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Ein Kiwi fern ab der Heimat

Ein Kiwi auf der anderen Seite der Welt: Der 24-Jährige Neuseeländer vor dem Oldenburger Schloss. A Kiwi on the other side of the world: the 24 year old New Zealander in front of the Oldenburg castle.

Ein Kiwi auf der anderen Seite der Welt: Der 24-Jährige Neuseeländer vor dem Oldenburger Schloss.
A Kiwi on the other side of the world: the 24 year old New Zealander in front of the Oldenburg castle.
Foto: Danielle Zollickhofer.

Oldenburg (Danielle C. Zollickhofer) Neuseeland: das Land der Kiwis, Hobbits und einzigartigen Naturvielfalt. Dorthin zieht es pro Jahr knapp 3,5 Millionen Touristen aus aller Welt. Für ein Land mit einer Population von 4,8 Millionen ist das viel. Rund 100.000 Deutsche sind unter den Besuchern. Aber wie sieht es mit Neuseeländern in Deutschland aus? Laut Statistik hielten sich im letzten Jahr 3300 Neuseeländer in der Bundesrepublik auf. Matthew James ist dieses Jahr zum ersten Mal in Deutschland und hat auch Oldenburg besucht. Aber was macht ein Kiwi 18.058 Kilometer fern ab der Heimat? Die OOZ hat mit ihm gesprochen.

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Normalerweise lebt der 24-jährige Matthew James in Hamilton, auf der Nordinsel Neuseelands. Er ist auf dem Te Aroha College zur Schule gegangen und hat anschließend eine Ausbildung zum Maschinenbauingenieur gemacht. Zurzeit wohnt er in einer WG in Hamilton, der viertgrößten Stadt des Landes. Dort leben 165.000 Menschen, es ist also vergleichbar mit Oldenburg (170.000 Einwohner). Aber das Leben ist komplett unterschiedlich.

OOZ: Wie sind Sie denn auf Oldenburg gekommen?
Matthew James: Die Liebe hat mich hergeführt. Ich habe zu Hause im Souvenirladen meiner Mutter ein Mädchen kennengelernt. Das kommt von hier und hat in Neuseeland ein Auslandsjahr verbracht. Wir wurden ein Paar, und als sie dann nach einem Jahr nach Hause musste, wollte ich sie besuchen.

OOZ: Was ist in Oldenburg anders als in Hamilton?
Matthew James: (lacht) Alles. Nein, ohne Spaß, Oldenburg ist ganz anders als Hamilton. Das Stadtbild ist viel schöner. Alte Gebäude und Backsteinbauten, Schlösser und Fußgängerzonen gibt es in Hamilton nicht. Auch die Menschen sind anders: In Neuseeland grüßt jeder jeden auf der Straße und in den Geschäften wird man sofort auf das Wetter angesprochen oder gefragt, wie es einem geht – man wird regelrecht in ein Gespräch verwickelt, was aber mit dem Kauf nichts zu tun hat. Hier macht jeder sein Ding und in den Läden fragen die Verkäufer nur, ob sie helfen können. Das gefällt mir. Was mir negativ aufgefallen ist: die Hektik. Alle Menschen scheinen super gestresst und gehetzt zu sein.

OOZ: Gab es etwas, was sie besonders beeindruckt hat?
Matthew James: Das Oldenburger Schloss auf jeden Fall. Und die Bürgersteige, weil es genug Platz für Fahrradfahrer und Fußgänger gibt. Dann die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel – in Hamilton sind die Busse meistens leer und fahren auch nicht in so kurzen Abständen. Die Frischfleischtheke im Supermarkt ist auch sehr faszinierend für mich: Bei Aufschnitt gibt es bei uns nicht viel Auswahl und es schmeckt auch nicht so gut. Außerdem kann man hier einfach Scheiben „bestellen“ und von Vielem zu probieren.

