Kommentar: Keiner will mehr arbeiten? Vonwegen.

Generation Z will nicht arbeiten? Unsinn. Die Jugend hält den Laden am Laufen.
Foto: Wosunan
Deutschland (Anja Michaeli) Die Debatte über die angeblich arbeitsunwillige Generation Z ist keine Auseinandersetzung über Arbeitsmoral – sie ist ein Spiegel gesellschaftlicher Verunsicherung. Denn nicht die Jugend hat sich vom Arbeiten verabschiedet, sondern das gewohnte Bild von Arbeit hat seine Selbstverständlichkeit verloren. Wer heute behauptet, junge Menschen wollten „nicht mehr richtig arbeiten“, sagt in Wahrheit: Ich erkenne meine Welt nicht wieder.
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Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die Erwerbsbeteiligung der 20- bis 24-Jährigen liegt mit fast 76 Prozent so hoch wie seit Jahrzehnten nicht. Junge Menschen arbeiten neben dem Studium, in Teilzeit und Vollzeit, und sie wechseln nicht häufiger den Job als frühere Generationen. Dass sie dabei auf Gesundheit, Sinn und Planbarkeit achten, ist kein Beweis für mangelnden Einsatz – sondern Ausdruck einer veränderten Realität.
Der Vorwurf der Faulheit ist nicht neu. Schon bei den alten Griechen war die Jugend „respektlos, zügellos, verantwortungslos“. In den 1970ern sprach man von „Gammlern“, die sich angeblich dem Leistungsprinzip entzogen. Immer wieder dient die nächste Generation als Projektionsfläche für das Unbehagen der Älteren mit dem gesellschaftlichen Wandel.
Dabei liegt die Ursache des heutigen Arbeitskräftemangels woanders: Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Rente. Der demografische Wandel ist kein Moralversagen der Nachfolgenden, sondern eine strukturelle Herausforderung. Das eigentliche Problem ist also nicht die Motivation der Jugend, sondern die Illusion der Alten, alles bliebe, wie es war.
Die Generation Z ist vielfältig. Sie will gestalten, aber nicht ausbrennen. Sie will Leistung bringen, aber nicht um jeden Preis. Wer darüber die Stirn runzelt, sollte sich erinnern: Der Achtstundentag galt auch mal als Angriff auf die Arbeitsmoral.
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