Erster Weser-Tatort beim „3. Bremer Filmfest“ präsentiert
Bremen (Achim Neubauer) Bereits 24 Jahre bevor Radio Bremen 1997 Sabine Postel als Kommissarin Lürsen auf die Bildschirme schickte, gab es einen Tatort aus Bremen, eine unter Fans so genannte „Eintagsfliege“. Hans Häckermann, der spätere langjährige Intendant des Oldenburger Staatstheaters, ermittelte als Kommissar Walter Böck unter der Regie von Dieter Wedel in dem Film „Ein ganz gewöhnlicher Mord“. Selten wiederholt, erlebte eine „restaurierte Fassung“ während des Bremer Filmfests am 23. September ihre Uraufführung.
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An der 1970 gestarteten Tatort-Reihe wollte sich Radio Bremen zunächst nur mit einem einmaligen Beitrag beteiligen. In den Vorgesprächen kamen Dieter Wedel und die Redakteurin Jutta Boehe überein, zur Grundlage des Films möglichst einen realen Kriminalfall zu machen, der tatsächlich in Bremen geschehen war. Letztlich waren es sogar zwei Kapitalverbrechen, die Wedel dann zu seinem Drehbuch verarbeitete, das im Herbst 1972 realisiert wurde und zwar fast genau mit denselben Schauspielern, mit denen er bereits 1971 in Hamburg den Dreiteiler „Einmal im Leben – Geschichte eines Eigenheims“ abgedreht hatte.
Der Fall: Friedhelm Sacher (Günter Strack), ein Vertreter für Damenoberbekleidung, hat in Bremen gute Geschäfte gemacht und ist – weil die Banken schon geschlossen haben – nicht mehr dazu in der Lage, seine Bareinnahmen einzuzahlen. Er geht abends noch los, um ein wenig Unterhaltung und Geselligkeit zu haben. In der Bahnhofsgaststätte lernt er Michael Puczek (Hans Brenner), Kurt Westhoff (Peter Schiff) und Wolfgang Henning (Volker Eckstein) kennen. Die drei ziehen gemeinsam durch die Nacht, wobei Friedhelm Sacher stets die Zeche übernimmt. Immer alkoholisierter machen die Vier ihren Weg von Lokal zu Lokal. Am nächsten Morgen wird Friedhelm Sacher in Bremen-Borgfeld am Ufer der Wümme tot aufgefunden.
Nun beginnt die Ermittlungsarbeit der Kriminalpolizei, die der Film dokumentarisch genau (meist mit Handkamera gefilmt) abzubilden versucht. Die Arbeitsbedingungen der Mordkommission sind eine schlichte Katastrophe. So haben die Männer um Kommissar Böck Schwierigkeiten ein Dienstfahrzeug zu organisieren, die Telefonleitungen im Polizeipräsidium sind stets überlastet; ständig platzt irgendein Mitarbeiter in die zu kleinen Büros hinein und stört Vernehmungen und Gespräche.
In seinem Drehbuch bedient sich Wedel für den Film eines Stilmittels, dass er schon in „Einmal im Leben“ angewandt hatte: Die Schauspieler; im Wesentlichen Hans Häckermann als Kommissar Böck, Brigitte Grothum (Polizeireporterin Dagmar Freidank) und Fritz Lichtenhahn (Staatsanwalt Dr. Fritz Jasmers) sprechen die Zuschauer direkt an, indem sie einem vermeintlichem Filmteam „Rede und Antwort“ stehen. Recht jovial äußert sich beispielsweise Kommissar Böck darüber, dass „Wasserleichen stinken wie Otter“ und ernüchtert stellt er fest: „Seltsamerweise werden Leichen nie während der Dienststunden gefunden.“
Nach der Erstausstrahlung wurde der Film gerade fünf Mal wiederholt; seit 2000 ruht er in den Archiven von Radio Bremen. Kinescope, Veranstalter des Bremer Filmfests brachte nun als „Bremer Klassiker“ diesen ersten Bremer Tatort auf die Leinwand der Schauburg im Ostertorviertel und hatte dazu Mitwirkende und Crew dieses Films eingeladen. So konnten zu der Aufführung Dagmar Berghoff (Sekretärin von Kommissar Böck), Til Erwig, Rainer Basedow (Kriminalbeamte) und Ursula Dirichs (Fräulein Schäfer) begrüßt werden. Zusammen mit Kameramann Rolf Romberg, der später dann auch am ersten Lürsen Tatort beteiligt gewesen war, konnten sie eine Neuabtastung des Films sehen, die gegenüber der letzten Ausstrahlung eine klare Verbesserung darstellt, allerdings keinesfalls der Bezeichnung „restauriert“ gerecht wird.
Ob – und wann diese Fassung nun im Rahmen einer Wiederholung auf dem Bildschirm zu sehen sein wird, bleibt unklar.
2 Kommentare
Der Autor schreibt von Heinz Häclermann, doch er hieß wohl HANS Häckermann
>Immer alkoholisierter machen die Vier ihren Weg von Lokal zu Lokal.
Und in die Helenenstraße. (hehe)