OOZ: Womit haben Sie hier überhaupt nicht gerechnet?
Matthew James: Mit der enormen Menge an Radfahrern. Und dem Sortiment der Supermärkte! (lacht) Wirklich, ich liebe es, hier einzukaufen. Es gibt so viel Auswahl. Schon allein das Nudelregal: Vollkornnudeln, bunte Nudeln, verschiedene Formen und das Ganze dann noch von mindestens sechs unterschiedlichen Marken. Zuhause gibt es maximal zwei und erst recht nicht so viele Sorten.

OOZ: Was war Ihr lustigstes Erlebnis?
Matthew James: Noch in Hamilton habe ich meine Freundin einmal gefragt, ob sie Fahrrad fahren könne. Daraufhin hat sie mich erst entgeistert angesehen und dann lautstark losgelacht. Ich habe das nicht verstanden. Als ich dann hergekommen bin, habe ich schnell gemerkt, warum das so eine blöde Frage war.

OOZ: Und was das Schlimmste?
Matthew James: Eines Mittags, so gegen halb zwei, musste ich den Bus nehmen. An den ersten Haltestellen war auch noch alles in Ordnung, bis dann plötzlich eine Horde von Schülern einstieg. Dadurch standen wir so dicht aneinandergedrängt und konnten kaum noch atmen. Von vorne drückten und drängelten natürlich die Leute, um den Bus noch zu bekommen. Dabei war einfach kein Platz mehr. Aber ob man das jetzt direkt als schlimm bezeichnen kann? Für Sie ist das der Alltag. Und für mich war es einfach nur ungewohnt.

OOZ: Welche Orte werden Sie außer Oldenburg noch besuchen?
Matthew James: Auf dem Plan stehen kleinere Ausflüge in die Region: Bad Zwischenahn, Wilhelmshaven und Bremen, vielleicht Dangast. Als etwas längere Rundreise dann Hamburg, Berlin und München. Und wenn ich schon mal hier in Europa bin, möchte ich mir einen Traum erfüllen: Einen Kurztrip nach Paris, um den Eiffelturm zu sehen.

Dann wünschen wir viel Spaß und bedanken uns für das Gespräch.

Matthew James in Blue Springs, einem Wasserschutzgebiet bei Putaruru (Nordinsel) in der Nähe seiner Heimat. Matthew James at Blue Springs, near Putaruru. Blue Springs is a creek known for its clear water.

Matthew James in Blue Springs, einem Wasserschutzgebiet bei Putaruru (Nordinsel) in der Nähe seiner Heimat.
Matthew James at Blue Springs, near Putaruru. Blue Springs is a creek known for its clear water.
Foto: Danielle Zollickhofer

Gut zu wissen:
Hamilton liegt im Waikato District auf der Nordinsel Neuseelands und 140 Kilometer südlich von Auckland. Die Stadt selbst und insbesondere die Region sind stark landwirtschaftlich geprägt und als Zentrum der Milchwirtschaft Neuseelands bekannt. Hamilton liegt am Waikato River, Neuseelands längstem Fluss. Als Sehenswürdigkeit sind die Hamilton Gardens sehr beliebt.

Der Souvenirladen „Little Gem“ von James Mutter befindet sich an der Hauptstraße in Tirau, einem Dorf, 40 Minuten von Hamilton entfernt.

Hier berichtet eine Oldenburgerin über ihre Erfahrungen in Neuseeland.

English Version

A Kiwi gone astray

Oldenburg (Danielle C. Zollickhofer) New Zealand – the country of Kiwis, Hobbits and unique landscape. 3,5 Million tourists from all around the world are visiting the island every year. That is a lot for a country with a population of 4.5 Million inhabitants. About 100.000 of the visitors are German. But what about New Zealanders coming to Germany? According to statistics, there were 3300 New Zealanders in Germany last year.
Matthew James came to Germany for the first time this year. One of his destinations was Oldenburg. But what is a kiwi doing here – 18.058 km away from home? The OOZ talked to him.

24 year old Matthew James usually lives in Hamilton on New Zealand’s North Island. He went to Te Aroha College before he started an apprenticeship as a mechanical engineer. Currently, he lives in the fourth biggest city of the country. With its 165.000 inhabitants it is comparable in size with Oldenburg (170.000 inhabitants). Life, however, is completely different.

