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Verfassungsschutz muss Daten sofort löschen

Umgehend muss der Niedersächsische Verfassungsschutz 21 Prozent der personenbezogenen Datenspeicherung löschen, 18 Prozent zeitnah.

Heute wurde in Hannover der Task Force-Bericht vorgestellt.
Foto: Dominik Jaeck

Niedersachsen (am/pm) Umgehend muss der Niedersächsische Verfassungsschutz 21 Prozent der personenbezogenen Datenspeicherung löschen, 18 Prozent zeitnah, das teilt das Niedersächsische Innenministerium mit. Dies ist das Ergebnis der Task Force, die nach der Entdeckung fehlerhafter Speicherungen von Daten über Journalisten im Herbst eingerichtet wurde. Der Abschlussbericht wurde heute vorgestellt.

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Ein Fünftel aller Speicherungen (1937 Speicherungen) seien fehlerhaft und müssten deshalb umgehend gelöscht werden. Außerdem seien fast 18 Prozent (1564 Speicherungen) zeitnah aus der Amtsdatei zu entfernen. Zu diesen Ergebnissen kommt die im vergangenen Herbst vom Niedersächsischen Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, eingesetzte Task Force, die den personenbezogenen Datenbestand (9004 Datenspeicherungen) überprüft hat. Anlass für die Einsetzung der Task Force waren die im September letzten Jahres bei einer stichprobenartigen Prüfung der Verfassungsschutzpräsidentin entdeckten fehlerhaften Speicherungen von unter anderem journalistisch und publizistisch tätigen Personen. Pistorius: „Ich hatte ein solches Ergebnis nicht erwartet. Von den Daten, die die Task Force im letzten Herbst vorgefunden hat, werden danach in naher Zukunft nur gut 60 Prozent übrig bleiben. Das ist erschreckend, weil es nicht um Versehen oder individuelle Fehler einiger weniger Mitarbeiter geht, sondern weil das System offenbar versagt hat und es keine Absicherung gab. Nach diesen Ergebnissen liegt ein Fall von Organisationsverschulden vor.“

Ein Teil der Fälle ist laut der Task Force deshalb zu löschen, weil minderjährige Personen gespeichert wurden, obwohl sie keinen konkreten, individuell zurechenbaren Gewaltbezug aufweisen. Die meisten beanstandeten Speicherungen waren für die Aufgabenwahrnehmung des Verfassungsschutzes laut Bewertung nicht mehr erforderlich. Die Task Force kritisiert in ihrem Bericht, dass zahlreiche Daten häufig länger als notwendig gespeichert wurden, weil die Maximalfrist in einem Großteil der Fälle nicht die gesetzlich vorgesehene Ausnahme war, sondern automatisch zur Regel gemacht worden war. Grundsätzlich gilt bei personenbezogenen Speicherungen die gesetzliche Höchstfrist von fünf Jahren für die Wiedervorlage zur Prüfung der sogenannten Erforderlichkeit.

Hervorgehoben und beanstandet wird in dem Bericht, dass mehrere Fälle von bürgerlichem Protest als linksextremistisch eingestuft worden seien. Knapp 100 Personen wurden alleine wegen regelmäßiger Besuche von Freitagsgebeten in Moscheen langjährig gespeichert. Im Phänomenbereich Rechtsextremismus hat das im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex 2011 verfügte Löschmoratorium zu unangemessenen Verlängerungen von Wiedervorlagefristen geführt. Die Bereinigung dieses Datenbestandes wäre ohne das Löschmoratorium bereits erfolgt.

Innenminister Boris Pistorius: „Der Datenbestand muss jetzt schnellstmöglich bereinigt werden. Zusammen mit den im April vorgestellten Empfehlungen der Expertengruppe zur Reform des Niedersächsischen Verfassungsschutzes haben wir jetzt eine Grundlage für eine Neuausrichtung. Der reformierte Niedersächsische Verfassungsschutz muss seine Aufgabe zukünftig wesentlich klarer an den Grundrechten ausrichten und sensibel auf die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes achten.“

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