Oldenburg

Protestaktion: Tierversuche an der Uni Oldenburg

In der Oldenburger Fußgängerzone protestierten am Dienstag Tierschützer gegen die Tierversuche an der Universität Oldenburg und übergaben anschließend rund 35.000 Unterschriften gegen das Töten von Tieren zu Forschungszwecken.

In der Oldenburger Fußgängerzone protestierten am Dienstag Tierschützer gegen die Tierversuche an der Universität Oldenburg und übergaben anschließend rund 35.000 Unterschriften gegen das Töten von Tieren zu Forschungszwecken.
Foto: Volker Schulze

Oldenburg (vs/pm) Für Interesse bei den Passanten sorgte in dieser Woche eine Mahnwache gegen Tierversuche in der Fußgängerzone. Aktivisten vom Peta-Zwei-Streetteam Oldenburg und die Arbeitsgruppe Bremen des Vereins Ärzte gegen Tierversuche aus Köln protestierten mit Plakaten und Spruchtafeln gegen die Tierversuche an der Universität Oldenburg. Mit Rotkehlchen- und Hühnermasken trugen sie Schilder wie „Ich bin kein Versuchsobjekt“ und „Artenschutz ist kein Freibrief für Tiermord“. Die Universität bezieht Stellung zu den Forschungsprojekten.

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Mit dieser Aktion und der vorangegangenen bundesweiten Online-Unterschriftenaktion wollten beide Vereine erneut auf das Leid aufmerksam machen, das Vögeln an der Universität Oldenburg angetan werde. Im Rahmen der Petition gegen diese Tierversuche zur Erforschung des Orientierungssinnes bei Zugvögeln kamen rund 35.000 Unterschriften zusammen. Eine persönliche Übergabe beim zuständigen Institut für Biologie und Umweltwissenschaften der Universität kam zum Bedauern der Tierschützer nicht zustande. Der für diese Forschungsversuche verantwortliche Prof. Dr. Henrik Mouritsen konnte aufgrund eines Auslandsaufenthaltes die Petition nicht persönlich entgegennehmen. Die zuständige Forschergruppe war dazu nicht bereit. „Wir hätten gerne mit den Verantwortlichen über dieses Thema diskutiert, was leider nicht möglich war“, sagte Dr. med. vet. Corina Gericke, zweite Vorsitzende des Vereins „Ärzte gegen Tierversuche“ aus Köln. Die Unterschriften wurden dem zuständigen Sekretariat übergeben.

Für die Untersuchung des Navigationssinns von Zugvögeln sollen seit mindestens 14 Jahren Rotkehlchen und andere Vögel getötet worden sein. Allein für eine 2018 veröffentlichte Studie seien 40 Rotkehlchen und 25 Hühner getötet worden, so Peta. Für einen Teil des Projekts wäre auch der Einsatz von Zellkulturen geplant. Nach Ansicht von Peta und Ärzte gegen Tierversuche geht es dabei um reine Grundlagenforschung. „Die Erforschung der Orientierung von Zugvögeln mag wissenschaftlich interessant sein, es ist aber absolut nicht angemessen, dafür Tiere zu töten. Der Artenschutz wird von den Experimentatoren zur Rechtfertigung ihres Tuns vorgeschoben. Dabei ist es ein eklatanter Widerspruch, durch das Fangen, Quälen und Töten von Tieren, Arten schützen zu wollen. Bei den Tierversuchen stehen rein persönliche Interessen, Karriere und wissenschaftliche Neugier im Vordergrund. Die Veröffentlichung von eigenen Forschungsergebnissen in Fachpublikationen ist für die Forscher das Wichtigste“, so die stellvertretende Vorsitzende. „Wir fordern die Universität Oldenburg auf, die Tierquälerei sofort zu beenden und auf tierleidfreie Forschungsmethoden umzusteigen“, so Anne Meinert, Kognitionsbiologin und Fachreferentin Bereich Tierversuche bei Peta abschließend.

Dem widerspricht die Universität Oldenburg vehement. Seit Jahren habe man sich ein Prinzip (3R-Prinzip https://www.tierversuche-verstehen.de/das3rprinzip/) zur Leitlinie gemacht, so dass durch intensive Forschung immer mehr Alternativen zur Tierverwendung und zum Tierversuch eingeführt werden können.

