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LWK informiert Landwirte über Düngung

Eigens für die wissenschaftlichen Versuche zur Ermittlung der Nitratwerte im Grundwasser durch Düngung sind Maschinen speziell umgebaut worden, die Georg Kühling und Andrea Knigge-Sievers hier zeigen.

Eigens für die wissenschaftlichen Versuche sind Maschinen speziell umgebaut worden, die Georg Kühling und Andrea Knigge-Sievers hier zeigen.
Foto: Katrin Zempel-Bley

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Oldenburg (zb) – Der Oldenburgisch Ostfriesische Wasserverband (OOWV) schlägt schon länger Alarm. Denn die Nitratwerte im Grundwasser steigen seit Jahren vor allem im Oldenburger Münsterland und stellen somit eine Gefahr dar. Wesentliche Gründe für diese gesundheitsgefährdende Entwicklung sind die intensive Viehwirtschaft sowie die Pflanzendüngung.

Mit Hilfe von Messstellen in bis zu 20 Meter Tiefe können die Werte im Grundwasser bestimmt werden. Der gesetzliche Grenzwert von Nitrat im Trinkwasser liegt bei 50 Milligramm pro Liter. In bestimmten Gebieten mit intensiver Landwirtschaft, wo viel Gülle auf die Felder gebracht wird, werden in oberflächennahen Messstellen Werte von über 90 Milligramm gemessen. Die Böden sind mit derartigen Nitratfrachten völlig überfordert. Kein Wunder also, wenn Landwirte wegen ihrer Vorgehensweise an den Pranger gestellt werden, weil sie Düngung offenbar mit Entsorgung verwechseln.

Aber was geschieht eigentlich genau mit den Pflanzen und den Böden, wenn gedüngt wird? Welche Auswirkungen Düngung und andere Bewirtschaftungsmaßnahmen auf die Grundwasserqualität haben und wie Einträge chemischer Parameter aus der Landwirtschaft reduziert werden können, darüber informiert die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) gemeinsam mit dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserschutz, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) Landwirte und landwirtschaftliche Berater.

Beide Einrichtungen führen langjährige Versuche auf der Versuchsstation für Pflanzenbau in Wehnen / Oldenburg durch. „Es handelt sich um Versuche zur grundwasserschutzorientierten Landbewirtschaftung, darunter befinden sich Langzeitversuche mit ergänzenden Sickerwasseruntersuchungen in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG)“, berichtet Andrea Knigge-Sievers, Agraringenieurin bei der LWK. „Ziel der Versuche ist es, genaue Kenntnisse über die Auswirkungen von Düngung auf die Pflanzen und Böden zu bekommen, um Landwirten klare Handlungsanweisungen geben zu können“, sagt sie.

Dass Landwirte generell an den Pranger gestellt werden, bedauert die 50-Jährige. „Man muss schon differenzieren zwischen jenen, die sich ernsthaft bemühen und schwarzen Schafen.“ Dabei macht sie darauf aufmerksam, dass die Problematik schon bei der chemischen Industrie beginnt. Die Landwirte kaufen zugelassene Düngeprodukte, verlassen sich auf die Mengenangaben und hinterher wird festgestellt, dass die Böden zu stark belastet sind.

„Wir brauchen viel strengere Zulassungsverfahren für Düngeprodukte“, fordert die Expertin und berichtet von einem Versuch auf dem Maisfeld. „Sobald Mais nur etwas mehr als nötig gedüngt wird, explodiert es förmlich im Boden. Wer also dachte, ein bisschen mehr Dünger bewirkt nur ein bisschen mehr, der hat sich getäuscht. Auch wir waren von dem Ergebnis überrascht. Deshalb führen wir diese Versuche durch, und über die neuesten Ergebnisse informieren wir die Landwirte und unsere landwirtschaftlichen Berater.“ Das heißt aber auch für Landwirte, dass die Beratung nie endet, weil immer wieder neue Zusammenhänge entdeckt werden, was nicht zuletzt auf eine immer bessere Analytik zurückzuführen ist.

Andrea Knigge-Sievers erinnert auch daran, dass Obst und Gemüse nicht nur eine bestimmte Qualität aufweisen müssen, sondern auch gut aussehen sollen, weil die Verbraucher sonst nicht zugreifen. Um all das zu erreichen, wird auf Chemie zurückgegriffen, die dafür sorgt, dass kein Wurm die Kartoffel bevölkert oder der Apfel schön rund und makellos aussieht und somit die finanziellen Erträge stimmen. Viele Verbraucher hätten mitunter auch falsche Vorstellungen von Landwirtschaft und würden mit ihrem Kaufverhalten – immer schön billig – letztlich auch zu den zu recht kritisierten Entwicklungen beitragen, sagt Andrea Knigge-Sievers.

Umso interessanter ist es, wie viele Landwirte aus ganz Niedersachsen ihrer Einladung nach Wehnen gefolgt sind. „Wir mussten Zusatzseminare anbieten, weil die Kapazitäten sonst nicht ausgereicht hätten“, berichtet die Agraringenieurin. Nicht nur theoretisch sondern auch auf den Versuchsfeldern erfahren die Landwirte, was die Wissenschaftler herausgefunden haben und nehmen die Informationen interessiert auf. Die meisten von ihnen möchten nämlich so wirtschaften, dass die Natur und somit ihre Existenz erhalten bleibt.

Doch dazu benötigen wir offenbar eine gesellschaftliche Debatte, die nicht nur landwirtschaftliches Verhalten sondern auch Verbraucherverhalten und EU-Politik kritisch aber sachlich beleuchtet und gleichzeitig akzeptable Handlungsmöglichkeiten für alle Beteiligten aufzeigt, heißt es seitens der LWK. Nur dann werden wir eines Tages wieder Trinkwasser, Fleisch, Obst und Gemüse aus nitratfreien Böden zu uns nehmen können.

Andrea Knigge-Sievers wünscht sich weitere Standorte für Versuchsflächen, um noch viel mehr Zusammenhänge herauszufinden, von denen alle Beteiligten profitieren. Außerdem wünscht sie sich einen sachlichen und konstruktiven Umgang aller Akteure. Das gegenseitiges Verurteilen, davon ist sie überzeugt, nützt niemandem etwas. Sie steht für lösungsorientiertes Arbeiten, sucht den engen Kontakt zu den Landwirten, damit sie verstehen, dass weniger Dünger manchmal mehr ist und sie mit Augenmaß düngen, ohne die Wirtschaftlichkeit ihrer Höfe zu gefährden.

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