OOZ: Why did you choose Oldenburg as your destination?
Matthew James: Love brought me here. In my mum’s souvenir shop back home, I met a girl from Germany. She is from Oldenburg and spent a gap year in New Zealand. We became a couple and when she had to go home after a year, I wanted to visit her.

OOZ: What is different in Oldenburg compared to Hamilton?
Matthew James (laughs): Everything! Honestly, I’m not joking. Oldenburg is completely different compared to home. The city centre is way prettier. Old buildings, brick buildings, castles and pedestrian zones don’t exist in Hamilton. The people are different as well: In New Zealand, everyone greets you on the streets and in the shops, the assistants will start talking about the weather or ask how you are doing – you get caught up in a chat that has nothing to do with what you intended to buy. Here everyone does their own thing and the shop assistants just offer to help. I like that. One negative thing that caught my eye was that everyone seemed to be in a hurry. Germans always seem to be stressed and in a rush.

OOZ: Was there something that impressed you?
Matthew James: The Oldenburg castle of course. And the footpaths, because there is enough room for pedestrians and cyclists. And the amount of people using public transport – in Hamilton, the busses are mostly empty and don’t depart as regularly as in Oldenburg. The meat section in the supermarket was really fascinating for me, too: We don’t have as many different types of cold cuts, and they don’t taste as good. On top of that, you can just order a few slices so you can try out everything.

OOZ: What didn’t you expect at all?
Matthew James: The amount of cyclists. And the variety of goods in your supermarkets! (laughs) Really, I love to go grocery shopping here. There are so many things to choose from. Just look at the pasta shelf: full grain pasta, colourful pasta, pasta in different shapes and you can choose between more than six different brands. Back home there is a maximum of two brands and not even close as many types of pasta.

OOZ: What was your funniest experience?
Matthew James: When I was still in Hamilton I asked my girlfriend, if she knows how to ride a bike. She looked at me pretty dumbfounded before she cracked up laughing. When I came here I quickly realized why that was such a dumb question.

OOZ: And your worst experience?
Matthew James: One afternoon I had to take the bus. The first couple of stops were fine until suddenly a whole bunch of school kids entered the bus. We were standing so close to each other we could hardly breathe. People were squishing and pushing from the front so they didn’t miss the bus, but there was no more space in there. But would I consider that to be an awful experience? It is everyday life for you, I just wasn’t used to that.

OOZ: Do you plan on visiting other cities?
Matthew James: I have a couple of daytrips planned to see a bit of the surrounding area: Bad Zwischenahn, Wilhelmshaven and Bremen, maybe Dangast. As a bigger trip I thought of going to Hamburg, Berlin and Munich. And since I am already here in Europe, I want to tick something off my bucket list: a short trip to Paris to see the Eiffel Tower.

We wish you a pleasant trip and thank you for the talk.

Good to know:
Hamilton is located in the Waikato district on the North Island of New Zealand and 140 kilometres south of Auckland. The city itself and especially the region are defined by agriculture. They are also known as the centre of the dairy industry of New Zealand.
The city lies next to the Waikato river, New Zealand’s longest river. A popular sight are the Hamilton Gardens.

The gift shop „Little Gem“ owned by Matthew James‘ mother can be found at the main road of Tirau, a village 40 minutes drive from Hamilton.

Click here to read about the experience of a girl from Oldenburg in New Zealand.

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1 Kommentar

  1. W. Lorenzen-Pranger
    19. Dezember 2019 um 20.57 — Antworten

    Matthew, fahren sie nach Dangast. Obwohl es nicht mehr ganz so idyllisch ist wie noch vor etlichen Jahren, ist es immer noch ein ganz zauberhafter Ort. Vor allem um das „Alte Kurhaus“ der Familie Tapken. Sie werden dort Moor und Nordseeküste mit Badestrand so nah bei einander vorfinden, wie es das in keinem anderen Ort an der Nordsee sonst noch einmal gibt. Und das alte Kurhaus atmet geradezu ein Stück Kunstgeschichte, genau so wie das Franz-Radziwill Haus. Es lohnt sich, das mal gesehen zu haben – und jetzt im Winter ist es auch nicht so schlimm überlaufen.

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