Filmfest

Filmfest: Bruce Robinson wird mit Werkschau geehrt

Bruce Robinson wird in Oldenburg mit einer Retrospektive geehrt.

Bruce Robinson.
Foto: Internationales Filmfest Oldenburg

Oldenburg (am/pm) Das Internationale Filmfest Oldenburg ehrt einen der eigenwilligsten Macher des britischen Kinos mit einer Retrospektive: Bruce Robinson. Der Darsteller, Autor und Regisseur wird während des gesamten Filmfestivals in Oldenburg sein und acht seiner Filme in der ihm gewidmeten Werkschau vorstellen.

Anzeige

„Schreib es, verdammt, wofür bist du sonst gut?“ schrieb James Joyce. Diese Worte kleben an der Schreibmaschine des Autors und Regisseurs Bruce Robinson, der von der Kritik als „vernachlässigtes Genie des britischen Films“ erkannt wurde. „Selbst wenn er nach seinem quasi-autobiographischen Spielfilmdebüt ‚Withnail and I‘ (1987) nie einen weiteren Film gedreht hätte, sein Kultstatus in den Annalen der Filmgeschichte wäre gesichert“, schreibt das Filmfest-Team. „Der ikonischste coole Film der Welt“, schrieb Matthew Barnett vom Independent 2017 über den Film. 1985, zwei Jahre vor seinem Debüt als Regisseur, wurde mit „The Killing Fields“ Robinsons erstes Drehbuch verfilmt und zu einem Welterfolg. Robinson gewann den BAFTA Award und wurde für den Oscar nominiert.

Angefangen hat sein Weg zur Spitze der Filmbranche mit einer Schauspielausbildung an der Central School of Speech and Drama in London. Er debütierte als Schauspieler im Film „Romeo und Julia“ (1968) von Franco Zeffirelli mit der Rolle des Benvenio. Darauf folgten unter anderem Rollen in Ken Russells „The Music Lovers“, Truffauts „The Story of Adele H.“ und Carlo Lizzanis „Kleinhoff Hotel“.

Robinsons Erfahrungen als Schauspieler und seine Unzufriedenheit mit den Drehbüchern veranlassten ihn in den Siebzigern dazu, selber zu schreiben. Unmöglich sich von den Erfahrungen seiner schwierigen Kindheit zu lösen, kombinierte er Schmerz und Witz auf eine solch unverwechselbare Art und Weise, die ihn als etwas Einzigartiges auszeichnete und ihm die Aufmerksamkeit und dann die Unterstützung des Produzenten David Puttman einbrachte – der schließlich „The Killing Fields“ produzierte. Die Oscarnominierung ermöglichte Robinson mehr Kontrolle über seine Skripte und den Schritt hinter die Kamera, um bei der düsteren Komödie „Whitnail and I“ Regie zu führen.

Sein Hauptdarsteller Richard E. Grant wurde über Nacht zum Star und der Film landete als die große Entdeckung auf den Listen von Cineasten weltweit. Robinsons zweiter Film, „Kopf an Kopf“ aus dem Jahre 1989, war durch das tiefe Misstrauen gegen das Establishment – allem voran Margaret Thatcher – geprägt. Erneut bot das unabhängige Kino Robinson einen Weg, um gegen Ungerechtigkeit und das Establishment aufzubegehren.

„Jennifer 8“ (1992) mit Uma Thurman und Andy Garcia war sein dritter Film, bei dem er sowohl als Autor als auch Regisseur fungierte. Hochzufrieden mit dem Ergebnis musste er dann mit ansehen, wie Paramount begann, den Film nach mehreren Testscreenings zu verstümmeln. Robinson zog sich aus dem Filmgeschäft zurück und besann sich auf seine Liebe zum Schreiben. Die Literatur sicherte ihm die Kontrolle über sein Schaffen.

Johnny Depp in The Rum Diary.

Johnny Depp in „The Rum Diary“.
Foto: Internationales Filmfest Oldenburg

Sechs Jahre später kehrte er als Drehbuchautor von Neil Jordans „In Dreams“ zurück und wurde erneut von radikalen Änderungen desillusioniert, die von Regisseur und Produzenten vorgenommen wurden. Nur einer der größten Superstars der Welt, sein Freund Johnny Depp, konnte ihn aus seinem Film-Ruhestand holen, um 2011 Hunter S. Thompsons „The Rum Diaries“ zu adaptieren. Mit dem Versprechen von voller Kontrolle und Sicherheit sollte sein zweites Studioprojekt eine seiner besten Erfahrungen werden. Alles, bis auf zwei Zeilen Hunters, wurden von Robinson in seine eigenen Worte übernommen. Worte, die seine Stimme von „Tinte und Wut“ widerspiegeln.

