Politik

CSD: Bundestagskandidaten in der Diskussion

eter Meiwald (Bündnis 90/Die Grünen), Dennis Rohde (SPD), Martin Michels (Die Linke), Stephan Albani (CDU), Holger Lubitz (Piratenpartei) und Sebastian Fröhlich (FDP) äußern sich zu den Fragen der Moderatoren Frederick Schnittker und Frauke Sterwerf.

Peter Meiwald (Bündnis 90/Die Grünen), Dennis Rohde (SPD), Martin Michels (Die Linke), Stephan Albani (CDU), Holger Lubitz (Piratenpartei) und Sebastian Fröhlich (FDP) (von links) äußern sich zu den Fragen der Moderatoren Frederick Schnittker und Frauke Sterwerf.
Foto: Anja Michaeli

Oldenburg (nb) Im Rahmen des CSD Nordwest in Oldenburg lud der Veranstalter LuST e.V. am vergangenen Mittwoch zu einer Podiumsdiskussion ins Kulturzentrum PFL. Die Direktkandidaten für die kommende Bundestagswahl stellten sich den Fragen zum diesjährigen Motto „Endlich =“, es ging unter anderem um die Position des Landes zu Lesben-Schwulen-Bi-Transgender-Themen in der Innen- und Außenpolitik.

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Die Kandidaten der demokratischen Parteien Peter Meiwald (Bündnis 90 / Die Grünen), Dennis Rohde (SPD), Martin Michels (Die Linke), Stephan Albani (CDU), Holger Lubitz (Piratenpartei) und Sebastian Fröhlich (FDP, in Vertretung für MdB Dr. Christiane Ratjen-Damerau) hatten sich im Vorfeld auf Fragen vorbereitet, zu denen sie sich äußern sollten. Nach den einzelnen Themengebieten Innen- und Außenpolitik stellte das Publikum eigene Fragen. Geleitet wurde die Veranstaltung von Frauke Sterwerf und Frederick Schnittker vom Verein LuST.

Zu Beginn stellten sich die Kandidaten den Fragen nach der Einhaltung der Menschenrechte. Fröhlich führte aus, dass Dirk Niebel (FDP), Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, schon in der Vergangenheit angedroht habe, die wirtschaftliche Förderung einzustellen, wenn geplante Strafgesetze gegen Schwule verabschiedet würden. So habe er Einfluss nehmen können. Michels stellte fest, dass solche Gesetze anscheinend ihre Mehrheiten fänden und Sanktionen vor allem die Armen treffe. Ein weiteres Problem sah Rohde, am Ende würden die LGBT (englische Abkürzung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender und -sexuelle) für wirtschaftliche Sanktionen verantwortlich gemacht, man solle die Aufklärung vor Ort fördern. So sah es auch Lubitz, auch bei anderen Fällen sei es fraglich, ob wirtschaftliche Sanktionen überhaupt etwas brächten, das Arbeiten vor Ort könnte wichtiger sein. Die Gesamtstrategie in Menschenrechtsfragen sei noch nicht adäquat beantwortet, betonte Meiwald.

Auch aktuelle Problemländer wie Russland und Frankreich wurden besprochen. In Russland kämpft die Regierung gegen „Homosexuellen-Propaganda“, und in Frankreich gehen die Menschen auf die Straße, um gegen das Öffnen der Gesetze für gleichgeschlechtliche Paare zu demonstrieren. Man müsse die Beziehungen über die wirtschaftliche hinaus einschränken, sagte Meiwald, insbesondere Rüstungsexporte zurücksetzen. Mit Konsequenzen würden Türen komplett geschlossen, sagte Fröhlich: „Ich weiß nicht, wer bei H&M kauft, der bekommt dann halt kein Shirt mehr. Ich weiß nicht, wer mit Gas heizt, der bekommt dann halt kein Gas aus Russland.“ Der Verbraucher könne selbst mehr ändern. Albani sagte: „Die Frage ist auch einfach eine Frage der Hilflosigkeit, im diplomatischen Zusammenhang hat man nicht so viele Mittel.“

