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Linken-Abgeordneter von Rauswurf wegen Baskenmütze überrascht

via dts Nachrichtenagentur

Nach seinem Rauswurf aus dem Plenarsaal am Donnerstag hat sich der Linken-Bundestagsabgeordnete Marcel Bauer überrascht über das Vorgehen von Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz (CSU) geäußert. „Dass ich durch Vizepräsidentin Lindholz ohne einen Bezug zu einer Rechtsgrundlage ausgeschlossen wurde, war überraschend für mich. Denn ich habe bisher an allen Sitzungen des Hauses mit der Mütze teilgenommen, ohne dass dies zu Ordnungsmaßnahmen führte“, sagte Bauer der „Welt“ (Samstagausgabe).

„Es ist mir nach wie vor nicht begreiflich, warum das Tragen faschistischer Symbole wie der Kornblume durch die AfD nicht so sehr gegen die Würde des Hauses verstoßen haben sollte und entsprechend ungeahndet blieb. Erinnert sei auch an die heutige Ministerin Dorothee Bär, die mit Bayern-Trikot und den entsprechenden Werbebotschaften im Parlament nur gerügt wurde.“ Im Mai 2015 war Bär mit FC-Bayern-Trikot im Bundestag erschienen.

Ein Sprecher des Bundestages teilte mit: „Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung, welche die amtierende Präsidentin oder der amtierende Präsident unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände im konkreten Einzelfall trifft.“ So habe es in der Vergangenheit auch bereits zeitlich begrenzt die Zulassung von Kopfbedeckungen aus medizinischen Gründen gegeben.

Bundestagsvizepräsidentin Lindholz verteidigte ihr Vorgehen: „Das Absetzen von Mützen entspricht den Regeln des Anstandes und der Würde des Hauses. Sie ist geübte Praxis im Deutschen Bundestag, es sei denn, dies ist beispielsweise aus medizinischen Gründen angezeigt.“

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), sagte, dass „Respekt nicht erst bei der Rede“, sondern bei der Kleidung beginne. „Bei dem Abgeordneten der Linksfraktion fehlt es offensichtlich am erforderlichen Respekt gegenüber dem Hohen Haus.“

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, sagte: „Der Deutsche Bundestag ist die Herzkammer unserer Demokratie. Gerade hier gilt es, die Würde des Hauses zu wahren.“ Die Abgeordneten arbeiteten für die Bürger – „und dies mit Respekt“, so Wiese. „Der Plenarsaal ist daher der falsche Ort für Badehose, Bikini oder Baskenmützen.“

Die Linksfraktion sowie die Grünen teilten der „Welt“ mit, sich nicht zur Thematik zu äußern.

Bernd Baumann, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD, forderte eine Anpassung der Kleiderordnung im Bundestag. „Was für gehobene Restaurants eine Selbstverständlichkeit ist – ein Dresscode – ist es für das Plenum des Bundestages allzu oft nicht.“ Die einzige Grenze, die es im Parlament gebe, sei die „Würde des Hauses“. „Wenn jeder Abgeordnete zu diesem Zweck zumindest ein Sakko tragen würde, wäre schon viel gewonnen. Eine Kleiderordnung, die Derartiges verbindlich festlegt und durchsetzt, wäre aus meiner Sicht daher tatsächlich hilfreich“, sagte Baumann.

Sophie Schönberger, Professorin für öffentliches Recht an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, sagte, dass ein Sitzungsausschluss ein „schwerwiegender Eingriff in die Abgeordnetenrechte“ sei. Dieser lasse sich nur dann rechtfertigen, wenn „Güter von Verfassungsrang“ geschützt würden. „Hier kann ich aber jedenfalls nicht erkennen, wie durch das Tragen einer Baskenmütze ein Gut von Verfassungsrang verletzt wird. Ich halte die Entscheidung daher für offensichtlich verfassungswidrig.“

Eine Präzisierung der Hausordnung könne das Problem nicht lösen, sagte Schönberger. „Denn es steht dem Bundestag nicht frei, Kleidungsvorschriften zu machen. Auch die freie Wahl der Kleidung gehört grundsätzlich zur freien Mandatsausübung. Hier können nur äußerste Grenzen gesetzt werden, die die Abgeordnetenrechte und das Verhältnismäßigkeitsprinzip wahren.“

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dts Nachrichtenagentur

Foto: via dts Nachrichtenagentur

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4 Kommentare

  1. W. Lorenzen-Pranger
    16. Mai 2025 um 19.33 — Antworten

    Ach du… Wenns um „die Würde des Hauses“ geht, da fallen mir aber gaaanz andere Vorfälle ein, die ganz sicher für einen dauerhaften Rauswurf geeignet gewesen wären. Dennoch sind die Betroffenen an prominenter Stelle immer noch da, nicht wahr Frau Klöckner z.B.?

    • Markus
      18. Mai 2025 um 14.11 — Antworten

      Erinnert mich an die Aufforderung an einen gradlinigen und hochverehrten Menschen, doch aufzustehen. „„Wenn’s denn der Wahrheitsfindung dient.“
      Könnte man mal zusammenrechnen, wie viele Jahre in diesem „würdigen Hause“ versammelt sind? Reicht da noch vierstellig?

      • W. Lorenzen-Pranger
        19. Mai 2025 um 1.21 — Antworten

        Es gibt die zum Teil hahnebüchenen Prozeßprotokolle antiquarisch immer noch als Buch. Wenn ich mich recht erinnere heißt es “ klau mich“. Verwegen auch, daß sich Fritz Teufel mal zu einer Haftstrafe verurteilen ließ, die Haft absaß – und dann nach der Entlassung zweifelsfrei seine Unschuld nachwies. Staatsanwälte und Richter kamen zu der Zeit großenteils immer noch.unmittelbar aus den Reihen der alten Kameraden. Das war, was den Staatsanwalt im „Baader-Meinhof Prozess“ angeht, auch noch so.
        Ultrarechtes Denken ist bis heute besonders unter Juristen immer noch verbreitet.

  2. W. Lorenzen-Pranger
    17. Mai 2025 um 20.49 — Antworten

    Man stelle sich vor, daß ein Möllemann (FDP) seine gesamte seriöse Existenz verlor, weil er einen lächerlichen Plastikchip für Einkaufswagen empfahl. Lächerlich im Vergleich zu Kochstunden zugunsten eines (Lebensmittel) Chemieriesen.
    Ist der Ruf erst ruiniert…

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