Bruce Robinson: Die Retrospektive

„Romeo and Juliet“ (1968)
„The Story of Adele H“ (1975)
„Kleinhoff Hotel“ (1977)
„The Killing Fields“ (1984)
„Withnail and I“ (1987)
„How To Get Ahead in Advertising“ (1989)
„Jennifer 8“ (1992)
„The Rum Diary“ (2011)

Vorheriger Artikel

„job4u“: 161 Aussteller werben um Nachwuchs

Nächster Artikel

Seebrücke: Flashmob gegen das Sterben im Mittelmeer

4 Kommentare

  1. Ruben Testroot
    17. August 2018 um 19.21 — Antworten

    Na ja, diese Lobhudeleien liest man ja jedes Jahr. Am Ende aber kennt solche Leute wieder kein Schwein. Und das wird nach dem Filmfest genauso sein, wie vor dem Filmfest. Es wäre doch ganz schön, wenn der Neumann ein wenig mehr schauen würde, Leute zu holen, die die Oldenburger auch sehen wollen – und nicht nur seinen üblichen Fanclub.

  2. Disco Stu
    20. August 2018 um 9.40 — Antworten

    Sehr geehrter Herr Testroot, wenn Sie so hervorragend in der internationalen Filmindustrie vernetzt sind, dann bieten Sie Herrn Neumann doch Ihre Hilfe an. Wenn dann die Creme de la Creme der Hollywoodstars durch Oldenburg flaniert, werden wir Ihnen sicher ein Denkmal bauen – oder, etwas passender, einen Stern verleihen. Sollten Sie Ihren Kommentar aber aus einer Laien-Meckerer-Perspektive geschrieben haben, würde ich Ihnen empfehlen, sich mit Herren Robinson und seinen Filmen noch einmal eingehender zu beschäftigen. Auch eine Auseinandersetzung mit dem Wesen und den Zielen des Filmfestes könnte sich lohnen. Anschließend können Sie hier ja nochmal Ihre fundiertere Meinung kundtun. Ich hoffe aber natürlich, dass ersterer Fall zutrifft und Sie uns die Stars nach Oldenburg holen. Ich freu mich schon!

  3. W. Lorenzen-Pranger
    20. August 2018 um 15.58 — Antworten

    https://de.wikipedia.org/wiki/Bruce_Robinson
    Diese Biografie läßt eher auf enen besonnenen Künstler schließen, als auf irgendetwas anderes.
    Ich kannte den zwar vorher auch nicht, nur heißt das eben nicht viel – und oft sind die, die in „aller Munde“ sind, eben auch nicht gerade die, die viel zur künstlerischen Qualität beitragen.

  4. Ruben Testroot
    20. August 2018 um 21.57 — Antworten

    Werter Herr Disco Stu (übrigens Glückwunsch zum mutigen Namen!),
    ob Sie’s glauben oder nicht: Mit dem Thema Film und Festivalorganisation kenne ich mich sehr gut aus. Aber darum gehr es hier nicht. Ich finde es einfach enttäuschend, wenn für einen Etat von 400.000 Euro nur irgendwelche No-Names präsentiert werden – darunter nicht unerhebliche kommunale Zuwendungen, über die sich andere Kultureinrichtungen sicher freuen würden. Nein, es geht mir nicht darum, nur die Klasse von Cage und Bleibtreu in Oldenburg zu sehen. Aber jedes Jahr die gleichen Hymnen auf irgendwelche unbekannten älteren Herren zu lesen, bringt sicher niemand weiter. Jedes Mal ist von „eigenwilligen Machern“, „verkannten Genies“ und ähnlichem die Rede. Und die örtliche Presse spielt fröhlich mit und druckt eifrig die Pressemitteilungen nach. Mit beachtlichem Erfolg: Wahrscheinlich werden bei Herrn Robinson wieder jedes Mal 15 Besucher im Kino sitzen. Und Herr Neumann wird am Ende wieder eine Gesamtzahl von 16.000 Gästen bekanntgeben.

Einen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.