IW: Patente von freien Erfindern auf historischem Tiefststand
In Deutschland werden immer weniger Erfindungen von Privatpersonen zum Patent angemeldet. Das geht aus einer neuen Auswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hervor, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben) vorab berichten.
Demnach erreichte die Zahl der von Erfindern zum Patent angemeldeten Innovationen den letzten verfügbaren Zahlen zufolge einen historischen Tiefststand, so das IW. Das Institut beruft sich dabei auf Statistiken aus dem Jahre 2022, als 2.160 Patente von freien Erfindern angemeldet worden waren. Seit der Jahrtausendwende ist damit die Zahl der von freien Erfindern hervorgebrachten Erfindungen um gut 75 Prozent eingebrochen.
Grundsätzlich wird in Deutschland der Löwenanteil aller Patente von Unternehmen, Hochschulen oder sonstigen juristischen Personen angemeldet. Freie Erfinder werden laut IW statistisch gesehen aber immer weiter zurückgedrängt. Mitte der 1990er Jahre lag ihr Anteil an den gesamten Patentaktivität noch bei gut einem Viertel, heute sind es nur noch knapp fünf Prozent.
Die Erosion der freien Erfinder in Deutschland gehe ungebremst weiter, sagte der IW-Patent-Experte Oliver Koppel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe mit Blick auf die Ergebnisse der Erhebung. „Nach einem letzten kurzen Aufwärtstrend in der Corona-Pandemie hat das Niveau der von Garagentüftlern hervorgebrachten Patente ein neues Allzeittief erreicht – und es deutet nichts darauf hin, dass sich die Situation künftig nochmal verbessern wird“, sagte Koppel.
Grundsätzlich hätten es freie Erfinder schwerer als noch vor einigen Jahrzehnten. „Der Stand des Wissens hat sich drastisch erhöht, so dass es schlicht immer schwieriger wird, etwas wirklich Neues zu erfinden“, erklärte Fachmann Köppel. Inzwischen würden auch größere Konzerne und Industrieunternehmen auf größere Teams setzen. „Die Komplexität der Erfindungen ist gestiegen und Garagentüftlern fällt es zunehmend schwer, die Neuheitsschwelle zu überspringen“, fasste Koppel zusammen.
Der Patent-Experte selbst bricht aber eine Lanze für die sogenannten Garagentüftler. Diese würden sich durch ein „`Out-of-the-Box`-Denken auszeichnen, welches in wertvollen Innovationsimpulsen resultiert, die klassische Unternehmen in der Regel nicht erbringen können“, sagte Koppel.
Er forderte grundsätzlich mehr Hilfen für Erfinder. „Während die Förderung von Start-ups in Deutschland inzwischen sehr gut funktioniert und die Politik hier sehr viel investiert, ist die Förderung für Garagentüftler sogar zusammengestrichen worden“, so der Experte. Volkswirtschaftlich sei das zwar nicht katastrophal, aber Deutschland beraube sich wertvoller Innovationsimpulse.
Frauen sind der Studie zufolge allerdings aktiver als noch vor einiger Zeit. „Seit der Jahrtausendwende ist der Anteil freier Erfinderinnen an allen freien Patentanmeldungen von 6,4 auf 9,9 Prozent gestiegen“, heißt es in der Erhebung. Die generelle Erosion bei freien Erfindungen ist aber auch an den Tüftlerinnen nicht spurlos vorübergegangen: Hatten diese im Jahr 2000 deutschlandweit noch 575 Patentanmeldungen hervorgebracht, waren es 2022 nur noch 214, was jedoch immerhin noch 37 Prozent des Ausgangswerts entspricht, so das IW.
Im Vergleich zu ihren männlichen Pendants (23 Prozent) fiel der Rückgang bei freien Erfinderinnen somit deutlich geringer aus. Laut IW-Erhebung vereinten im Jahr 2022 die bevölkerungsreichsten Bundesländer auch die meisten Patentanmeldungen von Garagentüftlerinnen auf sich: Bayern (21,2 Prozent), Nordrhein-Westfalen (15,0 Prozent) und Baden-Württemberg (14,5 Prozent).
Hingegen stammt in den ostdeutschen Bundesländern (mit Berlin) mit 15,6 Prozent ein deutlich höherer Anteil aller Garagentüftlerpatente von Frauen als im Westen der Republik (8,9 Prozent). „Frauen bringen in Ostdeutschland bereits jede sechste bis siebte freie Erfindung hervor, während dies in Westdeutschland erst auf jede elfte zutrifft“, so die Studie.
Zu bekannten Patenten, die von Garagentüftler angemeldet wurden, zählen IW-Experte Koppel zufolge unter anderem das Frequenzsprungverfahren der Telekommunikation, die Funksteuerung für Torpedos, der Kaffeefilter, die Magnetschwebebahn und der Geschirrspüler. Auch der Klettverschluss und seine Entstehungsgeschichte sei ein „Paradebeispiel für eine Garagentüftlererfindung“.
Grundsätzlich stagniert die Zahl der Patentanmeldungen aus Deutschland IW-Angaben zufolge demografiebedingt seit Jahren. „Die Anzahl der beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten Patente steigt zwar, aber das Wachstum ist ausschließlich Anmeldern aus dem Ausland geschuldet, die für ihre Erfindungen auch Schutzwirkung in Deutschland erzielen möchten“, sagte Koppel. In anderen Ländern läuft es besser. China, die USA oder Südkorea hätten im Gegensatz zu Deutschland eine sehr positive Dynamik zu verzeichnen, so der Fachmann.
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dts Nachrichtenagentur
Foto: via dts Nachrichtenagentur
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