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Konrad-Adenauer-Stiftung: Es fehlt ein Triage-Gesetz

Rettungswagen, über dts Nachrichtenagentur

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – In den europäischen Ländern fehlen Triage-Empfehlungen der Parlamente oder sogar ein Triage-Gesetz, obgleich die Covid-19-Pandemie nachdrücklich die Notwendigkeit zeigt. Auf diese „legislative Zurückhaltung“ macht die Konrad-Adenauer-Stiftung in einer Studie aufmerksam, über welche die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtet. Für die Studie wurden Intensivmediziner in neun westeuropäischen Ländern befragt, wie bei ihnen Triage gehandhabt wird.

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In acht dieser Länder gibt es seit Corona diverse Leitlinien, Empfehlungen, Handlungsanleitungen, berichtet die FAS. Aber nur in Großbritannien mit seinem staatlichen Gesundheitssystem sind die Triage-Vorgaben faktisch verbindlich. In Dänemark hingegen gibt es gar keine Empfehlungen. Deutschland wiederum hat zwar viele Empfehlungen, von medizinischen Fachgesellschaften, Patientenorganisationen, der Bischofskonferenz, dem Ethikrat und der Bundesärztekammer. Sie widersprechen sich aber zum Teil, zitiert die FAS aus der Studie. Autorin Katja Gelinsky sagte der FAS: „Das Problem liegt auf der Hand: Das Bestreben, möglichst viele Menschenleben zu retten, stößt sich mit der Vorgabe des Grundgesetzes, dass jedes Leben gleich wertvoll sei und das eine nicht gegen das andere abgewogen werden dürfe.“ Hinzu kämen diverse Gesetze, die von Medizinern zu beachten seien und einen Handlungsrahmen absteckten, aber eben nicht die entscheidende Frage beantworteten, „wie medizinische Ressourcen, die nicht für alle Erkrankten ausreichen, zuzuteilen sind“. Eine Antwort nach den klassischen medizinischen Kriterien helfe nicht weiter, es gehe um eine „normative Wertung“, so die Autorin. Und sie stellt fest, dass in allen betrachteten Ländern die Überlebenswahrscheinlichkeit, überhaupt der gesundheitliche Gesamtzustand der Patienten bei der Entscheidung eine Rolle spielen: „In allen Ländern folgt man ganz überwiegend einer überindividuellen, utilitaristischen Logik, knappe lebensrettende Ressourcen so einzusetzen, dass sie möglichst großen Nutzen für die Gesamtgesellschaft stiften.“ Nach Darstellung der FAS erhofft sich die Konrad-Adenauer-Stiftung von der Studie, dass künftig Triage nicht mehr nur etwas für ärztliche Fachkreise ist, sondern „eine breite öffentliche Debatte Vorgaben für die Triage auslotet“. Viele Beteiligte und Betroffene seien bislang noch gar nicht zu Wort gekommen. Völlig unterschätzt werde die Rolle der Pflegekräfte. Gelinsky gegenüber der FAS: „Beatmungsgeräte und Intensivbetten lassen sich vielleicht noch beschaffen. Der eigentliche Engpass ist oft genug der Mangel an qualifizierten Pflegekräften.“

Foto: Rettungswagen, über dts Nachrichtenagentur

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1 Kommentar

  1. Tim
    25. Oktober 2020 um 3.39 — Antworten

    Dass der Wortlaut des Grundgesetzes niemanden mehr bekannt ist , zeigt sich täglich im Unterschied der Behandlung von Privat- und Kassenpatienten.
    Die Coronapandemie wird nun also mit einer Situation verglichen, die in Kriegszeiten nach verlusstreichen Gefechten herrscht, dass wir die Triage brauchen. Da hat der Geldadel und seine Beamtenbüttel ja nochmal Glück gehabt, dass sie die Entscheidung treffen, wer Systemrelevant ist und wer nicht.
    Ich würde vorschlagen, dass alle Rentner als letztes medizinische Behandlung bekommen. Die Rentenkasse wäre dafür dankbar.

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