Ammerland

Krankes Gehör durch Baustellenlärm

Rune Drieling ist einer von 450 Azubis bei Bau ABC, der sich hier gerade auf seinen Hörtest vorbereitet.

Rune Drieling ist einer von 450 Azubis bei Bau ABC, der sich hier gerade auf seinen Hörtest vorbereitet.
Foto: Anja Michaeli

Oldenburg (zb) – Hämmern, Sägen, Bohren, Maschinengedröhne, das ist die Situation am Bau und die ist für alle Bauleute oft nervtötend und vor allem ohrenbetäubend. „Wer solchem Lärm ausgesetzt ist, kann unheilbar erkranken“, klärt Sabine Stratmann, Betriebsberaterin beim Arbeitsmedizinischen Sicherheitsdienst der Berufsgenossenschaft (BG) Bau, auf. Anlässlich des Tags des Lärms schult sie rund 450 junge Auszubildende aus zwölf Berufsgruppen des Baugewerbes im Bau-ABC Rostrup.

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Rune Drieling aus Berne sitzt in der Kabine und absolviert seinen Hörtest. Noch funktioniert das Gehör des 17-jährigen angehenden Zimmermanns gut. Damit das so bleibt, erfährt er zusammen mit den anderen Azubis alles rund ums Hören. „7,5 Minuten ohne Gehörschutz auf der Baustelle ist das Maximum“, hat er gerade gelernt und ist beeindruckt. „Das hätte ich nicht gedacht“, sagt er und findet den Aktionstag im Bau-ABC sehr lohnend. Auch André Frankenstein, angehender Betonbauer aus Hannover, staunt nicht schlecht. „Fast alle Geräte, die wir täglich benutzen, machen mehr Lärm als unsere Ohren auf Dauer aushalten können“, erzählt er.

Arno Brüning, Aufsichtsperson der BG Bau, an der Tischsäge, die für Lärm sorgt.

Arno Brüning, Aufsichtsperson der BG Bau, an der Tischsäge, die für Lärm sorgt.
Foto: Anja Michaeli

Wer täglich über längere Zeit 80 dB(A) ausgesetzt ist, wird garantiert schwerhörig, lernen die Azubis. Die Flex und die Kreissäge bringen es auf 110 dB(A). Muss der Kollege nebenan hämmern, addiert sich der Lärm erheblich. Findet die Baustellenarbeit in der Nähe von starkem Autoverkehr statt, so kommen weitere 90 dB(A) allein durch einen Lkw hinzu. Das ist für viele Berufsgruppen der Baubranche Alltag.

Um Schwerhörigkeit zu vermeiden hilft nur Gehörschutz, den der Arbeitgeber in Form von Ohrenstöpseln und Kapselgehörschützer zur Verfügung stellt. „Gehörschutz muss man genauso ernst nehmen wie sichere Kleidung“, meint André Frankenstein und findet wie Rune Drieling, dass der Aktionstag sensibel für das Thema macht. „Lärm wird vollkommen unterschätzt“, glaubt er und will sich künftig anders verhalten.

„Denn wer erst einmal schlechter hört, der kann den Schaden nicht mehr rückgängig machen“, warnt Sabine Stratmann in einem Kurzvortrag, der mit vielen Infos gespickt ist. „Im schlimmsten Fall kann Schwerhörigkeit zur Berufsunfähigkeit führen und oft sind Schwerhörige isoliert. Am Ende bleibt ihnen nur der Einsatz eines Hörgerätes.“

Die Auszubildenden Deniz Ayaz und Felix Tscherbatko testen die Lautstärke ihrer Musikanlage.

Die Auszubildenden Deniz Ayaz (vorne) und Felix Tscherbatko testen die Lautstärke ihrer Musikanlage.
Foto: Anja Michaeli

Lärm ist physikalisch gesehen ein Schallereignis. Ob wir von Lärm sprechen hängt davon ab, wie wir das Geräusch erleben. Laut Gas gebende junge Männer in einem aufgemotzten Auto an der roten Ampel lieben diesen Sound oft noch kombiniert mit lautstarker Musik. Die Passanten hingegen fühlen sich genervt. „Unseren Ohren ist das vollkommen egal, wie wir die Geräuschquelle finden“, stellt Sabine Stratmann klar. „Sind 80 dB(A) überschritten und erleben wir das häufig, so geht das schleichend mit einem Hörverlust einher“, erklärt sie den jungen Männern, die sichtlich beeindruckt sind.

Die Auszubildenden Kevin Lemping und Maximillian Hantel nehmen am Hörtest teil, den Matthias Selchow und Margrit Lehnen, beide Arbeitsmedizinische Assistenten der BG Bau, durchführen.

Die Auszubildenden Kevin Lemping (vorne, links) und Maximillian Hantel (hinten, links) nehmen am Hörtest teil, den Matthias Selchow und Margrit Lehnen, beide Arbeitsmedizinische Assistenten der BG Bau, durchführen.
Foto: Anja Michaeli

Rund fünf Millionen Beschäftigte in Deutschland sind schädigendem Lärm ausgesetzt. Zirka 31 Prozent aller anerkannten Berufskrankheiten sind durch Lärm verursacht. Allein 2015 musste die BG Bau über 17 Millionen Euro für Heilbehandlungen, Reha und Renten an mehr als 6300 Lärmgeschädigte aufbringen. Um Hörschäden zu vermeiden, klärt die BG Bau die Azubis frühzeitig und umfassend auf. Im Bau-ABC ist an diesem Tag so mancher Lehrling ins Nachdenken gekommen und wird die Ohrstöpsel ganz sicher öfter einsetzen als bisher.

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