Ein weiteres Thema war die Politik im Auftrag des Bundesgerichtshofes. „Die Sache mit der gleichgeschlechtlichen Ehe war längst überfällig.“, so Michels. Albani hatte bei dieser Problematik mit Vorwürfen aus dem Publikum zu kämpfen, seine Partei habe sich lange gegen diesen Fortschritt gewehrt. Er sei der erste CDU-Kandidat seit drei Jahren, der sich im Rahmen des CSD der Diskussion stellt, so Albani. Er selbst sieht der Öffnung weiterer Rechte (für LGBT) freudig entgegen und entschuldigte das Verhalten der Partei: „Die CDU ist die Summe vieler Menschen.“ Man müsse seiner Linie konsequent folgen und dabei die gesamte Gesellschaft mitnehmen, Toleranz ließe sich nicht erzwingen, Meinungsbildung brauche Zeit. Stimmen aus dem Publikum kritisierten das rein reaktionäre Handeln. Fröhlich sagte, die FDP hätte auch schon früher dafür gestimmt, aber die „Gesetzesvorlage der Opposition war fehlerhaft“. Das Schlimme an der Debatte sei, sagte Rohde, dass es jetzt hieße: „Karlsruhe hat das entschieden“. Viel mehr müsse es in Zukunft heißen: „Wir wollen das – und nicht weil Karlsruhe es entschieden hat!“ Alle Kandidaten stimmten dem zu, man wolle auch ohne Karlsruhe weitere Rechte im Sinne der LGBT entscheiden. Meiwald schätzt das Recht auf künstliche Befruchtung auch positiv ein: „Ich denke, dass das in den nächsten anderthalb Jahren umsetzbar sein muss.“ Grundsätzlich standen auch alle offen zur Adoption. „Wenn das Kindswohl gewährleistet ist, kann kein Gericht der Welt das passé homosexuellen Paaren absprechen.“, so Michels. Lubitz sagte: „Eine Adoption ist nicht an einen Schein haftbar“, es sei immer eine Einzelfallentscheidung, bei jeder Partnerschaft.

Die Rechtslage in Deutschland sieht es vor, unter anderem homosexuellen, intersexuellen oder transsexuellen Asylsuchenden Schutz zu bieten, doch die Rechtsumsetzung sähe oft anders aus. „Es darf nicht heißen, im Zweifel gegen den Menschen, sondern im Zweifel für den Menschen“, sagte Rohde und Albani stimmte ihm darin zu: „Erst Schutz, dann Prüfung!“ Meiwald, der bereits im ostafrikanischen Rwanda gearbeitet hatte, sagte: „Die meisten Leute kommen gar nicht erst hier her.“ Aus Rwanda bekäme man gar keinen direkten Flug nach Deutschland. „Dann ist das Gesetz nur die Hälfte des Papiers wert.“ Bei dem Geld, das Europa in die Abschottung investiere, sei es auch bei Zweifeln möglich, einen Flüchtling finanziell in Deutschland aufzunehmen.

Zum Schluss gab es eine letzte Frage aus dem Publikum, ob die Kandidaten auf der CSD Demo erscheinen würden. SPD und Grüne seien auf Wägen vertreten, Linke, Piraten und die FDP mit einem Stand – Albani müsse auf den Geburtstag seines Sohnes, er sei in letzter Zeit wenig zu Hause gewesen.

Ob wirklich schon alles dem Motto entsprechend „Endlich =“ ist, wird die weitere Entwicklung zeigen. Vielleicht nehmen die Kandidaten, von denen einige durch gute Listenplätze eine gute Chance haben, in den Bundestag zu kommen, so manchen Gedanken mit. Damit beendete die Moderatorin die weitgehend ruhige Diskussion.

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