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Bundesregierung gegen Sonderfonds für NS-verfolgte Sinti und Roma

Konzentrationslager, über dts Nachrichtenagentur

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Die Bundesregierung will Handlungsempfehlungen der Unabhängigen Kommission Antiziganismus zur Entschädigungspolitik nicht umsetzen. „Die Bundesregierung beabsichtigt keine Änderung der bisherigen Entschädigungspraxis“, heißt es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion, über welche die „Welt“ berichtet.

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Die Kommission war vom früheren Innenminister Horst Seehofer (CSU) eingesetzt worden, um Rassismus gegen Sinti und Roma besser entgegenwirken zu können. Aufgrund der Schlechterstellung von Sinti und Roma im Bereich der „Wiedergutmachung“ im Vergleich zu anderen Opfergruppen des Nationalsozialismus forderte die Kommission einen Sonderfonds für nicht in Deutschland lebende Überlebende des NS-Völkermords an Sinti und Roma, die nach den gesetzlichen Vorschriften der Bundesrepublik bislang keine oder nur geringfügige Entschädigungen erhalten haben. „Diejenigen, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, sollen laufende Leistungen erhalten. Den Überlebenden muss ein Leben in Würde ermöglicht werden“, heißt es im Abschlussbericht der Kommission.

In einer Vorbemerkung der Bundesregierung zu der Anfrage der Linksfraktion heißt es: „Angesichts der Unmöglichkeit, für sämtliches während der NS-Herrschaft verübtes Unrecht in vollem Umfang eine finanzielle Entschädigung zu gewähren, musste der Gesetzgeber von Anfang an auch bei der Regelung der Entschädigung für Opfer der NS-Verfolgung Differenzierungen hinsichtlich des Personenkreises, der Art und des Umfangs der Leistungen vornehmen.“ Während nichtdeutsche jüdische Überlebende monatliche Leistungen erhalten können, haben nichtdeutsche Sinti und Roma lediglich Anspruch auf eine Einmalzahlung. Sevim Dagdelen, Sprecherin der Linken im Bundestag für internationale Politik, übte angesichts der Antwort harsche Kritik. „Dieser Umgang mit den letzten Überlebenden des NS-Terrors ist beschämend. Mit der faktischen Entschädigungsverweigerung knüpft die Bundesregierung an antiziganistische Vorurteile der Vergangenheit an“, sagte sie der Zeitung.

„Die Bundesregierung muss sich der Verantwortung der eigenen Geschichte stellen und darf die Empfehlungen der Antiziganismuskommission nicht mehr auf die lange Bank schieben. Der Genozid an Sinti und Roma darf nicht länger eine Fußnote in der deutschen Erinnerungspolitik sein.“ Kritik kommt auch vom Antiziganismusbeauftragten der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler.

„Die Unabhängige Kommission Antiziganismus beschreibt überzeugend die Schlechterstellung von Sinti und Roma auf der Gesetzes- und der Umsetzungsebene in Fragen der `Wiedergutmachung`“, sagte er der „Welt“. Er teile Analyse und Schlussfolgerung der Experten der Unabhängigen Kommission.

Foto: Konzentrationslager, über dts Nachrichtenagentur

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1 Kommentar

  1. W. Lorenzen-Pranger
    5. Februar 2023 um 12.18 — Antworten

    Ausgerechnet, die, bei die, denen man die Herkunft, die Ethnie, sofort schon von außen sehen kann, werden wieder einmal massv benachteiligt. Nun ja, abkassiert haben eben andere, die, die Güter im Osten „verloren“ hatten („Am Kamin sitzt die alte Frau Gräfin und träumt von verlorenen Gütern im großdeutschen Reich… Ulrich Roski) oder eben angehörige vor allem einer Religion, die zwar mit einheitlichen homogenen Gruppen nichts zu tun haben, aber bis heute am lautesten und wohlorganisiert schrien. Menschen, die meist keinen festen Wohnsitz bevorzugten, lassen sich nun mal schlechter organisieren.
    Vor hundert Jahren etwa hat man es mal versucht, das „fahrende Volk“, die, die umherziehen, zumindest mit Hlfe einer Zeitung etwas zu organisieren, womit natürlich dann mit der „Machtergreifung“ Schluß war. Wen man nicht kontrollieren kann, der ist eben unbeliebt. „Der Kunde“ ; Beschreibung, Zeit- und Streitschrift der Vagabunden. Alle,.die keinen festen Wohnsitz hatten oder wollten nannte man damals „Vagabunden“. Es gab noch eine zweite solche Zeitung, deren Namen ich jetzt leider nicht sicher auffinden kann. Ich glaube, die hieß „Der Vagabund“, aber um ganz sicher zu sein müßte ich jetzt Bücher wälzen. Immerhin gab es Maler, Musiker und Dichter, die in solchen Blättern veröffentlichten.
    Eine im Ansatz ähnliche Entwicklung der freiwilligen Nicht-Seßhaftigkeit in der Ablehnung aller „bürgerlichen Werte“, meist „die Gammler“, später „Hippies“, genannt, gabs nochmal in Ansätzen in den 60-ern des vorigen Jahrhunderts. Ach daraus entstanden viele künstlerische Ideen.
    Was die Bundesregierung angeht: Hier kann man getrost von unerschämtestem Rassismus nach heutigen Sprachgebrauch in der Bundesregerug sprechen. Ein unglaublkicher Vorgang – und man schämt sich einmal mehr, die deutsche Staatsbürgerschaft zu haben.

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