Mundschutz immer unbeliebter

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Politiker, Wissenschaftler und viele Bürger sind besorgt über den zunehmend laxen Umgang ihrer Landsleute mit der Maskenpflicht. Es könne von einer „regelrechten Erosion des Maskentragens“ gesprochen werden, sagte Claus-Christian Carbon von der Universität Bamberg der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS). Der Wahrnehmungspsychologe forscht zu den Bedingungen, unter denen Bürger Masken akzeptieren.
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Er sieht verschiedene Gründe dafür, dass manche die Maske nicht oder nur nachlässig – Mund verdeckt, Nase frei – tragen. Zum einen sieht er Überschneidungen zwischen Maskenverweigerern und Systemkritikern, die der Bundesregierung, den Wissenschaftlern, die sie berieten, und den klassischen Medien grundsätzlich nicht glaubten. „Die wollen sich, indem sie auf Masken verzichten, gegen Merkel et alii stellen“, so Carbon. Diese These wird gestützt durch Erkenntnisse von Forschern, die im „Cosmo“-Projekt zusammenarbeiten. Sie messen fortlaufend, wie es um das Schutzverhalten der Deutschen bestellt ist. Demnach sei die Akzeptanz der Maßnahmen aktuell auf das Niveau von vor dem Lockdown gesunken. Knapp 20 Prozent der Befragten halten die Maßnahmen für übertrieben. Diese Gruppe, so die Forscher, unterscheide sich signifikant von der zufriedenen Mehrheit im Lande: Sie ist „schlechter über Schutzmaßnahmen informiert, vertraut den Behörden weniger, fühlt ein geringeres Risiko, nimmt den Ausbruch als einen Medienhype wahr und hängt eher Verschwörungstheorien an“. Der Psychologe Carbon glaubt aber auch, dass viele Menschen schlichtweg nachlässiger geworden sind, weil ihnen die Pandemie weniger bedrohlich vorkommt als noch im Frühjahr. Sie hätten den „Kontakt zu der Notwendigkeit“ verloren. Zuletzt habe es viele gute Nachrichten gegeben, und das Thema Krankheit sei in den Hintergrund gerückt. Die Leute wollten Sommerwetter und Urlaub genießen. Dazu hätten viele beobachtet, wie andere ohne Maske Bus fuhren oder einkauften. Das seien Momente, in denen das eigene Verhalten kippen könne. Nach dem Motto: Wenn der sich das erlaubt, erlaube ich es mir auch. Die Bahn hat unterdessen angekündigt, in großem Maßstab Einwegmasken verteilen zu wollen. In den nächsten Wochen werde sie „bundesweit mehr als 300.000 Masken an Reisende und Bahnhofsbesucher“ ausgeben, sagte ein Bahnsprecher der FAS. Zuletzt war immer wieder Kritik daran lautgeworden, dass in vielen Zügen Fahrgäste ohne Maske mitgefahren waren. Die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Ellen Lundershausen, warnte in der FAS Ärzte davor, Gefälligkeitsatteste auszustellen, um Menschen von der Maskenpflicht zu entbinden. „Man ärgert den Patienten nicht und erspart sich in dem Moment Diskussionen.“ Nur wenige schwere Erkrankungen machten es unzumutbar, eine Maske zu tragen, sagte sie der FAS. Und wer diese Krankheiten habe, sei oft in einer Verfassung, dass er gar nicht rauswolle. Auch die Landesärztekammer Hessen hielt es vor wenigen Tagen für nötig, Ärzte öffentlich davor zu warnen, Patienten aus Gefälligkeit von der Maskenpflicht zu befreien.
Foto: Demo von Corona-Skeptikern am 01.08.2020, über dts Nachrichtenagentur
2 Kommentare
Ich beobachte aber keine „Erosion des Maskentragens“, zumindest nicht in der Stadt in der ich lebe, nämlich der hessischen Landeshauptstadt. Auch in Frankfurt oder Mainz, wo ich öfters unterwegs bin tragen alle Menschen in Bussen, Bahnen und Geschäften immer einen Mund-Nasenschutz.
Ich selbst stehe dem Tragen eines Mund-Nasenschutzes zwar eher skeptisch gegenüber, weil ich, aufgrund zahlreicher diesbezüglich geführter wissenschaftlicher Evidenzen, nicht wirklich davon überzeugt bin, dass das Tragen der „Alltagsmaske“ dazu geeignet ist einen effizienten Transmissionsschutz zu gewährleisten.
Dennoch trage ich, schon allein aus Rücksicht auf äußerst verängstigte Mitmenschen, beim Einkaufen sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln stets die „Alltagsmaske“. Meine persönliche Ansicht, dass diese eigentlich eher eine Art „Zierat“, als einen wirklich effizienten Schutz darstellt, spielt bei meinem Verhalten in der Öffentlichkeit keine Rolle.
Sollen jetzt die angeblich „unvorsichtige“ und das Tragen einer Maske „erodierende“ Bevölkerung dieses Landes den schwarzen Peter zugeschoben bekommen?
Es wird ohnehin, wahrscheinlich eher im Winter/Frühling als im Herbst, zu einem weiteren, aber temporären, Ansteigen der Infektionszahl kommen. Die anderen vier, bereits seit langem in der menschlichen Population endemischen humanen Coronaviren (hCoV229E, hCoVhKU1, hCoVOC43 und hCoVNL63) zeigen saisonale Peaks in den Monaten Dezember, Januar,Februar und März. Sie „hinken“ damit den saisonalen Influenzaviren etwas „hinterher“. Es gibt keinen Grund z der Annahme, dass SARS-CoV 2 sich anders verhalten wird als seine „nächsten Verwandten“.
Diese Peaks gehen immer und ganz von allein ab Ende März wieder herunter. Ein zweiter Lockdown wäre schon deswegen völlig überflüssig.