakob Lass, der neben seinem Bruder Tom Lass auch einen Film im Rennen um den „German Independence Award“ hatte.

Drehort: Luxushotel an der Ostsee. Schauspieler: 3. Darsteller: zahlreiche Laien aus der Hotelcrew, die Lust auf die Geschichte hatten. Drehbuch: 18 Szenen, ansonsten Improvisation. Geschichte: Clemens, der Neue, arbeitet im Wellnessbereich und lernt die Köchin Lara kennen. Er, der nicht Alkohol trinkende und kein Fleisch essende „Schamane“ trifft auf sie, die knallharte und alkoholkranke Provokateurin. Ein Kampf der Geschlechter mit umgekehrten Vorzeichen.

In „Love Steaks“ überzeugen nicht nur die Darsteller, sondern auch die „realen“ Mitwirkenden, die sich im Hotelalltag selbst gespielt haben. Die witzigen Momente reihen sich aneinander, das Publikum lachte laut und bedankte sich mit viel Applaus bei den Machern. Der Film kommt in die Kinos. Hingehen, anschauen, es lohnt sich. Die Beiträge der Lass-Brüder überzeugten, es werden sicherlich nicht ihre letzten sein. Dass sie beide ihre Filme in Oldenburg vorstellten, war nicht unbedingt geplant, erklärte uns Jakob Lass nach der Aufführung, die Konkurrenzsituation hätten sie nicht gesucht. Aber nun sei es nunmal so gekommen. „Hauptsache der Preis bleibt in der Familie“, sagte Jakob Lass in Anspielung auf den German Indenpendence Award. „Love Steaks“ konnte bereits einige Preise einheimsen.

Closing Night

Festlich wurde gestern das Oldenburger Filmfest mit der Closing Night beendet. Zahlreiche Gäste sahen die Deutschlandpremiere von Gary Tarns „The Prophet“ im Staatstheater Oldenburg. Diese „filmische Rhapsodie“ (The Guardian) des britischen Filmemachers und Komponisten ist eine Bilderhymne über das Leben und unsere Welt – eine cineastische Meditation nach den prosaischen Zeilen des bekanntesten Werks des libanesisch-amerikanischen Dichters und Malers Kahlil Gibran aus dem Jahr 1923.

Preisverleihungen

Zuvor wurden die Preise verliehen – und zwar nicht von Kulturstaatsminister Bernd Neumann, der kurzfristig wegen eines anderen Termins absagen musste.

German Independence Award – Bester Deutscher Film

Der German Independence Award ging an Kaptn Oskar.

Der German Independence Award ging an „Kaptn Oskar“.
Foto: Anja Michaeli

Der „German Independence Award – Bester Deutscher Film“, der in diesem Jahr erstmals mit 4000 Euro dotiert ist (gestiftet von der OLB) ging an Regisseur, Hauptdarsteller und Drehbuchautor Tom Lass’ meisterliche Lebens-, Sinn- und Liebessuche „Kaptn Oskar“.

Begründung der Internationalen Jury mit Bobcat Goldthwait, My-Yung Park, Kasia Karwan, Douglas Buck und Ken Meyer: 

„Wir waren von allen deutschen Wettbewerbsbeiträgen beeindruckt. Nach langem Überlegen erst sind wir zu einer Entscheidung gelangt. Es ist unsere Überzeugung, dass sich „Kaptn Oskar“ aufgrund seiner einzigartigen Stimme und der Risikobereitschaft seiner Macher von den anderen Wettbewerbern abgehoben hat. Auf mutige und innovative Weise gelingt es dem Film, mit minimalem Aufwand eine ausgesprochen intime und persönliche Geschichte zu erzählen.“

Seymour Cassel Award für die Beste Schauspielerin

Neben Tom Lass hat die Internationale Jury auch die beste Darstellerin des Festivals ebenfalls im „Kaptn Oskar“-Liebesdreieck entdeckt. Der Seymour Cassel Award für die Besten Schauspielerin wurde für ihre „beindruckende Leistung“ an Martina Schöne-Radunski vergeben, die als Oskars Ex im Film die buchstäbliche Brandstifterin in seinem Beziehungsdickicht ist. Überreicht wurde der Preis von der 76-jährigen Independent-Ikone Seymour Cassel persönlich. 


