Kultur

Eleganz und Anmut treffen Dynamik und Puls

Concertante von Antoine Jully am Oldenburgischen Staatstheater.

„Concertante“ von Antoine Jully am Oldenburgischen Staatstheater.
Foto: Martina Pipprich

Oldenburg (vs) Welches tänzerische Potenzial in der BallettCompagnie Oldenburg des Oldenburgischen Staatstheaters steckt, zeigt sich im besonderen Maße, wenn Gastchoreografen mit den Tänzerinnen und Tänzern arbeiten. So gesehen auch bei den neuesten Produktionen im Kleinen Haus.

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Martin Schläpfer, mehrfach ausgezeichneter Choreograf aus der Schweiz, hat zwei Teile eines vierteiligen Abends erarbeitet. Den Anfang und das Ende gestaltete Hauschoreograf Antoine Jully. Begeisterter Applaus für alle Beteiligten war der verdiente Lohn für knapp zwei Stunden moderner, abstrakter Tanzkunst der Spitzenklasse. Wie gut, dass die Zusammenarbeit mit Martin Schläpfer in der kommenden Spielzeit fortgesetzt wird.

Die Verbindung von Musikinstrumenten untereinander und die Bewegungen, die das Ensemble damit entwickelt und fortführt sowie das gesellschaftliche Miteinander im Einzelnen und in der Gruppe zog sich wie ein roter Faden durch den Abend. Jully startete mit „Concertante“ nach dem Werk des ungarischen Komponisten György Kurtág. Das Ensemble in hautengen Anzügen agiert und reagiert in dieser Uraufführung auf die Klänge der Instrumente. Im Solo, als Duett und im ganzen Ensemble ist abstrakte Bewegung zu sehen. Alleine, miteinander, gegeneinander formieren sich die neun Tänzerinnen und Tänzer.

Nicole Omezolli allein gehört der Bühnenraum in Martin Schläpfers Arbeit „Ramifications“ („Verästelungen“). Zu der gleichnamigen Musik des Ungarn György Ligeti zeigt die Italienerin auf Spitze und im goldschimmernden Kleid Bewegungskunst auf höchsten Niveau. Still und in sich gekehrt bewegt sich die Tänzerin mit sanfter Anmut und im direkten Gegensatz dazu mit Ausdruck und Kraft. Ein Solo, das zeigt, welche Körperbeherrschung und Beweglichkeit Tanz benötigt.

Melancholischer Beziehungstanz

Begegnen ohne sich zu sehen vom vierteiligen Ballettabend Schläpfer/Jully.

„Begegnen ohne sich zu sehen“ vom vierteiligen Ballettabend „Schläpfer/Jully“.
Foto: Martina Pipprich

Gesteigert werden Anmut und Ausdruck im Pas de deux „Quartz“ des Schweizers mit Marié Shimada und Herick Moreira. Zu den Musikstücken „Ghostyhead“ von Rickie Lee Jones, der albanischen Volksmusik „Ku Verove veren-o“ sowie „City of Quarz“ von Marianne Faithfull zeigt sich der Wandel einer introvertierten Frau und der Annäherung an ihren Tanzpartner bis beide als Paar verschmelzen. Anfangs steht die grazile Japanerin allein am vorderen Bühnenrand. Ihren Körper erforschend, bewegt sie sich in ihrer eigenen Welt. Der im dunklen Hintergrund wartende, ihr abgewandte, Tänzer tritt unverhofft in ihren Tanzraum und damit in ihre Welt. Was folgt ist ein Annähern und Abwenden und dem berührenden Zusammenkommen. Mit viel Harmonie und Melancholie verschmelzen wunderschöne Bewegungen eines Paares mit der Musik. Tanz mit Gänsehautgarantie.

Lebendig und verspielt präsentiert Antoine Jully in seiner zweiten Uraufführung des Abends „Begegnen ohne sich zu sehen“ das komplette Tanzensemble auf der Bühne. Zu Carl Philipp Emanuel Bachs 1. und 2. Sinfonie bietet der Pariser Choreograf eine sehr dynamische und temporeiche Arbeit. Menschen im Alltag, die keinen Blick für das Miteinander haben und in sich ihrem eigenen Kosmos unserer schnellen Welt bewegen, bilden die Grundlage. Zum schnellen Rhythmus der Musik wird gelaufen, gerannt, gesprungen, sich zufällig begegnet, um auch sofort wieder auseinander zu gehen. Auch hier gibt es wieder vereinzelt die ironischen Elemente zu sehen, ohne die (leider) keine Arbeit von Antoine Jully auskommt.

Termine und Karten unter www.staatstheater.de.

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