Ärztevertreter warnen vor Zunahme häuslicher Corona-Infektionen
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Angesichts stark steigender Corona-Fallzahlen fordern Ärztevertreter wirksamere Quarantänemaßnahmen. „Die Zahl derjenigen, die sich zu Hause bei infizierten Familienmitgliedern oder Mitbewohnern anstecken, steigt rapide“, sagte die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben). „Das liegt auch daran, dass es für viele Infizierte schwer ist, sich zu Hause zu isolieren.“
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Nach den aktuell geltenden Regeln muss sich jeder, der ein positives Testergebnis hat, für zehn Tage in Quarantäne begeben. Doch das helfe den Mitbewohnern häufig nicht: „Wenn man zu viert auf 80 Quadratmetern wohnt, ist es oft kaum möglich, sich wirklich abzusondern“, so Johna. Viele Paare hätten nur ein gemeinsames Bett, selbst in großen Wohnungen gebe es in der Regel nur ein Badezimmer. „Beengte Wohnverhältnisse gefährden den Erfolg der Quarantäne.“ Der Marburger Bund fordert daher Alternativen zur häuslichen Quarantäne: „Um die Infektionen im häuslichen Umfeld zu reduzieren, sollten positiv Getestete das Angebot bekommen, die zehntägige Quarantäne in einem Hotelzimmer zu verbringen“, sagte Johna den Funke-Zeitungen. Das Angebot solle freiwillig sein und nur für Menschen gelten, die gar keine oder nur schwache Symptome haben. Eine solche Regelung habe nicht nur den Vorteil, die Infektion von Familienmitgliedern zu verhindern, sondern käme nebenbei auch Hotels und Pensionen zu Gute, die in der Krise kaum Einnahmen haben. Die Kosten für die Unterbringung müsse der Staat übernehmen. Wegen der stark steigenden Fallzahlen in den Krankenhäusern rechnet Johna zudem mit massiven Einschränkungen des regulären Klinikbetriebs: „Die steigende Zahl von schwer erkrankten Covid-19-Patienten führt dazu, dass die Kliniken bundesweit bis Ende November ihre planbaren Eingriffe auf unter 50 Prozent zurückfahren werden“, so die Ärztevertreterin. In der Folge würden viele Rehabilitationseinrichtungen freie Kapazitäten haben. Johna regte an, leerstehende Einrichtungen vorübergehend zur Entlastung von Senioren- oder Pflegeheimen zu nutzen, sollten dort Infektionsfälle auftreten. „Bewohner, die negativ getestet wurden, könnten auf freiwilliger Basis vorübergehend umziehen und sich so noch besser vor einer Ansteckung schützen“, sagte die Medizinerin. Auf diese Weise ließe sich verhindern, dass es zu größeren, unkontrollierbaren Ausbrüchen in Senioreneinrichtungen komme. Um die Testlabore zu entlasten und die teilweise langen Wartezeiten auf Testergebnisse zu verkürzen, schlug die Ärztevertreterin vor, sämtliche vorhandenen Kapazitäten zu nutzen: „Auch die veterinärmedizinischen Labore müssen eingebunden werden“, so Johna. „Sie können genauso wie die humanmedizinischen Labore Testmaterial auswerten und infizierte Proben erkennen.“ Nötig seien jetzt zügigere Abläufe bei den Tests: „Viele Infizierte warten tagelang auf ihr Testergebnis. Derart lange Wartezeiten gefährden die Akzeptanz der Corona-Regeln“, warnte sie.
Foto: Wohnungen, über dts Nachrichtenagentur
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