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Kein EU-Land will sich an gemeinsamen Kampftruppen beteiligen

Bundeswehr-Panzer ´Marder´, über dts Nachrichtenagentur

Brüssel (dts Nachrichtenagentur) – Trotz mehrfacher Aufforderungen an die EU-Regierungen ist bisher kein europäisches Land bereit, im ersten Halbjahr 2021 Personal und Waffen für die beiden sogenannten EU-Kampftruppen (EU Battle Groups) zur Verfügung zu stellen. Das berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf hohe informierte Diplomatenkreise in Brüssel. EU-Diplomaten sagten weiter, die EU-Kampftruppen müssten in der Regel ein Jahr im Voraus feststehen, damit die beteiligten Nationen zusammen üben können, um im Krisenfall einsatzbereit zu sein.

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Die Sprecherin des EU-Außenbeauftragten, Nabila Massrali, bestätigte der „Welt am Sonntag“: „Die Diskussionen mit den Mitgliedstaaten, um die Lücken bei den EU-Kampftruppen im ersten Halbjahr 2021 zu schließen, gehen weiter.“ Massrali verwies auch darauf, dass der Rat der EU-Außenminister bereits am 17. Juni 2020 „die Mitgliedstaaten ermutigt hat, die verbliebenen Lücken in der Dienstliste der EU-Kampftruppen, die eine wichtige operationelle und schnelle Reaktionseinheit für die EU ist, zu füllen“. Der oberste EU-Militär, General Claudio Graziano, hatte am 9. Juli bei einem Generalstabstreffen in Brüssel an die Mitgliedstaaten appelliert, Truppen und Material in Brüssel für die EU-Kampftruppen zu melden, berichtet die „Welt am Sonntag“ weiter. Kritik an der Entwicklung kommt vom Chef des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, David McAllister (CDU). „Wenn die EU als effektiver und glaubwürdiger globaler Akteur wahrgenommen werden soll, benötigt es einen stärkeren und echten Willen der Mitgliedstaaten, außenpolitische Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehört auch, eigene militärische Fähigkeiten zu stärken und auszubauen“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Hintergrund: Die EU-Kampftruppen sind militärische Krisenreaktionskräfte, die in einem Radius von 6000 Kilometern von Brüssel (also vorzugsweise in Afrika und im Nahen Osten) eingesetzt werden können. Sie sollen humanitäre Hilfe (z.B. Evakuierungen) leisten, aber auch für militärische Stabilisierungsoperationen in Krisengebieten und zur Prävention von kriegerischen Auseinandersetzungen in einer Region eingesetzt werden. Die EU-Kampftruppen sollen innerhalb von zwei Wochen im Einsatzgebiet sein können. In der EU werden jeweils zwei Kampftruppen für ein halbes Jahr unter Leitung einer jeweiligen Führungsnation (lead nation) vorgehalten. Derzeit (06-12/2020) werden die schnellen Einsatzkräfte von Deutschland und Italien als Führungsnationen gestellt. Weitere Länder, wie beispielsweise Österreich, Tschechien, Finnland, Irland, Griechenland oder Portugal, beteiligen sich. Eine EU-Kampftruppe umfasst in der Regel rund 1.500 Mann. EU-Kampftruppen verfügen über schweres militärisches Gerät wie Panzer, ABC-Abwehrkräfte, Kampfhubschrauber und Flugabwehrsysteme. Die EU-Krisenreaktionskräfte gibt es seit 2005, sie gelangten aber noch nie zum Einsatz. Vor dem Hintergrund des neuen machtpolitischen Anspruchs der EU und zunehmender Konflikte vor der europäischen Haustür wurde ein Einsatz in jüngster Zeit aber immer wieder diskutiert.

Foto: Bundeswehr-Panzer ´Marder´, über dts Nachrichtenagentur

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