Oldenburg

Ausstellung zum NS-Krankenmord aktualisiert

Elke Harms-Kranich und Ingo Harms im ehemaligen Sezierraum der Alten Pathologie auf dem Gelände der Karl-Jaspers-Klinik Oldenburg.

Elke Harms-Kranich und Ingo Harms im ehemaligen Sezierraum der Alten Pathologie.
Foto: Katrin Zempel-Bley

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Oldenburg (zb) – Vor elf Jahren wurde die Gedenkstätte Wehnen auf dem Gelände der Karl Jaspers Klinik Oldenburg in der ehemaligen Pathologie eingeweiht. Aufgrund neuer Forschungserkenntnisse ist die Ausstellung jetzt vom Gedenkkreis Wehnen aktualisiert worden.

„Sie erinnert an das Leid unzähliger Patienten, von denen während der NS-Zeit mehr als 1500 an den Folgen gezielter Unterernährung verstorben sind“, berichtet Elke Harms-Kranich vom Vorstand des Gedenkkreises. Neue historische Erkenntnisse, wie die Ausweitung der Krankenmorde auf Heime und Kliniken, mussten eingearbeitet werden. Außerdem ist die Ausstellung thematisch gegliedert.

So erfährt der Besucher im Hauptraum anhand einer topografischen Karte, aus welchen Einrichtungen Menschen nach Wehnen gebracht wurden. Es wird über die Hungermorde und auch namentlich über die Täter informiert, es werden Patientenschicksale beschrieben und über die Zwangssterilisationen aufgeklärt, die im ehemaligen Peter-Friedrich-Ludwig-Krankenhaus, dem heutigen Kulturzentrum der Stadt Oldenburg, durchgeführt wurden. Außerdem widmet sich die Ausstellung dem Themenkomplex Euthanasie und Kirche. Neue Fotos und Dokumente wurden eingebaut, Abbildungen stellen die Geschehnisse dar, Tabellen fassen Informationen zusammen, Texte klären über die Ereignisse auf.

In einem zweiten, sehr emotionalen Raum, dem einstigen Sezierraum, wo Sektionen durchgeführt wurden, die unter anderem der erbbiologischen Forschung dienten, bekommen 29 Opfer ein Gesicht. Ihre Geschichten sind in 29 rot gebundenen Büchern aufgeschrieben, die jeder Besucher in die Hand nehmen und lesen kann, und auf einem langen Regal stehen die Fotos der Opfer. „Dadurch bekommen sie endlich ein Gesicht“, sagt Elke Harms-Kranich. Dass das möglich geworden ist, ist den Angehörigen zu verdanken. Sie haben maßgeblich zur Wahrheitsfindung beigetragen.

Viele Menschen, vor allem Schüler und Studierende, haben sich in den vergangenen elf Jahren in der Alten Pathologie über die Geschehnisse informiert. Dabei wurde ihnen ein lange verschwiegenes Kapitel der oldenburgischen Geschichte hautnah dargeboten. „Die Zahl der Besuchergruppen hat in den letzten zwei Jahren stark zugenommen“, berichtet der Historiker Dr. Ingo Harms, der für die Führungen zuständig ist. Schulklassen erarbeiteten sich die Geschehnisse für den Unterricht, Studenten fanden Quellen und Material für ihre Abschlussarbeiten.

Die Alte Pathologie auf dem Gelände der Karl-Jaspers-Klinik.

Die Alte Pathologie auf dem Gelände der Karl-Jaspers-Klinik.
Foto: Katrin Zempel-Bley

Der Gedenkkreis wünscht sich mehr Ausstellungsfläche und festes Personal, um mehr Führungen und umfangreichere Öffnungszeiten anbieten zu können. Das ist laut Jörg Bensberg, der dem Aufsichtsrat der Karl-Jaspers-Klinik vorsteht, nicht finanzierbar. „Wir begrüßen die inhaltliche Arbeit des Gedenkkreises und haben auch in der Vergangenheit viele Aktivitäten unterstützt, aber die aktuellen Vorstellungen übersteigen unsere Möglichkeiten erheblich“, bedauert er.

Die Ausstellung ist an jedem ersten Samstag von 12 bis 16 Uhr geöffnet. Führungen können telefonisch unter 04 41 / 999 27 70 oder per E-Mail an info@gedenkkreis.de vereinbart werden. Weitere Informationen unter www.gedenkkreis.de.

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5 Kommentare

  1. Dirk
    20. Mai 2015 um 8.18 — Antworten

    Ich bin mal gespannt, wann dieser „NS“-Kram keine Schlagzeile mehr findet. Gibt es nicht wichtigere Themen, als sich immer und immer wieder diesem zu widmen?

    Oh weh, ich böser, böser Deutscher – obwohl (?) Ich war da nicht mal geboren, nicht mals in Planung – aber selbstverständlich tue ich Buse!

    Tach auch

    Kommentar wurde von der Redaktion gekürzt.

    • robert nähle
      21. Mai 2015 um 22.06 — Antworten

      daß „ns kram“ hier keine schlagzeilen mehr findet, werden wir nicht mehr erleben…

      …deshalb lautet das kürzel für niedersachsen ja auch nds anstatt ns & der rockgruppe kiss wurde hier in deutschland das logo verboten, obwohl die beiden gründungsmitglieder & ein ehemaliger verstorbener manager selbst juden sind & die ähnlichkeit so klar nicht war

      aber…
      …angehörige sind etwas anderes & darüber kann man auch berichten, denke ich

  2. Karl
    22. Mai 2015 um 6.57 — Antworten

    >…deshalb lautet das kürzel für niedersachsen ja auch nds anstatt ns & der…

    Die Abkürzungen der Bundesländer folgen den auf EU-Ebene vereinbarten Abkürzungen der Regionen.

    • robert nähle
      26. Mai 2015 um 15.37 — Antworten

      seit wann lautet das kürzel denn „ni“?

      ich kannte bisher nur das kürzel „nds“…

  3. Kuddel
    25. Mai 2015 um 19.18 — Antworten

    Ihr zwei habt nichts geschnallt, einer von Euch kann noch nicht einmal „Buße“ richtig schreiben. Ihr seid offenbar nicht intelligenter als jene, die all dies Grauenhafte vollbracht haben, Einige tatsächlich noch lebende Täter (siehe Lüneburg) werden mit Freude sehen, dass man in deutschen Zeitungen wieder so entsetzlich blöd und frech sein Maul aufmachen kann.

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