Theater

Theaterkritik: Jesus rockt das Große Haus

Oedo Kuipers spielt den Jesus in Jesus Christ Superstar am Oldenburgischen Staatstheater.

Oedo Kuipers spielt den Jesus in „Jesus Christ Superstar“ am Oldenburgischen Staatstheater.
Foto: Stephan Walzl

Oldenburg (vs) Das grell-bunte Plakat für die Rock-Oper „Jesus Christ Superstar“ lässt vermuten, was die Zuschauer im Oldenburgischen Staatstheater erwartet: kein verstaubter Religionsunterricht, keine braunen Kutten und Latschen, die vom Jesus ausgenommen, sondern eine zeitgemäße, kurzweilige Version mit viel Tempo, Licht und Tanz im Sinne einer Live-Rock-Show.

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Ein großes, stimmiges Ensemble mit Solisten, Chor, Extrachor und Tänzern fährt das Staatstheater auf. Das Publikum im ausverkauften Großen Haus feierte die temporeiche Inszenierung von Regisseur Erik Petersen, der bereits mit Jürgen Grimm als musikalischen Leiter „Evita“ in Oldenburg inszenierte, mit Szenenapplaus und stehenden Ovationen. Die Mischung aus Synthie-Rock, Balladen und Up-Tempo-Nummern ist kraftvoll angelegt, der Gesang hat ausreichend Raum, ein direkter Ohrwurm bleibt aus.

In zwei Stunden erzählt Erik Petersen die letzten Tage von Jesus, der, dem heutigen Zeitgeist angepasst, als Rockstar einerseits seine Anhänger begeistert und andererseits ebenso unter dem Erwartungs- und Erfolgsdruck leidet. Verehrung und Fall liegen, wie auch im heutigen Showbusiness, dicht beieinander. Oedo Kuipers gibt als aufstrebender Musicalsänger mit seiner klaren Stimme die passende Figur für Jesus mit seinen Selbstzweifeln. Neben dem Niederländer wissen besonders sein Gegenspieler Judas (Rupert Markthaler, der rockige Part), Martyna Cymerman als Maria Magdalena mit ihren bezaubernden Höhen sowie Mark Weigel als Pontius Pilatus das Publikum zu begeistern. Paul Brady bekommt als Herodes im schrillen silberglitzernen Outfit und Strass auf den Wimpern seinen eigenen Auftritt als Rockstar, der nicht nur die kreischende Menge auf der Bühne erfreut. Das Abendmahl kommt als ausgelassene Männerrunde mit Lagerfeuerromantik amüsant rüber.

Eine freie Bühne, mit Halbrund als abschließenden Hintergrund, und der präsenten Band gibt ohne Umbauten Platz für das Geschehen. Zwei große stählerne (Himmels-) Leitern sorgen senkend und hebend von links und rechts für entsprechende Auftrittsmöglichkeiten. Viel Licht ist im Spiel, das von Disco bis am Ende zum grell-weiß strahlenden Kreuz im schwarzen Hintergrund reicht und so die Kreuzigung eindrucksvoll in Szene setzt.

Das Abendmahl mit dem Chor und Rupert Markthaler als Judas.

Das Abendmahl mit dem Chor und Rupert Markthaler als Judas (rechts).
Foto: Stephan Walzl

Ohne Dialoge und nur durch die Lieder (Englisch mit deutscher Übertitelung) wird der Leidensweg des Jesus und der Verrat durch Judas aufgezeigt. Seine Fans feiern ihn und lassen ihn im nächsten Moment wieder fallen und himmeln den Nächsten an, der ihnen Gutes verspricht. So wie es die jungen Fans der heutigen Stars auch tun. Diese Sinneswandel sind durch die fehlenden Dialoge nur schwer nachvollziehbar. Das einzige Manko an dieser soliden Inszenierung.

Termine und Karten sind unter www.staatstheater.de zu finden.

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