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Barley dringt auf wirksamen EU-Rechtsstaatsmechanismus

Katarina Barley, über dts Nachrichtenagentur

Brüssel (dts Nachrichtenagentur) – Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, hat die zügige Schaffung eines wirksamen Rechtsstaatsmechanismus in der EU gefordert. „Das korrupte System von Viktor Orbán darf nicht länger mit EU-Geldern gefüttert werden“, sagte die SPD-Politikerin dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben). In Ungarn sei die Rechtsstaatlichkeit am stärksten unter Druck.

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„Es ist eine Katastrophe. Es gibt dort keine unabhängige Justiz mehr, immer weniger freie Medien, unabhängige Wissenschaft und kritische Kultur“, so die frühere Bundesjustizministerin. Den Kompromissvorschlag der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zum Rechtsstaats-Mechanismus nannte Barley unzureichend. „Die EU-Kommission könnte Staaten nur dann Gelder streichen, wenn Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit zulasten des EU-Haushalts gehen.“ Damit könne man vielleicht die staatliche Korruption bekämpfen, so Barley. „Doch den Medien und der Zivilgesellschaft, die unter Druck stehen, ist damit nicht geholfen.“ Außerdem müsse der Rat der Mitgliedsstaaten Sanktionen mit einer qualifizierten Mehrheit beschließen: „Diese Mehrheit ist sehr schwer zu bekommen, weil viele Länder kein Interesse an Sanktionen haben.“ Dem ungarischen Ministerpräsidenten Orbán sei „die Demokratie völlig egal“, so Barley. „Er ist ein eiskalter Machtpolitiker, der strategisch vorgeht. Geld ist das einzige Druckmittel, das bei Orbán Wirkung hat.“ Heftige Kritik übte die SPD-Politikerin in diesem Zusammenhang an den europäischen Konservativen: „Die Konservativen haben Orbán zehn Jahre lang hofiert. Sie haben zehn Jahre lang zugeschaut, wie ein Mitglied der europäischen konservativen Parteienfamilie in seinem Land die Demokratie abbaut, so dass von ihr fast nichts mehr übrig ist.“ Das habe dazu geführt, dass die Rechtsstaatlichkeit mittlerweile in mehreren EU-Mitgliedsstaaten unter Druck sei. „Viele Regierungen sehen, dass Orbán seit zehn Jahren machen kann, was er will.“ Er bekomme keine Grenzen gesetzt, sagte Barley. „Diesen Vorwurf mache ich ausdrücklich den europäischen Konservativen, die Orbán aus reinem Machtkalkül in ihrer Parteienfamilie behalten.“ Alle anderen europäischen Parteien kritisierten es, falls so etwas in ihrer Parteienfamilie passiere, sagte Barley: „Nur die Konservativen verteidigten das offensichtlich Falsche. Die sind nicht willens, ihren eigenen Leuten einmal zu sagen: So geht das nicht. Das ist eine Verlogenheit, die ich kaum noch ertragen kann“, so die Sozialdemokratin.

Foto: Katarina Barley, über dts Nachrichtenagentur

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