Pelosi-Besuch auf Taiwan sorgt für Diskussionen
Taipeh (dts Nachrichtenagentur) – Der Taiwan-Besuch von Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses und damit offiziell die „Nummer drei“ der USA, sorgt für Diskussionen rund um den Globus. China ließ aus Protest etwa 20 Militärflugzeuge, darunter auch Kampfjets, in die Luftabwehrzone Taiwans fliegen, wobei dem Vernehmen nach alle Maschinen schließlich wieder unverrichteter Dinge abrückten.
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Moskau beeilte sich, seinem Verbündeten zur Seite zu springen und ließ ausrichten, China habe das Recht, seine „Souveränität zu schützen“. Auch in Deutschland sorgt die umstrittene Visite für Diskussionen: CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter forderte ein Ende der Abhängigkeit von China. „Wir als Deutschland und Europäische Union sollten unsere Wertschöpfungsketten härten, mehr resiliente Strukturen schaffen und unsere Bevölkerung auf einen langen systemischen Wettbewerb einstellen“, sagte er dem Nachrichtenportal „Watson“. Dass die Spannungen zwischen China und Taiwan zunehmen ist aus Sicht des CDU-Politikers wenig überraschend.
„Mittel- bzw. langfristig will China Taiwan einnehmen, das ist hinlänglich bekannt“, sagte er. Bislang sei der Westen davon ausgegangen, dass das spätestens der Fall sein würde, wenn China in der Lage wäre, Halbleiter von so guter Qualität, Geschwindigkeit und in der Kapazität herzustellen wie Taiwan. Bisher sei davon ausgegangen worden, dass das erst in den nächsten zehn Jahren der Fall sein dürfte. „In dieser Zeit müssen wir definitiv mit einem Angriff rechnen und sollten uns darauf vorbereiten“, sagte der Außenpolitiker.
Und weiter: „Leider haben wir unser Wirtschaftssystem vielfach aber auch mit China auf Abhängigkeiten errichtet. Unser Wohlstand fußt auf einem selbst gewählten Abhängigkeits-System: billige Energie aus Russland, billige Rohstoffe und Wertschöpfungsketten aus China, billige Sicherheit durch die USA, das Abwälzen von Sicherheitsfragen auf Bündnissolidarität oder die USA.“ China beobachte genau, wie der Westen mit Russland verfahre – und wie die Sanktionen wirkten. Die chinesische Staatsführung könnte, meinte Kiesewetter, einen strategischen Vorteil in einem früheren Angriff sehen.
Klar sei, dass China seine Taktik und Strategie nicht von einem Besuch abhängig mache. Deshalb, meinte Kiesewetter, sollten die USA sich nicht von Drohungen Chinas abschrecken lassen. Er sagte: „Letztlich wird der Besuch für das Verhalten Chinas unerheblich sein.“ Der Linken-Politiker Gregor Gysi hält die Reise von Nancy Pelosi nach Taiwan hingegen für einen klaren Fehler.
Er sagte „Watson“: „Auch die USA haben die Ein-China-Politik anerkannt und akzeptiert. In territorialen Fragen ist die chinesische Führung unnachgiebig. Wenn ein Staat diplomatische Beziehungen zu Taiwan unterhält, gibt es bekanntlich keine diplomatischen Beziehungen zu China. Im Interesse der Menschen in Taiwan sollte jede Provokation der westlichen Staaten unterbleiben.“
China lasse Taiwan in Ruhe, solange es keine Gefährdung für die Ein-China-Politik sehe. Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai, findet die Drohung Chinas, auf einen diplomatischen Besuch mit militärischen Konsequenzen zu reagieren inakzeptabel. Er sagte demselben Magazin: „Chinas Gebaren zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, dass sich weltweit Demokratien, wie Taiwan eine ist, zusammenschließen und ihre Werte gemeinsam vertreten. Langfristiges Ziel muss sein, dass sich die Volksrepublik China und Taiwan im friedlichen Dialog darauf verständigen, den Bürgerinnen und Bürgern Taiwans die freie Entscheidung über ihre politische Zukunft zu ermöglichen.“
Der Frieden in der Region müsse gewahrt bleiben – sollte sich China aber zu einem militärischen Angriff auf Taiwan entscheiden, müsse der Westen „schnell und geschlossen reagieren“. Und zwar mit harten wirtschaftlichen sowie personenbezogene Sanktionen gegen China. Das fordert auch der Vertreter Taiwans in Deutschland, Jhy-Wey Shieh: Er sieht sein Land akut durch China bedroht und kann eine Eskalation des Konflikts nicht ausschließen. Mit Blick auf die jüngsten militärischen Bewegungen Chinas sagte Shieh am Dienstag RTL/ntv: „Das ist auf jeden Fall mehr als nur eine Drohgebärde.“ Shieh fügte hinzu: „Wir werden unsere Demokratie bis zum letzten Mann verteidigen.“ Den Besuch von Nancy Pelosi lobte er: „Das würde ich nicht als Provokation bezeichnen. Das ist ein Zeichen der Solidarität der Amerikaner.“ Auf die Frage, welchen Plan der chinesische Staatspräsident mit Blick auf Taiwan verfolge, sagte Shieh: „Die Chinesen haben Macau zurück, Hongkong zurück, die haben die Uiguren und Tibet fest in der Hand. Das letzte Stück des Puzzles ist Taiwan.“
Der taiwanische Botschafter richtete auch eine Forderung an den Westen: „Wir erwarten nicht nur von den USA, sondern auch von Deutschland und der EU, dass Demokratien zusammenstehen und zusammenhalten.“ Dies könne „zur Not“ auch die Lieferung von Waffen und der Teilnahme von Soldaten bedeuten, sagte Shieh und fügte hinzu: „Wenn man Frieden bewahren möchte, dann muss man darauf gefasst sein, einen Verteidigungskrieg zu führen.“
Foto: Taiwan-Flagge, über dts Nachrichtenagentur
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