Interview: Klima-Vernetzung trifft auf zögerliche Stadtpolitik

Die Gruppe KlimaVernetzt bringt Initiativen zusammen.
Foto: Archiv DTS
Oldenburg (Svenja Kaden/am) Die Gruppe KlimaVernetzt bringt in Oldenburg Menschen zusammen, die sich für Klima- und Umweltschutz engagieren. Sie ist an den Verein Jugendaktion Natur- und Umweltschutz Oldenburg (JANUN) angebunden und organisiert regelmäßige Vernetzungstreffen für Einzelpersonen, Gruppen und Bündnisse. Ziel ist es, den Austausch zu fördern und gemeinsame Aktivitäten zu koordinieren. Wir haben mit der JANUN-Jugendbildungsreferentin Olga Vinnica gesprochen.
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Regionale Vernetzung und Beteiligung
Redaktion: Wie fördern Sie regionale Vernetzung konkret? Wer kann sich einbringen – und wie? Können auch Einzelpersonen mitmachen oder etwas einreichen?
Olga Vinnica: Wir freuen uns, wenn Einzelpersonen aktiv werden wollen. Auf unserer Seite können deshalb auch Einzelpersonen eigene Projekte einstellen und so Mitstreiter/innen für ihre Ideen finden. Wie Menschen Projekte und Termine auf der Website eintragen, wird dort ausführlich erklärt. Gleiches gilt für die Vernetzungstreffen. Wichtig ist, dass der Fokus auf Klima und Umwelt liegt und dass ein gewisses Grundverständnis geteilt wird, zu dem ein klares Bekenntnis zu demokratischen Werten und gegen Diskriminierung jeglicher Art gehört – so wie wir es in unserem Selbstverständnis auf der Website formuliert haben.
Redaktion: Ihr Ziel ist es, Menschen zu vernetzen. Wie wollen Sie diejenigen erreichen, die nicht sowieso schon engagiert sind?
Olga Vinnica: Die Bandbreite der Projekte, Gruppen und Veranstaltungen ist – dank dem bestehenden Engagement vieler Menschen in Oldenburg und der Region – schon sehr groß. Ob Kleidertausch, handwerklicher Workshop oder Fahrradtour zum Windpark – oft nehmen Menschen nicht nur an Veranstaltungen teil, weil sie begeistert für Klimaschutz sind, sondern auch aus anderen Gründen. Indem wir sichtbar machen, dass Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz so facettenreich sind, wollen wir Menschen dazu ermuntern, sich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen und die Bezüge mehr zu sehen. Aber natürlich braucht es auch weiterhin mehr Öffentlichkeitsarbeit und Überzeugungsarbeit, um zu zeigen, dass das Thema uns alle angeht und auch im Alltag eine Rolle spielt – auch wenn viele Menschen aus verschiedenen Gründen nicht direkt engagierte Klimaschützer/innen werden können oder wollen.
Konkrete Zusammenarbeit und Wirkung
Redaktion: Sie sprechen auf Ihrer Website von „Synergieeffekten“ und „Vernetzung“. Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, bei dem durch Ihre Plattform tatsächlich eine neue Zusammenarbeit entstanden ist – mit messbarem Ergebnis? Oder bleibt das bisher eher ein Versprechen?
Olga Vinnica: Der Markt der Zukunft ist hierbei ein konkretes Beispiel. Die Idee und das Orga-Team haben sich über eines der Vernetzungstreffen zusammengefunden. Über die Vernetzungstreffen konnte auch die Gestaltung des Marktes besprochen werden. Am 13. September wird der Markt der Zukunft auf dem Schlossplatz in diesem Jahr nun schon zum zweiten Mal stattfinden.
Auch Arbeitsgruppen zu anderen Themen haben sich bereits auf den Vernetzungstreffen zusammengefunden. Außerdem erleichtert der direkte Erfahrungsaustausch – z. B. zu Fördermöglichkeiten, Kontakten bei der Stadt oder nutzbaren Räumen und Ressourcen – immer wieder die Arbeit in einzelnen Gruppen oder Projekten.
