Kultur

Groteske Hängepartie

2012 war Graf Anton Günther auf seinem Pferd Kranich vor dem Oldenburger Schloss zu sehen. Ab März sollte er zeitlich begrenzt in den Innenhof des Schlosses zurückkehren. Doch das scheint fraglich.

2012 war Graf Anton Günther auf seinem Pferd Kranich vor dem Oldenburger Schloss zu sehen. Ab März sollte er zeitlich begrenzt in den Innenhof des Schlosses zurückkehren. Doch das scheint fraglich.
Foto: Katrin Zempel-Bley

Oldenburg (zb) Das umstrittene Reiterstandbild des Grafen Anton Günther soll ab dem 24. März im Innenhof des Oldenburger Schlosses zu sehen sein. Anlass ist die Kabinettschau „Graf Anton Günther und sein Weserzoll“ im Oldenburger Schloss. Doch ob der Graf auf seinem Pferd Kranich tatsächlich dort aufgestellt wird, ist fraglich. Leihgeber Bernd Eylers aus Hude befürchtet, dass es nicht ausreichend gesichert ist.

Anzeige

Dass der Graf demnächst ein paar Monate im Schlossinnenhof steht, hält Niedersachsens Kulturminister Björn Thümler für gerechtfertigt. Denn vor 400 Jahren hat das Kurfürstenkollegium des Heiligen Reiches Graf Anton Günther den Weserzoll gewährt. Damit war die Weiche gestellt für eine der wichtigsten Einnahmequellen des Oldenburger Grafenhauses. 1803 musste Oldenburg zwar auf diese Geldquelle verzichten, erhielt aber zum Ausgleich die Ämter Wildeshausen, Vechta und Cloppenburg. Insofern hätte es ohne den Weserzoll kein Südoldenburg gegeben.

Angesichts der Tatsache, dass das Reiterstandbild seit seinem Bestehen die Oldenburger Öffentlichkeit wie kaum ein anderes Thema spaltet, schließt Bernd Eylers eine Beschädigung des Objekts nicht aus. „Bei der Debatte muss ich das befürchten“, sagt er im Gespräch. Denn der Innenhof des Schlosses kann während der Abend- und Nachtstunden nicht so abgeriegelt werden, dass kein Mensch dort hingelangen kann. „Es geht also darum, wie wir das Reiterstandbild in den Abend- und Nachtstunden sichern können“, erklärt Rainer Stamm, Direktor des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte. „Denn wenn das Objekt in irgendeiner Form beschädigt würde, muss das Land dafür aufkommen“, stellt er klar.

„Es gibt einen Remise-Innenhof“, sagt Bernd Eylers. „Da kann es jeden Abend hineingezogen werden.“ Genau über diese Möglichkeit will er mit dem Museumsdirektor sprechen. Der wiederum wartet auf die Maße des Reiterstandbildes. „Eine Tonne wiegt es und ist etwa 3,50 Meter hoch, wenn es auf dem Anhänger steht“, sagt Bernd Eylers. Ob der Remise-Innenhof am Ende die Lösung sein wird, daran arbeiten derzeit beide Seiten. Schließlich müsste das Pferd mit dem Grafen jeden Abend bis in den Juli dort hinein- und morgens wieder herausgezogen werden.

Das Reiterstandbild des Dresdener Künstlers Walter Hilpert wurde vor sieben Jahren von dem inzwischen verstorbenen Oldenburger Unternehmer Klaus Dierks in Auftrag gegeben. Bernd Eylers unterstützte sein Vorhaben stets. Klaus Dierks Vorstellung war es, das Kunstwerk der Stadt Oldenburg zu schenken, damit sie für den Grafen einen ordentlichen Platz findet. Am liebsten vor dem Schloss. Allerdings hatte er sein Vorhaben seinerzeit weder mit dem Ministerium noch mit dem Museum oder der Stadt besprochen.

Als er das Reiterstandbild erstmals der Öffentlichkeit beim Landesturnier in Rastede präsentierte, gingen die Meinungen weit auseinander und die Stadt hat das Geschenk gar nicht erst angenommen. Auch alle Bemühungen, vor allem durch den einstigen Niedersächsischen Landtagspräsidenten, Oberbürgermeister von Oldenburg und SPD-Landtagsabgeordneten Horst Milde, den Grafen vor dem Schloss, also auf dem Terrain des Landes Niedersachsen, aufzustellen, scheiterten am Widerstand der Museumsleitung und des Ministeriums.

