Friedvoller Auftakt – mit einem Misston
Oldenburg (Michael Exner) Sollte der Auftakt ein Signal für die kommenden Jahre gewesen sein, dann steht die Oldenburger Politik vor einer entspannten Ratsperiode. Die konstituierende Sitzung am Montagabend in den Weser-Ems-Hallen absolvierte der neue Rat jedenfalls in ungewöhnlich friedvoller Atmosphäre. Das kennt man aus früheren Jahren durchaus anders.
Anzeige
So fielen die Personalentscheidungen einstimmig und in offener Abstimmung – was auch daran lag, dass die dafür notwendigen Grausamkeiten vorher erledigt worden waren. Das betraf etwa die Wahl der Bürgermeisterinnen. Christine Wolff (Grüne) und Petra Averbeck (CDU) wurden in ihren Ämtern bestätigt. Einen Wechsel gab es bei der SPD, wobei die Begleitumstände für einen Misston sorgten. Germaid-Eilers Dörfler (68), seit 30 Jahren im Rat und insgesamt 15 Jahre (2001-06/2011-21) Bürgermeisterin, hatte parteiintern die Abstimmung gegen die halb so alte SPD-Vorsitzende Nicole Piechotta verloren (stimmte aber brav im Rat für die ungewünschte Nachfolgerin). Der im September wiedergewählte Oberbürgermeister Jürgen Krogmann würdigte Engagement und Verdienste Eilers-Dörflers und holte damit nach, was innerhalb der SPD zuvor offenbar versäumt worden war.
Einen Wechsel gab es auch im Ratsvorsitz, der nach ungeschriebener Übereinkunft der stärksten Fraktion zusteht – und das ist seit der Septemberwahl die der Grünen. Hier übernimmt Tim Harms von Bernhard Ellberg (SPD), der neben Esther Niewerth-Baumann (CDU) auf die Vize-Plätze rückt. Der Einstand des 27 Jahre alten Zollbeamten verlief ordentlich, wobei es ihm der Rat allerdings nicht allzu schwer machte.
In den Verwaltungsausschuss, der gewissermaßen zwischen den Ratssitzungen das politische Geschäft regelt, schicken die Grünen die Fraktionssprecher Rita Schilling und Oliver Rohde sowie Bürgermeisterin Christine Wolff. Die SPD entsendet neben dem Fraktionsvorsitzenden Ulf Prange Nicole Piechotta und Bernhard Ellberg, die CDU Petra Averbeck und Esther Niewerth-Baumann. Die Linke vertritt Holger Onken, Christiane Ratjen-Damerau die neue Gruppe FDP/Volt, die sich im wegen Parität im Sitzverteilungsverfahren notwendigen Losentscheid gegen die Grünen den zehnten Sitz gesichert hatte. Den elften besetzt qua Amt der Oberbürgermeister. Dass bei der Besetzung bisweilen bekannte Namen wieder auftauchen, liegt daran, dass Bürgermeister/innen per Gesetz Mitglied im Verwaltungsausschuss sein müssen.
Nicht entschieden ist derzeit die Frage, ob es (anders als in der vorigen Ratsperiode) zu einem festen Bündnis kommen wird. Derzeit laufen Gespräche zwischen SPD und Grünen, die dem Vernehmen nicht mehr von der Aversion der Vergangenheit geprägt sind.
Der Auftakt des neuen Rates bedeutet auch den Abschied von vertrauten Gesichtern. So kehrt bei den Linken Hans-Henning Adler nicht zurück. Der 72 Jahre alte ehemalige Landtagsabgeordnete war seit 1996 im Rat und über viele Jahre die prägende Figur der Oldenburger Linken. Adler hatte zwar in seinem Wahlbezirk wie üblich die Liste angeführt, doch Samira Mohamed Ali (die wohl von der Namensähnlichkeit mit ihrer Schwester, der Linken-Bundestagsabgeordneten profitierte) holte mehr persönliche Stimmen – und da (kleine Eigenheit des Wahlrechts) in diesem Stimmbezirk bei der Linken mehr persönliche als Parteistimmen abgegeben wurden, ging das Mandat an sie. Der zweite Abschied war geplanter: Sebastian Beer (40), seit 2006 im Rat und dort zwei Perioden Fraktionssprecher der Grünen, hatte im Vorfeld (und länger angekündigt) aus freien Stücken auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Beide werden dem Rat fehlen.
1 Kommentar
Lieber Herr Exner,
vielen Dank für Ihren Artikel. Bleibt nur die Frage, welche „Grausamkeiten“ eigentlich konkret notwendig sind, damit im Rat Einigkeit über Personalfragen entseht? Als brandneue Ratsfrau musste ich nun doch alleine für mich am Schreibtisch kurz laut lachen und werde meine FraktionskollegInnen morgen mal fragen, was es damit auf sich hat. Bis dahin: behalten Sie Ihren Humor und vertrauen Sie auf keinem Fall Ihrem Korrekturprogramm!
Herzliche Grüße
Jutta Schober-Stockmann