Ministerpräsident Schweitzer hält die SPD für zu langweilig
Angesichts ihres Dauertiefs ruft der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) seine Partei dazu auf, mit neuen Ideen und politischer Emotionalisierung um Vertrauen zu werben. „Emotionen waren und sind immer Teil von Politik. Wir sollten die politischen Emotionen nicht den Linken und der emotional toxischen AfD überlassen“, sagte Schweitzer dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe).
Die Begeisterung für politische Ideen hätten die SPD einst stark gemacht. „Diesen Geist müssen wir in uns selbst entfachen, damit andere begeistern“, sagte Schweitzer: „Viele Menschen warten nur auf ein starkes, emotional berührendes Gegenangebot aus der politischen Mitte zum Hass der AfD.“
Die SPD brauche „eine eigene politische Botschaft, ein attraktives Angebot, das die Menschen erreicht und berührt“, sagte Schweitzer, der seit Juni stellvertretender SPD-Vorsitzender ist. Erfolgreiches Regieren in Bund, Ländern und Kommunen sei wichtig, reiche aber nicht aus. „Ich habe den Eindruck, die SPD ist für viele etwas zu langweilig geworden. Wir brauchen neue politische Ideen und Impulse, einen neuen Stil“, sagte der Mainzer Regierungschef.
Die SPD sei „manchmal zu technokratisch“, und die Menschen wollten nicht nur bürokratische Antworten in Spiegelstrichen. „Die Welt dreht sich dramatisch. Darauf sollte die SPD auch mal grundsätzlich antworten“, sagte Schweitzer: „Wenn Sie so wollen: Wir müssen mehr mit dem Herzen argumentieren, nicht nur mit dem Taschenrechner.“
Er wolle frühere SPD-Wähler zurückgewinnen, indem die Sozialdemokraten nicht nur sauber regierten, sagte Schweitzer, „sondern Menschen auch begeistern können.“
In der Debatte um die Zukunft des Sozialstaates forderte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Union und SPD dazu auf, ihre „Grabenkämpfe“ und „parteipolitischen Rituale“ zu beenden. „Unser Sozialstaat ist zu analog, zu altmodisch“, sagte Schweitzer dem „Tagesspiegel“. „Es gibt zu viele Akteure: Kommunen, Kommunen untereinander, Kommunen nebeneinander, Kommunen und Land, Land und Bund, die Sozialversicherungen.“
Der SPD-Vize sagte weiter: „Wir geben sehr viel Geld aus, um den Sozialstaat zu verwalten, anstatt ihn zu gestalten.“ Wer den Sozialstaat erhalten wolle, müsse ihn modernisieren. „Diese Debatte muss die SPD prägen, vorantreiben. Die SPD muss mehr leisten, als von der Grundlinie aus Abwehrbälle zu schlagen.“
„Mich ärgern die parteipolitischen Rituale“, sagte Schweitzer. Noch immer höre er von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann „das alte Lied, gekürzte Sozialleistungen machten alles gut“, sagte Schweitzer: „Das ist genauso schädlich wie die Behauptung, am Sozialstaat dürfe sich nichts ändern. Union und SPD müssen raus aus diesen Grabenkämpfen.“
Mit Blick auf die geplante Reform des Bürgergeldes sagte Schweitzer, das beste Bürgergeld sei das, „das nicht ausgezahlt werden muss. Wir müssen Menschen besser und schneller befähigen, mit eigener Arbeit ein Leben aus eigener Regie zu führen. Das ist der Anspruch, nicht die ritualisierte Debatte à la: Wem nehmen wir was weg?“
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dts Nachrichtenagentur
Foto: via dts Nachrichtenagentur
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