Stellungnahme der Universität zur Forschung an Zugvögeln

Prof. Dr. Henrik Mouritsen handele nach diesen Leitlinien und seine Forschung trage dazu bei, das Verständnis von biologischen Sinnessystemen deutlich zu verbessern. „Die Ergebnisse leisten zudem einen wichtigen Beitrag zum Vogelschutz“, so die Universität. Rotkehlchen gehören zu den zehn häufigsten Vogelarten in Deutschland und die erforschten Erkenntnisse können helfen, bedrohte und seltene Zugvogelarten zu schützen.

Das Forschungsprojekt „QuantumBirds“

In Zusammenarbeit mit der Universität Oxford will Prof. Mouritsen aufklären, wie Vögel das Erdmagnetfeld wahrnehmen. Wissenschaftler vermuten, dass sich der magnetische „Kompass“ der Tiere im Auge befindet und auf quantenchemischen Effekten beruht.

Das Projekt wurde kürzlich von der Europäischen Union bewilligte und wird mit 8,6 Millionen Euro gefördert. Das auf sechs Jahre angelegte Projekt komme, so die Universität, zu zwei Dritteln ohne Tiertötungen aus. Es werden voraussichtlich 10 bis 20 Hühner pro Jahr getötet und im späteren Verlauf des Projektes zusätzlich eine geringe Anzahl von Zugvögeln, um zu klären, wie die Tiere magnetische Informationen im Auge wahrnehmen und an das Gehirn weitergeleitet werden. Dabei ginge es keineswegs um Tierversuche. Die Wissenschaftler arbeiten zudem mit Zellkulturen.

Zusätzliche Informationen gibt es unter www.presse.uni-oldenburg.de/mit/2018/342.html

Weitere Forschungsprojekte

Neben dem Projekt „QuantumBirds“ gibt es an der Universität Oldenburg weitere Forschungsprojekte zur Orientierungsfähigkeit von Zugvögeln. Grundsätzlich gelte dabei, dass alle Versuche, Tötungen und Fänge von Vögeln durch die zuständigen Behörden ausdrücklich genehmigt worden sei und den gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Für die Untersuchungen seien die Wissenschaftler auf Wildfänge angewiesen, da Verhaltensbeobachtungen nur an Tieren möglich sind, die natürliche Zugerfahrungen haben. Zu den wissenschaftlichen und ethischen Grundsätzen gehöre es, dass aus Forschungsgründen so wenige Vögel wie möglich getötet werden. Nur wenn statistisch belegbare Ergebnisse mit kleinen Stichproben zu erwarten sind, werden Versuchsserien durchgeführt. Es wurde und wird bewusst auf wissenschaftlich vielversprechende Versuche verzichtet, weil die dazu erforderliche Tierzahl zu hoch erschien.

Rotkehlchen in der Forschung

„Rotkehlchen sind so häufig, dass bei dem Fang eines Tieres ein anderes sofort sein Revier übernimmt und erst dadurch einen Lebensraum hat“, teilt die Universität mit. Der Fang weniger Rotkehlchen zu Forschungszwecken hat keinen negativen Einfluss auf die natürliche Population. Im Jahr 2017 seien insgesamt 16 Rotkehlchen fachgerecht und tierschutzkonform getötet worden. Betrachtet man die vergangenen fünf Jahre, lag die durchschnittliche Zahl bei 28 Tieren pro Jahr. Im Vergleich: Jede freilaufende der sechs Millionen Hauskatzen töte jährlich 25 bis 50 Wildvögel. Die Zahl der für die Forschung getöteten Tiere sei für eine große, experimentell tätige Arbeitsgruppe sehr gering, auch gemessen an der hohen Relevanz der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Für die Universität steht dies in einem ethisch vertretbaren Verhältnis.

Forschung für Vogelschutz

Die Universität nennt Beispiele: „Weltweit gab und gibt es Versuche, Zugvögel umzusiedeln, deren Brut-, Aufenthalts- oder Wintergebiete bedroht sind – in der Regel durch menschliche Einflüsse. Dazu gehört beispielsweise das Einschleppen von Ratten per Schiff auf eine Insel, wo die Nagetiere dann in Brutgebiete eindringen. Solche Umsiedlungen sind in der Regel äußerst schwierig, da die Zugvögel wieder in die gewohnten Gebiete zurückkehren. Nur wenn vollständig verstanden ist, wie Zugvögel sich orientieren, können ihre Navigationssysteme „ausgetrickst“ werden und solche Projekte zum Erfolg führen. Unsere Forschung leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.“

Mehr Informationen zu anderen Beispielen unter gibt es unter www.presse.uni-oldenburg.de/mit/2014/173.html oder www.presse.uni-oldenburg.de/mit/2015/358.html.

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