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Bericht: Ministerium ließ Lebensmittelampel aus Studie streichen

Butter in einem Supermarkt, über dts Nachrichtenagentur

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft soll die Einführung der Lebensmittelampel „Nutri-Score“ für Verpackungen im Supermarkt aktiv ausgebremst haben. Das berichten der „Welt“ und das ZDF-Magazin „Frontal 21“. Interne Unterlagen des Ministeriums, die die Verbraucherorganisation Foodwatch erstritt, sollen zeigen, dass das Ministerium eine selbst in Auftrag gegebene Studie des staatlichen Gesundheitsforschungsinstituts Max Rubner, die den Nutri-Score empfahl, angeblich umschreiben ließ.

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Dieses Kennzeichnungssystem zeigt in fünf Farben von Hellgrün bis Rot den Nährwert von Nahrungsmitteln auf der Verpackung an. Die Forscher hatten es in der ersten Version ihrer Studie vom September 2018 als „grundsätzlich vorteilhaft“ beurteilt und empfohlen. Ein Modell für Deutschland solle sich daran orientieren. Aus der zweiten Version der Studie von April 2019 war diese Empfehlung verschwunden. Bislang zeichnen nur wenige deutsche Hersteller ihre Produkte mit der Ampel aus. Anders als etwa in Frankreich gibt es bisher keine Vorgaben, wie eine solche Kennzeichnung aussehen müsste. Der Recherche zufolge fanden Kritiker der leicht verständlichen Ampel-Methode aus der Lebensmittelbranche Gehör beim Ministerium von Julia Klöckner (CDU). Aus einem internen E-Mail-Wechsel von März 2019 geht hervor: Das Ministerium versuchte, die erste Version der Studie geheim zu halten. Ein damit befasster Mitarbeiter schreibt an einen Kollegen: „Deutschland hatte Nutri-Score in der vergangenen Legislaturperiode kritisiert.“ Ministerin Klöckner habe „ausdrücklich darum gebeten“, zur Studie des Rubner-Instituts „größte Vertraulichkeit sicherzustellen“. Gleichzeitig beauftragte das Ministerium das Institut per offiziellem Erlass, ein alternatives Kennzeichnungsmodell des Lobbyverbandes der Lebensmittelindustrie, das ohne Signalfarben arbeitete, als Basis für ein deutsches Modell weiterzuentwickeln. Foodwatch-Lebensmittelexpertin Luise Molling sieht darin einen Sieg der Lobby: Wissenschaft, die politisch nicht passe, werde „passend gemacht“. Das Ministerium habe sich von Gegnern des verbraucherfreundlichen Nutri-Score wie dem Lebensmittelverband beeinflussen lassen. Das Ministerium erklärt auf Anfrage, das Institut sei in seiner ersten Version dem ursprünglichen Auftrag nicht nachgekommen. Die Studie habe „gerade keine Priorisierung der untersuchten Modelle enthalten“ sollen. Geplant sei vielmehr gewesen, im weiteren Austausch mit Bundesländern, Lebensmittelbranche und Verbraucherverbänden eine „ergebnisoffene und neutrale“ Diskussion zu führen. Mittlerweile plant das Ministerium, den Nutri-Score doch auf freiwilliger Basis einzuführen, ab Herbst dieses Jahres.

Foto: Butter in einem Supermarkt, über dts Nachrichtenagentur

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