Ein Reiterstandbild mit Graf Anton Günther ist zu einem fahrenden Denkmal geworden.

Ein Reiterstandbild mit Graf Anton Günther ist zu einem fahrenden Denkmal geworden.
Foto: Christian Kruse

Seither fristet der reitende Graf sein Dasein auf dem Areal einer Autowaschanlage im Oldenburger Stadtteil Kreyenbrück. Und das soll nach dem Willen der Erben des Reiterstandbildes und dem Waschanlagenbetreiber auch so bleiben. Allerdings gibt es eben einen zweiten Guss, der Bernd Eylers gehört und den er zu bestimmten Anlässen öffentlich auf einem Anhänger präsentiert. Genau um den geht es. Der soll im Schloss zu sehen sein, was den Leihgeber freuen würde, denn „der Graf ist eine Identifikationsfigur. Die meisten Oldenburger würden ihn gern für immer vor dem Schloss sehen“, ist er sich sicher.

Stattdessen befinden sich Museum und Leihgeber in einer fast schon grotesken Hängepartie. Bernd Eylers sieht das gelassen. Die Idee mit dem Innenhof will er mit Rainer Stamm prüfen. „Ansonsten soll es ein fahrendes Denkmal sein“, sagt er. „Ich habe großen Spaß daran. Sobald ich irgendwo vorfahre, kommen die Menschen auf mich zu und wir führen schöne Gespräche. Das macht einfach großen Spaß.“

Sein nächstes großes Projekt für den Sommer steht schon fest: „Ich fahre mit dem Reiterstandbild nach Cholet, Oldenburgs französische Partnerstadt“, kündigt er an. „Sie glauben gar nicht, was da Schönes passiert. Wo ich mit dem Reiterstandbild auftauche, interessieren sich die Menschen sofort für Graf Anton Günther und sein Pferd. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ich den Grafen eines Tages in Pop Art bemale“, sagt er. „Aber dafür brauche ich viel Zeit und die habe ich jetzt nicht.“

Vorheriger Artikel

„Fridays for Future“: Schüler streiken für mehr Klimaschutz

Nächster Artikel

TabulaRaaza: Weltstar Paul van Dyk kommt nach Oldenburg

1 Kommentar

  1. W. Lorenzen-Pranger
    10. Februar 2019 um 13.03 — Antworten

    Zitat: „…„der Graf ist eine Identifikationsfigur. Die meisten Oldenburger würden ihn gern für immer vor dem Schloss sehen“, ist er sich sicher.“
    Das könnte ja fast sein, denn „die meisten Oldenburger“ haben von Kunst und Kunstgeschichte nun mal keine Ahnung, meinen aber mitreden zu können. Das ist das seltsame mit der Kunst ganz allgemein: Die, die selbst mit der gesprochenen und geschriebenen Sprache ihres eigenen Landes noch grotesk hadern – obwohl man das über meist fast ein Jahrzehnt (!) in der Schule doch gelernt haben sollte – die wissen plötzlich über die sehr viel komplexere Sprache der Kunst sehr genau bescheid. Ohne je etwas darüber auch nur im Anasatz mal gelesen zu haben, von Studium wollen wir da ger nicht erst reden. Sie wissen halt, was „alle“ wissen: „Kunst kommt von Können“ – basta. (https://de.wikipedia.org/wiki/Kunst_kommt_von_K%C3%B6nnen) Daß sich der Kunstbegriff in der weiteren Entwicklung immer wieder veränderte, wobei das Können als erste Voraussetzung der Kunst, aber nicht als in der Aussage wichtigster Bestandteil zeigt, ist den laienhaften Betrachtern meist verborgen geblieben. Jede weitere Beschäftigung ist also unnötig, und so kann eben kaum jemand Kunst und Kunsthandwerk, Kunst und Kitsch, unterscheiden. Ganz offensichtlich gehört auch der „Künstler“ Bernd Eylers zu diesem Typ Menschen – und, da er fachlich nun mal nicht mithalten kann, drückt er jetzt auf die Tränendrüse. Dem armen Grafen könnte ja etwas passieren. Warum sollte es wohl? Wen regt so ein Stück in Bronze gegossener unzeitgemäßer Kitsch so auf, daß er ihn beschädigen sollte? Aber darum gehts ja nicht, es geht darum, daß Arikel wie dieser Aufmerksamkeit erregen sollen – der Pferdefotogaf wäre doch, ach so offensichtlich, so gern „als Künstler und Förderer der Kunst“ berühmt…

Einen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.