Nach Sturz Assads: Erst wenige Syrer aus Deutschland zurückgekehrt
Seit dem Machtwechsel im Dezember in Syrien sind etwa 4.000 syrische Staatsangehörige aus Deutschland in ihr Heimatland zurückgekehrt. Etwa eine Million syrische Geflüchtete waren in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen, wie Recherchen des ARD-Politikmagazins „Panorama“ (NDR) ergeben haben.
Von den syrischen Rückkehrern haben 995 Personen die Möglichkeit genutzt, ihre freiwillige Ausreise im Rahmen des Bund-Länder-Programms „REAG/GARP 2.0“ bezuschussen zu lassen. Dabei werden die Reisekosten übernommen und finanzielle Starthilfe in Höhe von 1000 Euro pro Person ausgegeben.
Darüber hinaus sind nach „Panorama“-Recherchen weitere 193 Ausreisen mit Förderungen durch landeseigene Programme einzelner Bundesländer erfolgt. 2.727 syrische Staatsangehörige haben Deutschland (bis Ende Juni) ohne Förderung verlassen. Nach Auskunft des Bundesinnenministeriums wird dabei allerdings nicht erfasst, ob ihr Zielland wirklich Syrien oder ein anderer Staat war.
Wie die Haltung der Deutschen zur Rückkehr syrischer Geflüchteter nach dem Sturz von Baschar al-Assad ist, zeigt eine Umfrage des Instituts Infratest, die von „Panorama“ in Auftrag gegeben wurde. Demnach befürworten 52 Prozent der Befragten, dass diejenigen, die nicht gut integriert sind, nun zügig zurück in ihre Heimat gehen sollten. 25 Prozent plädieren generell für eine zügige Rückkehr der syrischen Geflüchteten, also unabhängig vom Grad der Integration. 13 Prozent sind gegen eine Rückkehr zum jetzigen Zeitpunkt, weitere vier Prozent generell gegen eine Rückkehr.
Neben finanziellen Anreizen für eine freiwillige Rückkehr hatte sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag darauf verständigt, wieder nach Syrien abzuschieben – „beginnend mit Straftätern und Gefährdern“. Zuständig für Rückführungen sind die Länder.
Eine Nachfrage von „Panorama“ bei allen Bundesländern ergab jedoch, dass bislang noch keine derartigen Rückführungen umgesetzt worden sind. Aus Baden-Württemberg hieß es: „Der Sonderstab Gefährliche Ausländer konnte jedoch bereits in den vergangenen Jahren den Aufenthalt von mehreren schweren Straftätern und Gefährdern mit syrischer Staatsangehörigkeit durch kontrolliert freiwillige Ausreisen aus der Strafhaft heraus nach Syrien beenden.“ 2024 und 2025 seien fünf Personen zur kontrolliert freiwilligen Ausreise nach Syrien bewegt worden.
Voraussetzung für eine Abschiebung ist neben der Kooperationsbereitschaft des Herkunftsstaates auch eine fachliche Bewertung des Auswärtigen Amtes der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Syrien. In den vergangenen Wochen war es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in Teilen des Landes gekommen, etwa in Suweida.
Das Auswärtige Amt warnt ausdrücklich vor Reisen nach Syrien und bezeichnet die Lage auf Nachfrage von „Panorama“ als „weiterhin unvorhersehbar und äußerst volatil“. „Zwar kontrolliert die syrische Regierung große Teile des Staatsgebiets, doch sind terroristische Gruppen wie der sogenannte ‚Islamische Staat` in einigen Regionen und Städten nach wie vor aktiv. Im gesamten Land kommt es daher immer wieder zu sicherheitsrelevanten Vorfällen“, heißt es. Politische Vereinbarungen wie die Verkündung einer Verfassungserklärung am 14. März 2025 oder vereinbarte Waffenstillstände hätten bislang nicht zu einer nachhaltigen Stabilisierung des Landes beigetragen.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte unlängst bei einem Treffen mit EU-Innenministern auf der Zugspitze betont, dass im Bereich der Abschiebungen „mehr gelingen“ müsse. Auch Rückführungen nach Syrien müssten möglich sein. Österreich hatte kürzlich erstmals wieder nach Syrien abgeschoben. Aus dem Bundesinnenministerium heißt es dazu auf Anfrage: „Der Bund unterstützt die Länder und arbeitet auf die Ermöglichung der Rückführungen hin. Dazu steht das BMI in Kontakt mit den zuständigen syrischen Stellen.“
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dts Nachrichtenagentur
Foto: via dts Nachrichtenagentur
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