Begründung der Internationalen Jury: „Seymour Cassel überzeugte in seiner langen Karriere in kleinsten Nebenrollen genauso wie als Hauptdarsteller. Ganz bewusst haben wir uns vor diesem Hintergrund für eine Schauspielerin entschieden, die mit großem Geschick ihren kurzen Auftritt als Alex in ‚Kaptn Oskar‘ genutzt, den Film noch ‚größer’ zu machen.“

EWE-Publikumspreis

Der Preisträger des EWE-Publikumspreises wurde per Abstimmung der Oldenburger Festivalbesucher ermittelt und die Entscheidung fiel auf David Perraults minimalistische und kontrastreiche „film noir – und nouvelle vague“-Reminiszenz „Our Heroes died tonight“, in der sich in einem klassischen Gut-Böse-Schwarz-Weiß Wettstreit zweier Wrestler im Paris der 60er Jahre das Trauma des Algerien-Kriegs wiederspiegelt. 


Bester Kurzfilm

Ausgezeichnet wurde Patrick Baumeisters „Preis“ mit Maria Kwiatkowski in ihrer letzten „vollendeten“ Rolle vor ihrem tragischen Tod.

Die Begründung der Kurzfilmjury Arno Frisch, Marcus Popescu und Francois Pavan: „Die Jury war beeindruckt von der außerordentlichen Authentizität, mit der Baumeister unter einer rauen Schale die Verletzlichkeit seiner Außenseiterfiguren entdeckt. Sein Film ist von fast dokumentarischer Präzision und gleichzeitig erstaunt die Leichtigkeit, mit der die Darsteller nah an ihren Figuren bleiben: vor allem die großartige Maria Kwiatkowsky. ‚Preis‘ ist ein großer kleiner Film.“

Rückblick

Das 20. Internationale Filmfest Oldenburg überzeugte in diesem Jahr mehr denn je. Großartige Filme, ausverkaufte Spielorte und tolle Partys sorgten für gute Stimmung. Im Jahr des 20-jährigen Bestehens standen sieben Weltpremieren, fünf internationale und europäische Premieren sowie 17 Deutschlandpremieren auf dem Programm, das mit knapp 15.000 Zuschauern und einer hervorragenden Auslastung der Säle zu einem großen Publikumserfolg wurde. 



Filme wie Markus Blunders „Autumn Blood“, Hannah Fidells „A Teacher“ mit der Entdeckung Lindsay Burdge in der Titelrolle, Edouard Delucs wunderbar leichter Roadtrip „Welcome to Argentina“ oder Derrick Bortes „Dark Around the Stars“ begeisterten die Besucher und auch die der iranischen Filmemacherin Mania Akbari gewidmete Retrospektive fand großen Zuspruch. 
Fünf gute bis sehr gute Filme standen in der Konkurrenz um den German Independence Award.

Mit Seymour Cassel wurde der Freund und mehrfache Gast des Festivals der wohl wichtigste Wegbegleiter von John Cassavetes mit dem Großen Siegel der Stadt Oldenburg und mit einer Galavorführung von Cassavetes Klassiker „Faces“ geehrt, und gleichzeitig stellte Xan Cassavetes, die Tochter des legendären Pioniers des Independentkinos, ihr Regiedebüt „Kiss of the Damned“ vor. Und selbst kleinere Pannen, die zu jedem großen Festival dazugehören, wurden zu Highlights, wie beispielsweise der furiose Stand-Up Auftritt von Jury-Präsident Bobcat Goldthwait als es in einer Vorführung in der Tribute Bobcat Goldthwait-Reihe zu einer kurzen Unterbrechung seines Film „Sleeping Dogs Lie“ kam.


Für großen Medienrummel sorgte außerdem der Besuch von Veronica Ferres, die auf dem Oldenburger „Walk of Fame“ mit einem Stern geehrt wurde und anschließend in der Justizvollzugsanstalt mit der Vorstellung ihres neuen Films „Gefährliches Schweigen“ die Reihe der JVA-Screenings eröffnete, die in diesem Jahr schon zum 8. Mal ein einzigartiges Festivalereignis boten.

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