Bloherfelde

Suchtbericht: Feierkultur fördert Alkoholkonsum

Hauke Holm, Barbara Driskell und Doris Kirstein stellten den Jahresbericht der Fachstelle Sucht in Oldenburg vor.

Hauke Holm, Barbara Driskell und Doris Kirstein (von links) stellten den Jahresbericht der Fachstelle Sucht in Oldenburg vor.
Foto: Katrin Zempel-Bley

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Oldenburg / zb – 642 Personen haben im vergangenen Jahr die Fachstelle Sucht des Diakonischen Werkes an der Bloherfelder Straße in Oldenburg – zuständig für legale Drogen – aufgesucht. Ihre Hauptprobleme waren Alkohol- und Spielsucht. „Im Vergleich zu 2013 ist die Zahl konstant geblieben“, berichtet die Einrichtungsleiterin Barbara Driskell, die heute den Jahresbericht vorstellte.

„Es sind nach wie vor Männer, die übermäßig Alkohol konsumieren und ihn nicht selten als Selbstheilungsversuch betrachten“, erläutert die Fachfrau. Alkohol beruhigt oder stimuliert, aber irgendwann macht er süchtig und dann brechen oft alle Dämme nicht nur im Privat- sondern auch im Berufsleben. Lediglich ein Drittel wendet sich dann aus Überzeugung an die Suchtberatungsstelle, der Rest wird mehr oder weniger gezwungen durch Arbeitgeber oder Krankenkassen. „Viele von ihnen riskieren sonst sowohl ihren Arbeitsplatz als auch ihre Beziehungen“, macht Driskell deutlich.

„Hinter einer Alkoholsucht verbergen sich fast immer psychische Auffälligkeiten“, sagt sie weiter. Mit Hilfe des Alkohols versuchten die Betroffenen ihr Problem in den Griff zu bekommen, was häufig in der Sucht endet. „Uns fällt zurzeit auf, dass die Anzahl der ab 65-Jährigen und ab 18-Jährigen mehr wird.“ Die Älteren fallen nach ihrer Beobachtung nach dem Renteneintritt in eine Sinnkrise. Die jungen Leute stehen hingegen oft unter Gruppendruck. Wenn sie an den Wochenenden unterwegs sind, muss getrunken werden. „Das geht ab 13 Jahre los“, berichtet Sozialtherapeutin Doris Kirstein, die vor allem die Feierkultur in unserer Gesellschaft und zwiegespaltene Eltern dafür verantwortlich macht, die oft mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert seien.

„Sowohl im öffentlichen wie im privaten Umfeld gibt es permanent Gründe zum Feiern“, sagt sie. Auf diesen Festen werde selbstverständlich getrunken, so dass Eltern nicht unbedingt gute Vorbilder seien. Zudem täten sich immer mehr Eltern schwer, ihren Kindern klare Grenzen aufzuzeigen. Sie wollten lieber die Freunde als die Eltern ihrer Kinder sein, beobachtet sie.

Wer die Suchtberatung in Anspruch nehmen möchte, muss sich auf Wartezeiten einstellen. Das fünfköpfige Team ist komplett ausgelastet und wird zudem ständig von Schulen angefragt. „Präventiv können wir aufgrund unserer Kapazitätsbeschränkung nicht tätig werden“, bedauert Driskell und räumt ein, dass das gerade bei Kindern wichtig wäre. Denn Alkohol sei eben eine legale Droge, die in unseren Alltag gehöre und eben nicht verpönt sei. Wie gefährlich sie jedoch werden könne, darüber werde in den seltensten Fällen gesprochen, merkt sie kritisch an.

Typisch männlich ist auch die klassische Spielsucht. Frauen hingegen bevorzugen Medikamente und tauchen in der Suchtberatung kaum auf. „Wir vermuten, dass sie sich im Ernstfall an ihre Ärzte wenden“, sagt Therapeut Hauke Holm. Computersucht als Spielsucht kommt auch durchaus vor, hält sich aber im Vergleich zu den klassischen Spielautomaten stark in Grenzen. Das könnte sich in den nächsten zehn Jahren aber durchaus ändern.

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