Redaktion: Wie schätzen Sie die Unterstützung durch die Stadt Oldenburg ein? Gibt es ausreichend verbindliche Strukturen für Zusammenarbeit – oder bleibt vieles symbolisch?
Olga Vinnica: Die städtische Projektförderung „Alle fürs Klima“ hilft bei der Umsetzung konkreter Projekte, auch wir erhalten hierdurch finanzielle Förderung, um z. B. die Kosten für den Betrieb der Website zu decken. Das neue Klimaportal der Stadt schafft nun auch endlich mehr Transparenz hinsichtlich der Umsetzung von Maßnahmen seitens der Stadt – hierbei zeigt sich allerdings, dass an zu vielen Stellen noch der Wille zu entschiedenem Handeln fehlt. Wir nehmen auch die Bemühungen der Stadt um Bürger/innenbeteiligung wahr, etwa über die Seite „Gemeinsam Oldenburg“ oder über öffentliche Veranstaltungen, z. B. zum ISEK (Integriertes Stadtentwicklungskonzept). Hier wäre aber konkret zum Thema Klima- und Umweltschutz noch sehr viel mehr möglich und die Stadt könnte dem Thema insgesamt noch viel mehr Sichtbarkeit verschaffen!
Vernetzung als Mittel zur Veränderung
Redaktion: Braucht es in Zeiten akuter Klimakrise nicht vor allem konkrete Projekte, politischen Druck oder Verhaltensveränderung – statt noch mehr Plattform? Andere Städte wie Freiburg, Münster oder Heidelberg werden regelmäßig für ihren Klimaschutz im Stadtraum ausgezeichnet – mit autofreien Zonen, konsequenter Stadtbegrünung oder innovativer Bürgerbeteiligung. Gibt es in Oldenburg vergleichbare Projekte? Falls nicht: Woran scheitert es?
Olga Vinnica: Die konkrete Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen seitens der Stadt lässt in einigen Punkten definitiv zu wünschen übrig, gerade im Bereich Verkehr. Auch bei geplanten Projekten wie dem Bau der Fliegerhorststraße durch den Heidbrook wird Klima- und Umweltschutz viel zu wenig beachtet. Wir sehen unsere Arbeit nicht in Konkurrenz mit konkreten Projekten, sondern als Unterstützung genau dafür! Der politische Druck kann nur dann entstehen, wenn viele Gruppen und möglichst viele Stimmen aus der Bevölkerung an einem Strang ziehen – und dafür braucht es Sichtbarkeit und Vernetzung.
Redaktion: Was würden Sie sagen: Ist Oldenburg mutig genug in seinen klimapolitischen Entscheidungen – oder fehlt es an politischem Willen, um echte Veränderungen in der Stadt sichtbar zu machen?
Olga Vinnica: Gerade in der Verkehrspolitik fehlt hier eindeutig der politische Wille, mutige Schritte zu gehen, um den Autoverkehr zu reduzieren, Fahrradinfrastruktur und öffentlichen Nahverkehr zu verbessern. Viele Schritte in die richtige Richtung brauchen viel zu lang in der Umsetzung. Gleichzeitig wirken Vorhaben wie der geplante Bau der Fliegerhorststraße wie aus der Zeit gefallen und völlig unvereinbar mit Klima- und Artenschutz. Bei vielen Themen, wie bei der Baumschutzsatzung oder der Unterschutzstellung schützenswerter Gebiete, braucht es lange und harte Überzeugungsarbeit. Natürlich läuft einiges auch in Oldenburg gut und auch in der Verwaltung setzen sich zahlreiche Menschen mit Nachdruck für Klima und Umwelt ein. Unterm Strich wird das Handeln der Stadt dennoch leider der dramatischen Lage nicht gerecht!
Weitere Informationen zu den Projekten und Gruppen bietet die Website klimaprojekte-oldenburg.de. Zusätzlich lädt KlimaVernetzt alle Interessierten zu den regelmäßig stattfindenden Vernetzungstreffen ein. Diese finden quartalsweise statt, dauern etwa zwei Stunden und beginnen jeweils um 18 Uhr im Coworking Space Core Oldenburg, Heiligengeiststraße 6-8.
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