Theater

„Geächtet“ beeindruckt und bewegt im Kleinen Haus

Das Drama „Geächtet“ von Ayad Akhtar ist derzeit im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters zu sehen.

Das Drama „Geächtet“ von Ayad Akhtar ist derzeit im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters zu sehen.
Foto: Stephan Walzl

Oldenburg (vs) Wenn man nur oberflächlich den Inhalt liest, könnte man meinen, das Theaterstück „Geächtet“ sei eine Kopie des ebenso erfolgreichen Stückes „Gott des Gemetzels“. Auf den zweiten Blick und erst recht beim Zuhören des preisgekrönten Stückes im Kleinen Haus des Oldenburgischen Staatstheaters wird schnell klar, dass es bei dem US-Dramatiker Ayad Akhtar um mehr geht, als nur um ein Abendessen unter vier Freunden, das in Eskalation endet. Das weltweit gespielte Stück bringt die aktuelle Frage nach der Toleranz zwischen den Religionen und dem Zusammenhang von Rassismus und Terrorismus direkt auf den Punkt ohne den Zeigefinger der Moral zu erheben. Amerika trifft den Islam.

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Oberspielleiter und Regisseur Peter Hailer inszeniert diesen (nicht nur) verbalen Schlagabtausch in 90 spannenden Minuten. Inklusive einem ausnahmslos eindrucksvoll und überzeugend agierenden Ensemble. Großer Applaus.

Der aufstrebende Rechtsanwalt Amir (Fabian Felix Dott), Sohn pakistanischer Einwanderer, lebt mit seiner Frau und Künstlerin Emily (Agnes Kammerer) in der Upper Class in einem schicken Appartement (Bühne: Dirk Becker, Sounddesign Matthias Mohr) hoch über den Straßen von New York City. Der amerikanische Traum wird gelebt. Da wird auch schon mal der Nachname geändert, um unangenehmen Fragen als Muslim und der pakistanischen Herkunft aus dem Wege zu gehen. Lieber wäre er ein Inder. Seine protestantische Ehefrau setzt sich in ihrer aktuellen Kunst intensiv mit den Religionen, insbesondere dem Islam auseinander. Das wiederum ruft den jüdischen Galeriebesitzer Isaac (Jens Ochlast) auf den Plan, der fasziniert ist von ihrem Blick auf die Kunst (und ihr persönlich). Neben den Religionen spielen auch Gefühle in diesem realen Theaterstück eine große Rolle, die dem Drama eine zusätzliche pikante Note geben.

Fehlt noch die afro-amerikanische Ehefrau des Kunstmäzens Jory (Helen Wendt), die ihren Mann zum gemeinsamen Abendessen begleitet und zusätzlich Konkurrentin des Kanzleikollegen Amir ist. Da ist in einer beeindruckenden und engagierten Nebenrolle noch die junge Nichte (Valentina Schüler) von Amir zu erwähnen. Im Original als Neffe dargestellt, verleiht die junge Nachwuchsschauspielerin als muslimische Frau dem Drama noch eine zusätzliche Brisanz.

Der Abend verläuft komplett anders als von allen Beteiligten erhofft. Aus der frohen Botschaft bei zwanglosem Dinner und Plausch, dass die aufstrebende Künstlerin vom Kunstmäzen eine Einladung erhält, ihre Kunst zu zeigen, wird eine Achterbahn der Gefühle. Ein Theaterbesuch zum Nachdenken und Diskutieren auch im Publikum. Sehenswert.

Termine und Karten unter gibt es unter www.staatstheater.de.

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1 Kommentar

  1. Schramm
    22. März 2018 um 11.41 — Antworten

    Schade, dass viel zu wenige Mitbürger das Interesse an solch klassischem Theater teilen, um mit eigener Karte das Minus im Rahmen zu halten. Für mich wäre es bei dieser Kunst und Themenwahl trotz des Lobes jedoch auch nur eine Tortur.
    Sträflich korrupt mutet dabei die dauerhafte massive Verschwendung von Steuermitteln an diese „Kultur“, die aus Mangel an Interesse der Bürger längst überhaupt keine Rolle mehr in deren Leben spielt.
    Uns geht es ja prächtig, wenn trotz Schulden auch hierfür Milliönchen locker sitzen, um einzelnen Betuchten, die Freizeit zu versüßen.

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