Scheidungskosten steigen – warum der Immobilienwert in Oldenburg jetzt besonders wichtig wird

Katharina Heid, Geschäftsführerin der Heid Immobilienbewertung, erklärt, warum eine präzise Immobilienbewertung bei der Scheidung entscheidend ist.
Foto: privat
Anzeige Bei fast jeder dritten Scheidung geht es um das gemeinsame Haus. Ein gerichtsfestes Gutachten kann Zehntausende Euro Unterschied machen. Seit Juni 2025 gelten in Deutschland höhere Gebühren für Scheidungsverfahren. Die neue Kostenrechtsreform erhöht die Anwalts- und Gerichtskosten um rund sechs Prozent. Für Paare, die sich trennen und eine gemeinsame Immobilie besitzen, spielt der korrekte Immobilienwert deshalb eine immer größere Rolle.
Viele Ehen enden vor Gericht – Immobilie oft größter Streitpunkt
Im Jahr 2024 wurden in Deutschland rund 129.300 Ehen geschieden. Durchschnittlich hielt eine Ehe knapp 15 Jahre. In dieser Zeit erwerben viele Paare gemeinsam Wohneigentum. Bei mehr als der Hälfte aller Scheidungen sind minderjährige Kinder betroffen – insgesamt rund 111.000 Kinder im vergangenen Jahr. Die Frage, wer im Haus bleibt, ist dann besonders heikel.
Zugewinnausgleich: Warum der Immobilienwert entscheidend ist
Ohne Ehevertrag leben Paare automatisch in einer Zugewinngemeinschaft. Bei der Scheidung wird das gemeinsam erworbene Vermögen hälftig geteilt. Das Haus oder die Eigentumswohnung bildet dabei meist den bedeutendsten Vermögensposten. Wichtig zu wissen: Auch wenn die Immobilie nur einem Partner gehört, ist der Wertzuwachs während der Ehe ausgleichspflichtig. Tilgungen aus gemeinsamem Einkommen, Modernisierungen oder allgemeine Marktbewegungen fließen in die Berechnung ein.
Immobilienmarkt in Niedersachsen: Regionale Unterschiede beachten
Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Einfamilienhäuser liegt in Oldenburg aktuell bei rund 3.100 Euro – deutlich über dem niedersächsischen Durchschnitt von etwa 2.300 Euro. Je nach Stadtteil variieren die Preise erheblich: In der Innenstadt oder in Eversten liegen sie
teils bei über 3.500 Euro pro Quadratmeter, während Randlagen wie Osternburg oder Kreyenbrück günstiger ausfallen. Ein typisches Einfamilienhaus mit 150 Quadratmetern hat damit einen Marktwert von etwa 465.000 Euro. Bei einer hälftigen Aufteilung im Scheidungsverfahren geht es also schnell um Ausgleichszahlungen von mehr als 200.000 Euro.
„Viele Paare unterschätzen, welche finanziellen Folgen eine ungenaue Wertermittlung haben kann“, erklärt Katharina Heid, Geschäftsführerin der Heid Immobilienbewertung. „Wird das Haus zu niedrig bewertet, erhält der ausgezahlte Partner weniger als ihm zusteht. Wird es zu hoch angesetzt, zahlt derjenige, der die Immobilie übernimmt, mehr als nötig. In beiden Fällen geht es schnell um Summen von 20.000 Euro oder mehr.“
Drei Optionen für Paare
Bei einer Scheidung mit Immobilie gibt es grundsätzlich drei realistische Wege, um mit dem gemeinsamen Haus umzugehen:
- Erstens kann ein Partner den anderen auszahlen und das Haus übernehmen.
- Zweitens können beide gemeinsam verkaufen und den Erlös teilen.
- Drittens – wenn keine Einigung möglich ist – droht eine Teilungsversteigerung. Letztere ist für beide Seiten meist die ungünstigste Lösung: Die Immobilie wird öffentlich versteigert, oft unter Marktwert. Erfahrungsgemäß liegen die Erlöse bei Teilungsversteigerungen 20 bis 30 Prozent unter dem eigentlichen Verkehrswert.
Gerichtsfestes Gutachten schafft Sicherheit
Ein Verkehrswertgutachten schafft Klarheit. Anders als bei kostenlosen Online-Bewertungen berücksichtigt ein DIN-zertifizierter Sachverständiger individuelle Faktoren wie Bausubstanz, Modernisierungszustand, Lage und aktuelle Marktentwicklung. Gerichte akzeptieren solche qualifizierten Gutachten als Grundlage für Entscheidungen zum Zugewinnausgleich oder zur Nutzungsregelung.
„Gerade bei einer Scheidung ist es wichtig, dass ein neutraler Dritter den Wert ermittelt“, betont Katharina Heid. „Ohne Gutachten erleben wir häufig, dass ein Partner das Haus auf 400.000 Euro schätzt, der andere auf 500.000 Euro besteht – oft beeinflusst von emotionaler Bindung oder taktischen Überlegungen. Ein objektives Gutachten schafft eine gemeinsame Verhandlungsbasis und verhindert, dass solche Differenzen über Monate vor dem Familiengericht ausgetragen werden müssen.“
Besondere Herausforderung: Immobilien mit laufender Finanzierung
Viele Paare, die sich nach zehn oder fünfzehn Ehejahren trennen, haben ihre Immobilie noch nicht vollständig abbezahlt. Die Restschuld muss bei der Bewertung berücksichtigt werden, was die Berechnung des Zugewinnausgleichs zusätzlich verkompliziert. Hinzu kommt die Frage, wer die laufenden Kreditraten während des Trennungsjahres übernimmt. Ein professionelles Gutachten dokumentiert den aktuellen Marktwert unabhängig von der Finanzierungssituation und schafft so eine belastbare Grundlage für alle weiteren Verhandlungen.
Was ein Verkehrswertgutachten bei Scheidung leisten muss
Die Bewertung einer Immobilie im Scheidungsfall unterscheidet sich deutlich von Standardbewertungen etwa bei Finanzierung oder Verkauf. Im güterrechtlichen Verfahren muss das Gutachten gerichtsfest, methodisch korrekt und nachvollziehbar dokumentiert sein. Konkret bedeutet das: Die Bewertung erfolgt nach § 194 BauGB und den Vorgaben der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV).
Besonders wichtig ist die stichtagsgenaue Bewertung zum relevanten Zeitpunkt – etwa zur Eheschließung oder zur Zustellung des Scheidungsantrags. Ein qualifiziertes Verkehrswertgutachten dient vor Gericht als Beweismittel und bildet die Grundlage für eine rechtlich tragfähige Berechnung des Zugewinnausgleichs.
Warum Paare frühzeitig eine Immobilienbewertung einholen sollten
Wer eine Scheidung plant, sollte frühzeitig ein professionelles Verkehrswertgutachten in Betracht ziehen. Je früher der Immobilienwert geklärt ist, desto leichter lassen sich faire und tragfähige Vereinbarungen treffen. Gleichzeitig sinkt das Risiko, dass Konflikte eskalieren und ein kostspieliges Gerichtsverfahren entsteht.




